WWW-Tipp der Woche 17/2001

Einheitsbestrebungen von SozialdemokratInnen
kommunistische und sowjetische Einheitsbestrebungen
Kurt Schumacher und die SPD-Gründung in Wenningsen
20./21.12.1945: Sechziger-Konferenz
wachsender Druck Anfang 1946
Der Tagesspiegel
31.3.1946: Urabstimmung der SPD
21./22.4.1946: Vereinigungsparteitag im Admiralspalast
Verfolgung von SozialdemokratInnen
Heutige Bewertung
Literatur
Musik

Daß es heute weniger bedeutende Parteien in Deutschland gibt als in der Weimarer Republik, zeichnete sich schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg ab, als früher immer getrennte Gruppierungen zusammenfanden. So ist die CDU nicht bloß Nachfolgerin der Zentrumspartei, da sie auch Protestanten vertritt. Auch Nationalliberale und Freisinnige versuchten miteinander auszukommen (auf Kosten der Linksliberalen, wie spätestens seit 1982 klar sein müßte).

Bei der SPD, die sich erst beim Ersten Weltkrieg vor allem in (Rest-)SPD, USPD und KPD (Vorläufer Spartakusbund) gespalten hatte, wäre eine Wiedervereinigung dagegen bloß eine Rückkehr zu früheren Zuständen und kein Darüber-hinaus-Wachsen. Zumindest das müßte doch möglich sein, dachten damals viele. Dieser Wunsch wurde genährt aus der gemeinsamen Erfahrung der Verfolgung im Dritten Reich. Die gewünschte Einheit zu verwirklichen, behauptete die vor 55 Jahren, am 21./22. April 1946 gegründete SED von sich. Obwohl diese Partei sich auch rühmen ließ, daß sie immer Recht habe, zeigt eine genauere Betrachtung (die freilich nur mit Texten aus dem Internet kaum möglich ist), daß es nicht zur Gründung der SED gekommen wäre, hätten sich SPD und KPD gleichzeitig frei dafür entscheiden müssen. Erst wollten SozialdemokratInnen, aber KommunistInnen nicht, dann umgekehrt.

Einheitsbestrebungen von SozialdemokratInnen

oben

Das Manifest der demokratischen Sozialisten des Lagers Buchenwald vom 13.4.1945 verlangte die Einheit:

Verfasser des Manifests, das die Kommunisten aber nicht unterschrieben, war HERMANN BRILL, den die US-Besatzungsmacht zum Ministerpräsidenten von Thüringen machte. Er gründete dort nicht die SPD, sondern den "Bund demokratischer Sozialisten". Die KPD lehnte aber seine Bemühungen um die "völlige Verschmelzung der sozialistischen Arbeiterbewegung" ab, und behauptete, "die Schaffung einer einheitlichen Arbeiterpartei sei nicht die primäre Aufgabe". Nachdem Thüringen zur sowjetischen Besatzungszone gekommen war (und im Gegenzug in Westberlin Sektoren für die anderen Besatzungsmächte entstanden waren), setzten die Sowjets BRILL am 16.7.1945 als Ministerpräsidenten ab. Er verfolgte mit einem neuen Vorschlag weiter das Ziel einer einheitlichen Arbeiterpartei. Diesmal sollten nicht Einzelpersonen der neuen Partei beitreten, sondern Organisationen wie Gewerkschaften, aber auch SPD und KPD. (vgl. GRUNER/WILKE, S. 22-25).

Zeitzeuge HERMANN KREUTZER, bis April 1946 Orts- und Kreisvorstandsmitglied der SPD in Saalfeld, sowie assoziierter Jugendvertreter im Thüringer Landesvorstand der SPD, erinnert sich:

Auch KREUTZER verließ die SBZ.

Die SPD behauptet auf ihrer Homepage:

Wie das der KPD gelungen ist, wird leider nicht geschildert. Die SPD verrät generell wenig über ihre Geschichte, nicht mal über die Höhepunkte, wie mir schon in Surftipp 5/2001 im Zusammenhang mit der gemeinsamen Erklärung von SPD und SED über den Streit der Ideologien aufgefallen ist. Dann muß ich es wohl wieder übernehmen.

