WWW-Tipp der Woche 37/2001

Beschäftigungspolitik
Reichsarbeitsdienst

Beschäftigungspolitik

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JÖRG HAIDER (vgl. Surftipp 6/2000) rühmte vor 10 Jahren die "ordentliche Beschäftigungspolitik" der Nazis und drohte auch später Leistungsempfängern:

Bei aller Aufregung über HAIDER wird doch immer wieder auch bei anderen politischen Richtungen Arbeitslosen die Schuld an diesem Zustand gegeben und Sozialabbau erwogen. Als im August 2001 RUDOLF "bin baden" SCHARPING überraschenderweise in seiner Funktion als Vorsitzender der SPD-Grundwertekommission der Welt am Sonntag ein Interview gab (am19.8. wurde es veröffentlicht), wurde offenbar, wie man in der Regierung das mit der drohenden Abschaffung der Wehrpflicht einhergehende Ende des Zivildienstes aufzufangen erwägt:

In anderen Medien kam vor allem die Drohung mit dem Verlust jeglicher Unterstützung rüber und erzeugte ein Klima der Angst bei Arbeitslosen und potentiellen Arbeitslosen jeden Alters. Nun bin ich schon 1988 aus der SPD ausgetreten, weil ich sie nicht für eine soziale Partei halte, aber so, daß künftig 50jährige mit Rückenschmerzen für Pflegetätigkeiten herangezogen werden sollen, läßt sich das Interview nicht deuten. SCHARPING bleibt aber die Erklärung schuldig, wie beim Einsatz in völlig neuen Tätigkeitsfeldern vermieden werden soll, daß "Kenntnisse ... durch Arbeitslosigkeit ruiniert werden".

Schon im September 2000 hatte Dr. CHRISTA SONNENFELD, Mitglied im Arbeitsausschuss des Komitees für Grundrechte und Demokratie, diese Entwicklung vorausgesehen:

Trotz des langen Zitats (unten kommt noch eins) stecken im kompletten Aufsatz noch viele andere lesenswerte Informationen!

Aktuelle Berichte und Vorschläge:

Der Reichsarbeitsdienst

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Fakten

So wie man bei "DDR" meist an die SED-Diktatur denkt (selbst Leute, die sie nicht so nennen würden) und nicht an die kurze Zeit des Runden Tischs, denken die meisten bei "Reichsarbeitsdienst" an das Dritte Reich und nicht an die 2 Jahre des Freiwilligen Arbeitsdienste vor 1933. Dazu schreibt irgendjemand vom Forschungsprojekt "Gemeinschaften" an der Humboldt-Universität:

Eine nähere Betrachtung läßt neben den drei Stufen auch einen Funktionswandel erkennen. Aus einer Organisation, die die Arbeitslosigkeit bekämpfen sollte, wurde ein Instrument totalitärer Indoktrination. Diese fand einerseits offen statt durch Kulturarbeit und Schulungen, andererseits aber durch die Art, in der das Leben organisiert wurde (Lager, Wecken, Nachtruhe...)

Im third reich factbook von MARCUS WENDEL heißt es über den RAD:

Das Reichsarbeitsdienstgesetz. Vom 26. Juni 1935 bestimmte in § 1:

Vgl. auch die Erste Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des Reichsarbeitsdienstgesetzes. Vom 27. Juni 1935.

NORMAN MARTIN beschreibt vier Flaggen des RAD (Flagge des Reichsarbeitsführer, RAD Abteilungsfahne, Lagerfahne des RAD/M, Lagerfahne des RAD der weiblichen Jugend) (weitere ähnliche Darstellung) Danach hatten Männer einen Spaten, Frauen aber nicht (womit der Bierkrug des DHM zu den Geräten für Männer gehört).

