WWW-Tipp der Woche 6/2000

Liebe Netzgemeinde,

Österreicher haben zwei Weltkriege angefangen.

Ein an der Reichskristallnacht in Innsbruck beteiligter SS-Mann, LUIS SCHINTLHOLZER, wurde von der italienischen Justiz zweimal in Abwesenheit zu lebenslanger Haft wegen Beteiligung an einer Vergeltungsaktion der Waffen-SS, bei der der Ort Caviola niedergebrannt wurde und 40 Menschen ermordet wurden, verurteilt. In Deutschland (er lebte in Bielefeld unter richtigem Namen) saß er elf Monate in Untersuchungshaft, ehe das Verfahren eingestellt wurde.

In dieser Zeit lohnt sich ein Blick in das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes.

Das Dokumentationsarchiv betreut die Gedenkstätte für die Opfer des österreichischen Freiheitskampfes.

Auf seiner Homepage findet man einiges zur Geschichte, z.B. Auszüge aus Büchern ("Publikationen" anklicken und dann weiterführende Links) und Projekte des Archivs

Ich nenne einige Beispiele, empfehle aber, selbst vom Inhaltsverzeichnis ausgehend zu suchen.


http://www.doew.at/bilder/morzin
Die Gedenkstätte

Aus der Publikation "Das Netz des Hasses. Rassistische, rechtsextreme und neonazistische Propaganda im Internet" kann man z.B. das Kapitel von MARTIN DIETZSCH und ANTON MAEGERLE "Befreite Zone" Thule-Netz? nachlesen, in dem auch Versuche Rechtsextremer, das CL-Netz zu unterwandern, behandelt werden.

Über die FPÖ findet ihr einiges im Archiv "Neues von ganz rechts", wo Meldungen ab Dezember 1995 nachgelesen werden können.

Ich erspare mir hier Zitate, der Hyperlink reicht mir, denn ich möchte lieber noch auf ein anderes Thema in diesem Zusammenhang kommen und aus dem Buch von INGRID STROBL weiter zitieren, das man nicht im Internet nachlesen kann.

Im Gegensatz zu anderen Ritualmordlegenden ist diese vollständig konstruiert. In anderen Fällen hat es meist Fakten gegeben, an denen die Legende wachsen konnte (ein ermordetes Kind, einen Prozeß, Akten...) Die Anderele-Legende ist eine Erfindung das "Humanisten" HIPPOLYTH GUARINONI, die so gelungen war, daß sie die anderen Ritualmordgeschichten überlebte.

Bischof REINHOLD STECHER hat den Anderle-Kult verboten und in der Kapelle eine Tafel anbringen lassen, die erläutert, der "Judenstein" erinnere "an eine dunkle Bluttat, aber auch durch seinen Namen an manches Unrecht, das von Christen an den Juden begangen wurde." und mußte sich dafür noch in der Tiroler Kirchenzeitung verteidigen, er habe "mit keiner einzigen internationalen Organisation des Judentums in irgendeiner Verbindung" gestanden. Eine Bluttat, die keine war, Folter und Mord nur "manches Unrecht" und Gerüchte über die jüdische Weltverschwörung. Ein großer Sieg über den Antisemitismus war das bestimmt nicht.

Den Judenstein zeigt eine Seite über Rinn. Dort heißt es:

Die Zusammenfassung und das Inhaltsverzeichnis eines Buches von BERNHARD FRESACHER über den Anderlkult findet man im WWW.


"INGRID STROBL, geboren 1952, studierte Germanistik und Kunstgeschichte in Innsbruck und Wien und promovierte über "Rhetorik im Dritten Reich". Sie lebt als freie Autorin in Köln." heißt es im Klappentext zum zitierten Buch. Verschwiegen wird, daß sie nicht immer so frei lebte. Zunächst arbeitete sie vor allem für "Emma". Im Sonderheft "Sexualität" bezeichnete sie sich als "vögelfaul". Ende der achtziger Jahre wurde sie verhaftet und später zu fünf Jahren verurteilt, weil sie einen markierten Wecker gekauft hatte, der danach für einen Sprengstoffanschlag benutzt wurde. In der Folgezeit gab es eine Reihe ritueller Solidaritätsveranstaltungen.

An der Tübinger Universität habe ich im Juli 1988 eine mit "Terroristinnen gibts zuhauf Isohaft für Weckerkauf" besprühte Wand aufgenommen.

Im Deutschen Ärzteblatt vom 9. Februar 1989 fand ich einen Aufsatz von

Die Haft scheint ihr gut getan zu haben, denn alles, was sie seither verfaßte, finde ich hervorragend. In der Haft begann sie mit der Erforschung jüdischen Widerstands. Von nun an kann ich wieder den Klappentext zitieren:

    "In zwei Büchern und einem Film beschäftigte sie sich mit dem Thema Frauen im Widerstand bzw. jüdischer Widerstand gegen die deutsche Besatzung. 1989 erschien ihr Buch 'Sag nie, du gehst den letzten Weg.' Frauen im bewaffneten Widerstand gegen Faschismus und deutsche Besatzung im Fischer Taschenbuch Verlag (Band 4752)"

Im von mir zitierten Buch "Anna und das Anderle" bricht sie mit ihrem früheren Antizionismus

    "Was habe ich, was haben wir, die linken Antizionisten in Österreich und Deutschland, alles verbunden mit dem Wort Zionismus, was haben wir hineinphantasiert und hatten doch keine Ahnung von dem, was Zionismus alles bedeutet hat, früher, und heute bedeutet. Wir waren keine Bundisten, auch keine jüdischen Kommunisten, die HERZLs Gedanken verwarfen zugunsten der eigenen Utopie. Es gab gewiß gute Gründe, die Zionisten zu bekämpfen, im Polen, im Deutschland, im Frankreich der zwanziger und dreißiger Jahre, das waren aber niemals unsere Gründe...
    Wir haben uns nie, als Linke, als die arischen Unterstützer der palästinensischen Sache, gesorgt um das jüdische Volk."
    (STROBL, a.a.O. S. 63)


Tübingen, Juli 1988

Tagesschau
11.2.1989: Ausschreitungen nach einer Pro-Ingrid-Demonstration

Bei Amazon.de finde ich vier Titel von INGRID STROBL:


In Surftipp 4/2000 habe ich einerseits gegen den Wahlkampf der Frankfurter CDU gegen COHN-BENDIT gewettert. Dazu paßt eine ähnliche Erinnerung INGRID STROBLs an den Wahlkampf der ÖVP gegen BRUNO KREISKY:

andererseits habe ich versprochen, Fotos aus dem Museum Koenraad Bosman zu veröffentlichen. Die sind inzwischen fertig und in den erwähnten Surftipp eingebaut. Sie zeigen Notgeld aus Rees und ein Modell der Stadt im 17. Jahrhundert.

Mit freundlichen Grüßen
Norbert Schnitzler

Solidarität mit INGRID und URSULA
vorheriger Tipp Inhalt nächster Tipp
Home Email