SPD-Gliederungen (aus Wennigsen oder der Oberpfalz) sind informativer, aber auch die aus Empörung über die Ostpolitik aus der SPD ausgetretenen ehemaligen SozialdemokratInnen des "Kurt-Schumacher-Kreises", die heute unter www.konservativ.de publizieren:

Über die Gründe von Sozialdemokraten, die die Zusammenarbeit mit Kommunisten suchten, gibt es verschiedene Theorien.

Parteien konnten schon früh gegründet werden, weil schon Befehl Nr. 2 der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) am 10. Juni 1945 die Neubildung demokratisch-antifaschistischer Parteien erlaubte. Die KPD war informiert und vorbereitet und veröffentlichte am 11.6. einen eigenen Aufruf und am 13.6. ihre Zeitung, die SPD war überrascht und meldete sich erst am 15. mit einem Aufruf ihres "Zentralausschusses". Während das Naziregime noch nicht besiegt war, hatten in den befreiten oder eroberten Gebieten schon politische Organisationen gegründet werden können, hier in Aachen beispielsweise der DGB. In Hannover hatte sich schon 2 Tage vor der deutschen Kapitulation in Karlshorst, also am 6.5.1945 der Ortsverein der SPD konstituiert, wobei KURT SCHUMACHER, der der führende Kopf der Partei im Westen werden sollte, schon die Einheitspartei ablehnte, weil die Kommunisten fest an eine einzige der Besatzungsmächte gebunden seien und Sozialdemokraten mit allen zusammenarbeiten wollten.

Damit zeichnete sich ein Konflikt innerhalb der SPD ab. Die eine Richtung um SCHUMACHER wollte die SPD und eine unverfälschte Sozialdemokratie, die andere war bereit, für die Zusammenarbeit mit Kommunisten auf sozialdemokratische Identität zu verzichten. Eine weiter Differenz zwischen SCHUMACHER und dem Berliner Zentralausschuß der SPD bestand darin, daß der Zentralausschuß viel mehr die Reichseinheit der SPD anstrebte als SCHUMACHER, der diese wegen der Teilung Deutschlands in Besatzungszonen noch für unmöglich hielt.

Einheitsbestrebungen der KPD

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Der KPD-Vorsitzende WILHELM PIECK machte z.B. am 19.7.1945 deutlich, daß die KPD gegen eine sofortige Einheitspartei war:

Die Ablehnung früher Einheitsvorschläge durch die KPD ermöglichte ihr Zeitgewinn für den Aufbau ihrer Organisation insbesondere in der SBZ. Die KPD-Führung legte mehr Wert auf Kaderarbeit und Organisationsfragen, was allein schon eine gewisse Überlegenheit über die SPD ermöglichte. KPD-Funktionäre wurden geschult, waren wesentlich sattelfester in der Kenntnis der "Klassiker" und konnten ihren SPD-Gesprächspartnern oft mit Argumenten begegnet, auf die diese allenfalls mit einem "Ja-aber" antworten konntne, wenn sie anderer Ansicht waren.

Als diese Überlegenheit nach einigen Monaten gesichert schien und insbesondere die SBZ mit einem Netz auch hauptamtlicher Funktionäre auf Ortseben überzogen war, konnte die KPD neu über die Einheit der Arbeiterparteien nachdenken und entsprechende Forderungen an die SPD stellen. WILHELM PIECK rief als Gast einer SPD-Veranstaltung am 14.9.1945 "eine einheitliche Partei zu schaffen, um die begonnenen Aufgaben zu Ende zu führen", wurde dann aber durch einen Tumult am Weitersprechen gehindert. Fünf Tage später wiederholte er seine Forderung, hatte aber aus der Reaktion, die er erlebt hatte insofern gelernt, als er nun auch die Heranziehung "zuverlässiger" Kräfte statt der alten Führer forderte.

