WWW-Tipp der Woche 35/2001

50 Jahre Bundesverfassungsgericht
Das Lüth-Urteil

50 Jahre Bundesverfassungsgericht

oben

Das Bundesverfassungsgericht feierte in den letzten Monaten zu verschiedenen Gelegenheiten seinen 50. Geburtstag, hier Beispiele:

Eine andere Ausstellung über das Bundesverfassungsgericht selbst und nicht über seine Baugeschichte, wurde offenbar im Mai mit besseren Öffnungszeiten gezeigt wurde:

Diese Marke ist nicht aktuell:

MANFRED EBENER zeigt in seinem Baden-Württemberg-Lexikon auch ein Postwertzeichen von 2000 mit dem Erbherzogliches Palais in Karlsruhe, Sitz des Bundesgerichtshofs.

Prinz-Max-Palais - Geschichte des Hauses zeigt das Gebäude, das das BVerfG bis 1969 benutzte.

Wie das BVerfG seine Aufgaben beschreibt, ist sehr verkürzt:

Die offiziellen Links des BVerfG führen nur zu anderen obersten Gerichten und obersten Bundesbehörden. Insgesamt findet man im WWW nicht sonderlich viel zum Jubiläum. Zu fast allen Themen der Politik wurde das Bundesverfassungsgericht schon angerufen, aber umfassende Darstellungen fehlen online. Selbst wo es leicht möglich wäre, wird nur ein Auszug veröffentlicht: Auszug aus dem Referat (ohne Grafiken) "Das Bundesverfassungsgericht"

Der bayerische Rundfunk hat selbst ein paar Urteile ausgesucht, und zwar:

Die Auswahl gibt einen Hinweis darauf, daß selbst solche Selbstverständlichkeiten, wie im "Soldaten-sind-Mörder"-Urteil und im Kruzifix-Urteil ausgesprochen, in manchen Gegenden noch Erstaunen und heftigere Reaktionen hervorrufen.

Weitere Links:

Ich lasse mich aber nicht verleiten, selbst eine Übersicht zu geben, dazu fehlt mir die Zeit, sondern greife nur ein Thema bzw. ein Urteil heraus, daß mich selbst betrifft, wenn ich fordere:

Boykottiert die Norisbank!

Das Lüth-Urteil

oben

Veit Harlan

VEIT HARLAN war der Regisseur des antisemitischen Propagandafilmes "Jud Süß". Heute hat er eine eigene Domäne, sein Film auch, die das Shoa-Netz angemeldet hat, natürlich nicht, um ihn zu preisen. Dort heißt es u.a.:

    Aufgrund dieses Films wurde gegen HARLAN nach dem 2.Weltkrieg zweimal Anklage erhoben wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit (1949 und 1950). Jedoch wurde er freigesprochen, da man ihm die Verantwortung für die Endfassung des Filmes nicht eindeutig nachweisen konnte.

    In den fünfziger Jahren konnte er seine Regiekarriere fortsetzen. Es entstanden Filme wie Unsterbliche Geliebte (1950), Verrat an Deutschland (Der Fall Dr.Sorge), (1954), und Anders als du und ich (1957). Am 13.4.1964 starb VEIT HARLAN auf Capri. Weitere seiner Filme sind: Der Herrscher (1937), Jugend (1938), Die Reise nach Tilsit (1938), Das unsterbliche Herz (1939), Die goldene Stadt (1942), Immensee (1943), Opfergang (1944).

Zu weiteren lesenswerten Texten im Shoa-Netz zählen:


http://www.veit-harlan.de/pictures/PosterJudSuss.jpg
Der Prozeß gegen VEIT HARLAN war kürzlich noch Gegenstand eines dokumentarischen Films von HORST KÖNIGSTEIN - "Jud Süß - Ein Film als Verbrechen?" - im ARTE- und ARD-Programm.