Das Deutsche Historische Museum zeigt einen Bierkrug des RAD

    Seit 1935 war der Arbeitsdienst für männliche Jugendliche obligatorisch; wenige Tage nach Kriegsbeginn 1939 wurde die Arbeitsdienstpflicht für weibliche Jugendliche eingeführt. Unter dem Motto "Mit Spaten und Ähre" zogen diese Arbeitskolonnen durch Deutschland, die, meist tatsächlich nur mit Spaten ausgerüstet, Moore trockenlegten oder neues Ackerland kultivierten. Alle Männer und Frauen zwischen 18 und 25 Jahren mußten den sechsmonatigen Pflichteinsatz beim Reichsarbeitsdienst leisten; eine Maßnahme, die ursprünglich der Bewältigung der Arbeitslosigkeit gedient hatte. Die kaum über dem Arbeitslosengeld liegende Bezahlung des Dienstes machte deutlich, daß es sich bei diesen Einsätzen im wesentlichen um "nationalsozialistische Erziehungsarbeit" handelte.


http://www.dhm.de/ausstellungen/bildzeug/qtvr/DHM/n/BuZKopie/raum3313.jpg

Der RAD ist anscheinend noch wenig erforscht, jedenfalls behauptet das KIRAN PATEL in einer Besprechung von

Ein besonders markantes Beispiel des RAD-Einsatzes ist noch heute in Bad Segeberg zu bewundern, die als Thingstätte beplante Freilichtbühne, auf der heute die Karl-May-Festspiele stattfinden.

Das berühmte Schloss Colditz, später als Kriegsgefangenenlager bekannt geworden, war vor 1939 "Schutzhaftlager", wurde aber auch vom RAD genutzt.

Nicht nur der Reichsarbeitsdienst ist bisher unzureichend erforscht, CHRISTA SONNENFELD weist a.a.O. zu Recht darauf hin, daß auch ein wissenschaftlicher Vergleich mit anderen Zwangsdiensten und ihrer politisch-ideologischen Begründung noch aussteht:

Erinnerungen

Da fast alle im RAD waren, findet sich ein entsprechender Lebensabschnitt auch in den Biografien beispielsweise SOPHIE SCHOLLs, KARL EDUARD VON SCHNITZLERs (vgl Surftipp 44/2000), KARL LEISNERs (1996 seliggesprochenerer katholischer Theologe) und HEINRICH BÖLLs.

EMIL KIKINGER meldete sich freiwillig zu Reichsarbeitsdienst und Kriegsmarine, weil ihm Straflager wegen nazifeindlicher Taten drohte.

SONJA NOACK erzählt in "Unfreiwillig in die Steiermark. Meine Erlebnisse im Reichsarbeitsdienst 1940 - 1941" nicht verbittert über ihre Zeit bim RAD, obwohl sie unter schlechtem Essen und den ungeheuren Schneemengen litt und schließlich mit hohem Fieber ins Krankenhaus kam.

MAX JOHNE war 1944 nur einen Monat beim RAD, wie er in "Der Kriegseinsatz des Jahrgangs 1927 des Fürstenberg-Gymnasiums" berichtet.

Der Tagesablauf gefällt mit gar nicht, weil ich lieber um 9 Uhr aufstehe und nach 0 Uhr einschlafe - wenn ich an der Homepage schreibe, wird es noch später.

Über die Ausbeutung polnischer Zwangsarbeiter und einen sadistischen RAD-Führer berichtet der Hamburger ERNST DIESTEL.

Souvenirs

Für 15 $ pro Stück könnt ihr bei www.soldat.com diese Abzeichen des RAD weibliche Jugend und außerdem Ordensbänder (oder wie heißt so was) für 10 $ erwerben:

JASON PIPES, ein Militaria-Sammler aus den USA, zeigt auf seiner Homepage www.feldgrau.com (!) interessante Abbildungen zum Reichsarbeitsdienst, allerdings ist mir diese Homepage suspekt.

Photosammler zeigt ~ 25 Photos von Arbeitsdienstmännern verschiedener Ränge (Feldmeister, Spielmann - was es doch alles gab).

Weitere Links

 

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