LOTH, S. 44f

Nach LOTH, der erstmals auch ostdeutsche Archive auswerten konnte und damit zu neuen Erkenntnissen über die sowjetische Deutschlandpolitik kam, wollte aber vor allem die Sowjetunion die Gründung einer Einheitspartei:

Kurt Schumacher und die SPD-Gründung in Wenningsen

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Am 6. Oktober 1945, einen Tag nach Beginn der SPD-Konferenz in Wennigsen bei Hannover, besuchte GROTEWOHL SCHUMACHER in dessen Büro. Im Laufe des Gesprächs stellte KURT SCHUMACHER OTTO GROTEWOHL die Frage, ob er bereit sei, lieber die SPD in der SBZ aufzulösen, als sie in die Vereinigung mit der KPD zu führen. GROTEWOHL versprach dies. Bei einem weiteren Gespräch in Braunschweig am 8. Februar 1946 legte SCHUMACHER GROTEWOHL Berichte über die bereits vollzogene Verschmelzung von SPD und KPD in vielen Ortsgruppen vor und forderte noch einmal die sofortige Auflösung der SPD. GROTEWOHL antwortete, dazu sei es schon zu spät. (vgl Turmwächter S. 46 f.)

Der Tagesspiegel

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Im Januar 1946 nahm der Charlottenburger Sozialdemokrat KLAUS-PETER SCHULZ Kontakt zum »Tagesspiegel« auf, da der SPD Parteizeitungen fehlten, die über die Argumente der Vereinigungsgegner berichten konnten. Im Westen waren noch keine Parteizeitungen lizensiert worden, im Osten standen sie unter Vereinigungsdruck und ließen Gegner nicht zu Wort kommen. Auch auf den Rundfunk war nicht zu hoffen. Im Haus des Rundfunks in der Masurenallee saßen sowjetfreundliche Mitarbeiter (z.B. KARL-EDUARD VON SCHNITZLER, vgl. Surftipps 43/2000 und 44/2000). Der spätere RIAS hatte als Drahtfunk noch wenige Hörer, zumals die im Sowjetsektor erscheinenden Zeitungen weder über seine Gründung noch sein Programm berichteten. Zwar hatten auch die sowjetzonalen Zeitungen Vorteile (sechs Ausgaben pro Woche statt drei bei denen aus den Westsektoren, höhere Auflage) waren aber nicht so begehrt. Weil REGER schon Berichte und ablehnende Kommentare über den Vereinigungsprozeß veröffentlicht hatte, sahen Vereinigungsgegner im »Tagesspiegel« die wirkungsvollste Unterstützung. REGER versprach Unterstützung und nahm SCHULZ in die Redaktion auf. (vgl. HURWITZ, Bd. 4b, S. 890-894)

ERIK REGER schrieb im »Tagesspiegel« am 8.3.1946 einen Leitartikel mit dem Titel "Fiktives Leben"

20./21.12.1945: Sechziger-Konferenz

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Je 30 Mitglieder von SPD und KPD trafen sich kurz vor Weihnachten zu einer Konferenz über die Bedingungen der Vereinigung. Eine Woche später schickte PIECK GROTEWOHL das Protokoll mit der Bitte, es persönlich zu verwahren. Was er für den Fall des Bekanntwerdens fürchtete, lassen einige Zitate aus den Beratungen vermuten. Die Lügen von der Freiwilligkeit, der Einigkeit und der Gleichberechtigung der beiden Parteien wären enttarnt worden.

Das Protokoll ist von GRUNER/WILKE veröffentlicht worden. Ich zitiere gleich umfangreich daraus und möchte darauf hinweisen, daß fett formatierte Textteile von mir hervorgehoben wurden. Ich weiß aus meiner Referendarzeit, daß man Leuten Texte vorsetzen und dann folgendes erleben kann: Habt ihr das gelesen? - Ja - Habt ihr das verstanden? - Ja - Was steht denn drin? - Weiß nicht. Andere Reaktionen: Ablesen, statt etwas in eigene Worte zu fassen; oberflächliche Analyse (was gesagt wurde statt was gemeint wurde). Deshalb greife ich hier lenkend ein.