Der MDR berichtete schon früher über den Regisseur: ARD Kulturreport 28.2.1999: VEIT HARLAN - des Teufels Regisseur

    Der junge Regisseur fällt auf. Für die Regiearbeit an der Industriellensaga "Der Herrscher" erhält HARLAN den nationalen Filmpreis. "Modern und nationalsozialistisch. So, wie ich mir die Filme wünsche." notiert GOEBBELS in sein Tagebuch. Fortan macht er die Filme, die die Nazis brauchen. Er will drehen. Um jeden Preis! Wem er sich dabei andient, will er angeblich nicht durchschaut haben


http://www.das-erste.de/kultur/beitraege/990228_4/image1.jpg
MICHAEL MAREK weist auf einige Ungereimtheiten in den Prozessen gegen VEIT HARLAN aufmerksam:

    Den Belastungszeugen wurde das Belastende abgesprochen. Im Falle des Kronzeugen NORBERT WOLLHEIM etwa, dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde der britischen Zone, hieß es: "Die Angst der Juden vor dem Film ist lediglich auf die aufreizende Reklame zurückzuführen, nicht aber auf den Film selbst, dessen so milde Form die Juden als eine Erleichterung empfunden haben", so der Vorsitzende Richter WALTER TYROLF in seiner Begründung für HARLANs Freispruch.

    Sein Freispruch wurde ein Jahr später im Revisionsprozeß sogar mit dem Zusatz bestätigt, HARLAN habe die Arbeit an "Jud Süss" aus einem Befehlsnotstand heraus begonnen. Verantwortlich für dieses exemplarische Urteil: Richter WALTER TYROLF. Der wiederum war während der NS-Zeit Staatsanwalt am Sondergericht Hamburg und hatte in mehreren Bagatellfällen wie leichtem Diebstahl und "Rassenschande" für die Todesstrafe plädiert, die auch vollstreckt wurde. Trotzdem erhielt auch TYROLF nach dem Krieg eine Unbedenklichkeitserklärung. Er wurde unter anderem Vorsitzender Richter im Hamburger Euthanasieprozeß, der fast zeitgleich zum HARLAN-Verfahren lief. Wieder ging es um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wieder sprach TYROLF die wegen Totschlags angeklagten Ärzte frei. Ende der 50er Jahre wurde gegen TYROLF wegen seiner Tätigkeit am Sondergericht ermittelt. Doch das Verfahren wurde eingestellt - mangels Tatverdacht, wie es offiziell hieß.


http://www.dhm.de/lemo/objekte/pict/veit1bio/200.jpg

Der SPIEGEL schreibt über eine Vorführung des KÖNIGSTEINschen Dokudramas:

HARLANs Ehefrau KRISTINA SÖDERBAUM starb Anfang dieses Jahres. "Er machte seine Frau zum Star, ließ sie tragische und melodramatische Rollen spielen, deren Leben oft im Wasser oder Moor endete. "Reichswasserleiche" wurde die SÖDERBAUM deshalb auch ironisch genannt."

Über das historische Vorbild für den Film, JOSEPH SÜSS OPPENHEIMER, erfahren wir:

Weitere Links:

Erich Lüth

In der Abteilung, in der ich arbeite, arbeiten auch zwei junge Juristinnen. Die habe ich nach dem Lüth-Urteil befragt, aber keine kannte es. Von mir aufgeklärt, meinte eine "Ö-Recht hat mich schon im Studium nicht interessiert". Es ist aber nicht nur öffentliches Recht, sondern das Urteil betrifft natürliche und juristische Personen ohne hoheitliche Funktion. Deshalb spricht man in diesem Zusammenhang von der "Drittwirkung der Grundrechte".

Wie löste ERICH LÜTH die Aufgabe, die "Woche des deutschen Films" zu eröffnen?

Dem Aufruf folgte ein langer Rechtsstreit.

Die Grundsätze des Urteils

und die gesamte Urteilsbegründung könnt ihr bei der Uni Würzburg nachlesen.

Bei der TU-Berlin wird hervorgehoben:

Aber das Urteil, daß Boykottaufruf und Boykottwirkung schützt, hat auch Grenzen, wenn nicht Argumente, sondern eigene wirtschaftliche Macht dem Boykottaufruf Nachdruck verleihen sollen:

Die kleine Hamburger Wochenzeitung "Blinkfüer" druckte in ihrer Rundfunk- und Fernsehbeilage die Programme von "westdeutschen und mitteldeutschen Sendern sowie den Sendern im Ostsektor Berlins" ab, weshalb Ende August 1961 (nach dem Mauerbau) der Axel Springer Verlag und andere Verlage in einem Rundschreiben an sämtliche Zeitungs- und Zeitschriftenhändler in Hamburg drohten:

Das durften sie nicht. Ich darf aber hier aufrufen, denn ich vertraue nur auf die Kraft meiner Argumente:

Boykottiert die Norisbank!

Weitere Links:

 

Kontokündigung durch die Norisbank Scherze mit Überweisungen
Rede ERICH LÜTHs über die Reichskristallnacht
vorheriger Tipp Inhalt nächster Tipp
Home Email