GROTEWOHL zitierte 10 Punkte "eines Genossen", vermutlich GUSTAV DAHRENDORFs, die der Zentralausschuß zwar nicht zur Beratung auf der Konferenz vorgeschlagen hatte, die aber die Sorgen illustrieren sollten:

  1. Die KPD erfährt durch die sowjetrussische Besatzungsmacht eine wesentlich weitergehende und nachdrücklichere Förderung als die SPD. Das drückt sich aus in einer schnelleren und weitergehenderen tatsächlichen Hilfsbereitschaft und Erleichterung beim organisatorischen Aufbau der KPD, ihrer Presse und sonstigen Publikationen. Das äußert sich vor allem auch in der Einräumung eines wesentlich stärkeren zahlenmäßigen und auch sonstigen Einfluß der KPD in allen Organen der sowjetrussischen Besatzungszone wie z. B. in den Zentralverwaltungen, den Länder- und Provinzialverwaltungen sowie in den Verwaltungen der Kreise und Gemeinden.
  2. Die KPD handelt vielfach nicht im Geiste der von ihr selbst bekundeten demokratischen Grundsätze und der vereinbarten guten Zusammenarbeit. Es mehren sich die Zeugnisse eines undemokratischen Drucks auf Sozialdemokraten.
  3. Durch die unter 1 und 2 festgestellten Abweichungen von Geist und Buchstaben der Bekundungen der KPD und der gemeinsamen Vereinbarungen ist die vorbehaltlose Bereitschaft großer Teile der Funktionäre und Anhänger der SPD einem zunehmenden Zweifel an der Ehrlichkeit des Bekenntnisses der KPD zur Demokratie und des Willens zur Zusammenarbeit und zur Einheit ohne betonten Führungsanspruch der KPD gewichen.
    Durch die unter 1 und 2 festgestellten Abweichungen von Geist und Buchstaben der Bekundungen der KPD und der gemeinsamen Vereinbarungen ist die vorbehaltlose Bereitschaft großer Teile der Funktionäre und Anhänger der SPD einem zunehmenden Zweifel an der Ehrlichkeit des Bekenntnisses der KPD zur Demokratie und des Willens zur Zusammenarbeit und zur Einheit ohne betonten Führungsanspruch der KPD gewichen.
  4. Der ZA der SPD erklärt danach, daß erst nach voller Berechtigung der Vorzugsstellung der KPD und nach vorbehaltloser Aufgabe aller unzulässigen Einflußnahme auf die SPD und auf einzelne Sozialdemokraten eine gute Zusammenarbeit und die Vorbereitung der Einheit beider Parteien möglich sind.
  5. Der ZA der SPD erklärt weiter, daß er entschlossen ist, die Vertreter der SPD aus allen verantwortlichen Stellungen in den Organen der Selbstverwaltung zurückzuziehen, wenn nicht alsbald die unter 4) bezeichneten Voraussetzungen der Zusammenarbeit und der Einheit erfüllt werden.
  6. Der ZA der SPD ist insbesondere erst nach Erfüllung der genannten Voraussetzungen in der Lage, zu der Frage eines gemeinsamen Wahlprogramms und gemeinsamer Listen bei etwaigen Wahlen Stellung zu nehmen.
  7. Schon jetzt macht der ZA darauf aufmerksam, daß die SPD vor der Bildung der SPD im ganzen Reich und ihrer ungehinderten Entfaltung und vor der ordnungsgemäßen Wahl ihrer Instanzen durch eine Reichskonferenz bzw. einen Reichsparteitag keine verbindlichen Erklärungen über die Zusammenarbeit, die Herausgabe gemeinsamer Wahlprogramme und die Aufstellung gemeinsamer Wahllisten in der englischen, amerikanischen und französischen Besatzungszone abgeben kann und will.
  8. Zur Frage eines gemeinsamen Wahlprogramms und gemeinsamer Wahllisten in der russischen Besatzungszone einschl. Berlin erklärt der ZA folgendes: Ohne seiner endgültigen Entscheidung vorzugreifen, die erst nach Erfüllung der dargelegten Voraussetzungen möglich ist, ist der ZA der Auffassung, daß es sich aus gewichtigen Gründen verbietet, für etwaige Wahlen gemeinsame Listen aufzustellen. Diese Frage kann ebensowenig zahlenmäßig entschieden werden wie die Herstellung der organisatorischen Einheit beider Parteien, ohne daß die politische Einheit Deutschlands und damit zugleich die Einheit der SPD im gesamten Reiche gefährdet würde. - Überdies sprechen auch wesentliche taktische Gründe gegen die Aufstellung gemeinsamer Wahllisten.
  9. Der ZA der SPD drückt erneut seinen Willen aus, auf der Basis absoluter Gleichberechtigung mit der KPD beim Aufbau einer parlamentarisch-demokratischen Republik aufs engste zusammenzuarbeiten. Er ist dabei vorbehaltlos zu einer Politik entschlossen, die die Fehler und Schwächen der Vergangenheit vermeidet. Er verspricht und erwartet, daß die SPD und die KPD in ihrer öffentlichen Wirksamkeit, also auch bei der Vorbereitung von Wahlen jede gegenseitige Bekämpfung unterlassen, insbesondere auf alle Angriffe und Auseinandersetzungen, die auf Differenzen der Vergangenheit beruhen, verzichten.
  10. Der ZA wird sich bei allen seinen Beschlüssen und Maßnahmen von der Überzeugung leiten lassen, daß die Einheit der deutschen Arbeiterbewegung eine geschichtliche Notwendigkeit ist. Sie vorbereiten zu helfen, betrachtet er als seine besondere Verpflichtung. Er ist der Auffassung, daß die SPD und die KPD unablässig das Ziel verfolgen müssen, zum geeigneten Zeitpunkt sich selbst zugunsten einer neuen und geeinten, unabhängigen deutschen Arbeiterpartei, die auf dem Grundsatz der inneren Partei-Demokratie beruht, aufzulösen.

PIECK entgegnete nicht ohne versteckte Drohungen:

GUSTAV KLINGELHÖFER wollte für die Genossen sprechen, "die hier nicht sprechen". Dafür wurde er oft unterbrochen.

Alle Redeausschnitte stammen vom ersten Tag der Beratungen. Die Reden sind gezielt ausgewählt, um den Druck zu beweisen, der auf die SPD ausgeübt wurde. Weitere Beispiele dafür lassen sich in der nur kurz zitierten Reaktion WILHELM PIECKs finden, die ihr bei GRUNER/WILKE nachlesen müßt. Mir reichten hierdie Zwischenrufe bei der Rede GUSTAV KLINGELHÖFERs.

Dessen Rede dürfte der gemeinsamen Kommission von KPD und Sowjets in einer Nachtsitzung zu schaffen gemacht haben. Mit Formulierungskorrekturen erreichten sie, daß ihrem Resolutionsentwurf schließlich 59 der 60 Anwesenden am 21.12. zustimmten. Ihre Maximen waren:

  • gemeinsame Versammlungen
  • paritätische Organisationen
  • Einheitslisten bei künftigen Wahlen
  • Vereinigung (zunächst) lediglich in der SBZ

GRUNER/WILKE (S. 36 f) weisen darauf hin, daß der "Abriß der Geschichte der SED" 1978 nur erwähnt, es habe "eine Reihe von Bedenken und Vorbehalten sozialdemokratischer Genossen" gegeben, aber die "Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung von 1966 ehrlicher sei und zwei Namen bewahrte, die auf der Konferenz "den Kampf um die Selbstbehauptung der SPD offensiv aufgenommen haben".

    Einige Vertreter der SPD, so GUSTAV DAHRENDORF und GUSTAV KLINGELHÖFER, versuchten, nicht das Einigende, sondern das Trennende in den Vordergrund zu rücken. Sie benutzten da und dort aufgetretene Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit, um die tatsächlichen Fortschritte der Aktionseinheit in Abrede zu stellen. Sie konnten jedoch nicht verhindern, daß die Konferenz zu einem entscheidenden Schritt auf dem Weg zur Sozialistischen Einheitspartei wurde.

Nachdem die KPD bereits seit September/Oktober 1945 verstärkt darauf hingewirkt hatte, die Vereinigung von KPD und SPD in einer einheitlichen revolutionären Kampfpartei der Arbeiterklasse vorzubereiten, schlug ihr Zentralkomitee dem Zentralausschuß der SPD Ende 1945 eine gemeinsame Konferenz vor. Diese am 20. und 21. Dezember 1945 durchgeführte Konferenz beschloß nach Referaten von WILHELM PIECK und OTTO GROTEWOHL, den Zusammenschluß von KPD und SPD ideologisch und organisatorisch vorzubereiten, und traf grundsätzliche Vereinbarungen über den Charakter der zu schaffenden Einheitspartei der Arbeiterklasse. Von diesem Beschluß gingen mächtige Impulse für die weitere Entwicklung der Einheitsbewegung aus. Ungezählte gemeinsame Ausschüsse, Kundgebungen und Versammlungen in allen Teilen Deutschlands riefen zur Schaffung einer sozialistischen Einheitspartei auf. Nicht nur die politisch organisierten Arbeiter, sondern auch zahllose andere Männer, Frauen und jugendliche aus den verschiedensten Schichten der Bevölkerung bekundeten ihre Zustimmung. Die vom ZK der KPD entwickelte marxistisch-leninistische Linie des Kampfes um die Einheitder Arbeiterklasse bestand ihre Bewährung und fand Zustimmung bei der Mehrheit der Werktätigen.

Mit dem Kurs auf die Schaffung einer sozialistischen Einheitspartei waren alle theoretischen, politischen und organisatorischen Grundfragen der Arbeiterbewegung aufgeworfen. Es galt ein Parteiprogramm und ein Parteistatut zu schaffen, die dem erreichten Stand des Zusammenschlusses von Kommunisten und Sozialdemokraten Rechnung trugen und zugleich die Entwicklung der Einheitspartei auf marxistischleninistischer Grundlage sicherten. Die Hauptarbeit bei der Schaffung der programmatischen und organisatorischen Grundlagen der Einheitspartei und bei der Mobilisierung der Arbeiterklasse leisteten die im Geiste des Marxismus-Leninismus erzogenen Kader der KPD. Sie gaben dem Ringen um die Einheit der Arbeiterbewegung Richtung und Ziel. An der Seite der Kommunisten kämpften jene sozialdemokratischen Funktionäre, die bestrebt waren, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Dank ihrer theoretischen Reife und ihren großen Klassenkampferfahrungen wurde die KPD ihrer hohen Verantwortung gerecht. Die organisatorische Stärke der KPD und die Parteidisziplin ihrer Mitglieder sicherten das einheitliche Auftreten der Kommunisten bei der Vorbereitung auf die Vereinigung. Funktionäre und Mitglieder der KPD halfen ihren sozialdemokratischen Klassengenossen in der Auseinandersetzung mit einheitsfeindlichen und opportunistischen Kräften in der SPD. Der Einfluß des Opportunismus konnte auf diese Weise weiter zurückgedrängt werden.

In den Reihen der Sozialdemokratie führten die Beschlüsse der Dezemberkonferenz zur weiteren Differenzierung. Die Mehrheit der Sozialdemokraten trat energisch für ihre Verwirklichung ein. Die opportunistischen Kräfte dagegen verstärkten ihren Widerstand gegen die Einigung der Arbeiterklasse und entfachten eine zügellose antikommunistische Hetze. Ihr Auftreten wurde durch die inkonsequente Haltung erleichtert, die manche die Einheitspartei bejahenden sozialdemokratischen Funktionäre - selbst im Zentralausschuß der SPD - einnahmen. Angesichts des starken Einheitsdranges der Massen paßten sich manche der rechten Sozialdemokraten dieser Entwicklung an. Sie sprachen sich in Worten für die Einheit der Arbeiterklasse aus, hofften dabei aber, in der Einheitspartei ihre reformistischen Auffassungen durchsetzen zu können.

Für den Erfolg der Einheitsbewegung waren in der sowjetischen Besatzungszone die Stärke der KPD und der klassenbewußten Kräfte in der SPD sowie die gemeinsam erkämpften demokratischen Errungenschaften, die zur Herausbildung und Festigung der Hegemonie der Arbeiterklasse führten, von ausschlaggebender Bedcutung. Der gemeinsame Kampf, die gemeinsam erzielten Erfolge bewiesen die Kraft der geeint handelnden Arbeiterklasse, brachten Kommunisten und Sozialdemokraten einander näher und erleichterten es Mitgliedern und Funktionären der SPD, sich von opportunistischen Einflüssen zu lösen. Im gemeinsamen Kampf überwanden Mitglieder der KPD sektiererische Vorbehalte, die sich bei ihnen in Jahrzehnten der Spaltung der Arbeiterbewegung gegenüber den Sozialdemokraten herausgebildet hatten.

Die Hilfe der sowjetischen Besatzungsmacht bei der Schaffung antifaschistisch-demokratischer Verhältnisse und beim ideologischen Umwälzungsprozeß war zugleich ihr entscheidender Beitrag zur Verwirklichung der Einheit der Arbeiterklasse. Hinzu trat die vielfältige direkte Unterstützung beider Arbeiterparteien, angefangen von der Schaffung materieller Voraussetzungen für die Parteiarbeit bis zur gemeinsamen Beratung politischer Probleme.

Grundriß, S. 522 f

wachsender Druck Anfang 1946

oben

Anfang Januar 1946 hielt KURT SCHUMACHER die Vereinigung der beiden Parteien in der Ostzone für unabwendbar:

Näher dran war WILLY STEINKOPF, der aber Ende Januar den Zusammenschluß ebenfalls für unabwendbar hielt:

Eine Woche später trifft sich CHRISTOPHER STEEL, der Leiter der politischen Abteilung der britischen Militärregierung, mit GROTEWOHL DAHRENDORF. Er berichtet dem Auswärtigen Amt:

GROTEWOHL gebrauchte also am 4.2. einen Begriff (eiserner Vorhang), der erst einen Monat später durch WINSTON CHURCHILL Rede in Fulton berühmt wurde:

Modern History Sourcebook: WINSTON S. CHURCHILL: "Iron Curtain Speech", March 5, 1946

vgl auch: Modern History Sourcebook: JOSEPH STALIN: Reply to CHURCHILL, 1946

andere Quellen:

Ein Treffen zwischen GROTEWOHL/DAHRENDORF und SCHUMACHER/KRIEDEMANN fand am 8. Februar 1946 in Braunschweig statt, erbrachte aber nichts Neues. Der Zentralausschuß wollte die Vereinigung auch in SCHUMACHERs Einflußgebiet, um nicht in der Sowjetzone verloren zu sein. Sie informierten die Vertreter der Westzonen ehrlich über den Druck, der auf sie ausgeübt wurde und erklärten, es gäbe keine Möglichkeit mehr, die Vereinigung mit der KPD länger hinauszuzögern. SCHUMACHER riet daraufhin zur Selbstauflösung. (vgl. JODL, S. 131 f)

Holzpanzer mit Schumacher-Kopf und Aufschrift 'Schumacher Quisling'
Dieser Holzpanzer mit Schumacher-Kopf und Aufschrift "Schumacher Quisling" als Karikatur auf den SPD-Vorsitzenden am Potsdamer Platz wird von Volkspolizisten bewacht.
Turmwächter Bd. 1, S. 194

LOTH weist darauf hin, daß die SMA auch den Kommunisten Vorschriften machte oder hätte machen können:

JODL, S. 135 f hält eine Selbstauflösung zu jenem Zeitpunkt nicht für realistisch:


Deutsche Geschichte 9, S. 181

In einem Brief vom 30. Januar 1946 an den KPD-Vorsitzenden Wilhelm Pieck beklagte er sich darüber, daß dieser in einem für die erste Nummer der Zeitschrift »Einheit« geplanten Artikel SCHUMACHER scharf angriff:

    Ich bin etwas überrascht, daß Du in diesem Aufsatz persönliche Angriffe gegen unseren Genossen SCHUMACHER und HOEGNER in dem Sinne bringst, daß SCHUMACHER und HOEGNER in eine Linie mit der deutschen Reaktion gestellt werden. ( ... ) Ich bitte Dich, die genannten ( ... ) Formulierungen wegfallen zu lassen oder entsprechend zu ändern, da sie entweder der Kameradschaftlichkeit und den Tatsachen nicht entsprechen oder, was viel schlimmer ist, die dringend notwendigen Verhandlungen mit unseren westlichen und süddeutschen Genossen von vornherein erschweren oder ganz zum Scheitern verurteilen. Auf diese Verhandlungen kann ich nicht verzichten, die Gründe kennst Du genau, darum muß ich auf der Berücksichtigung meiner Einwände gegen Deine Formulierungen bestehen.

    JODL, S. 130

Ob PIECK darauf einging, habe ich nicht herausgefunden, vielleicht übersehen. Dafür kann ich aber die Themen der ersten Ausgabe vom Februar 1946 nennen (aus Deutsche Geschichte 9, S. 180 f)

    "Die Einheit der Arbeiterklasse und die Einheit der Nation" von WILHELM PIECK; "Gibt es einen besonderen deutschen Weg zum Sozialismus?" von ANTON ACKERMANN; "Zur Frage der innerparteilichen Demokratie" von FRANZ DAHLEM; "Sicherung der Demokratie" von GUSTAV DAHRENDORF; "Erfahrungen aus der Aktionseinheit von MAX FECHNER; "Die Bedeutung des Kommunistischen Manifestes" von OTTO GROTEWOHL; "Von der Demokratie zum Sozialismus" von HELMUT LEHMANN; "Thesen über den Hitlerfaschismus" von WALTER ULBRICHT. Diese Beiträge übten auf den weiteren Klärungsprozeß bei der Erarbeitung der programmatischen Basis für die Einheitspartei einen großen Einfluß aus.

ANTON ACKERMANNs Theorie brachte ihm später noch Ärger und auch das zitierte DDR-Geschichtswerk deutet an, daß "die doppelte Betonung des Spezifischen durch die Adjektive 'besonders' und 'deutsch' und die starke Hervorhebung der Möglichkeit eines friedlichen Weges zum Sozialismus Ansatzpunkte für Fehlinterpretationen boten."

31.3.1946: Urabstimmung der SPD

oben

Der Februar brachte neben Diskussionen auf diversen Parteiversammlungen vor allem in den westlichen Sektoren auch den Entwurf der "Grundsätze und Ziele" der Einheitspartei, der auf einer zweiten Sechziger-Konferenz am 26.2. angenommen wurde. Im sowjetischen Sektor und in der SBZ wurde die Vereinigung auf Betriebsebene vielfach schon vorweggenommen.

Am 1. März fand im Berliner Admiralspalast, der später auch Schauplatz des Vereinigungsparteitages wurde, eine fünfstündige Funktionärsversammlung der SPD statt. Mehr Zeit war nicht, weil viele Säle zerstört war und nach dem Parteitag schon eine Veranstaltung der Staatsoper angesetzt war. GROTEWOHL sprach (ob brutto oder netto weiß ich nicht) 110 Minuten. Zuächst beschrieb er fundiert, aber weit ausholend die allgemeine Lage. Nach einer Stunde wurde er aber von Zwischenrufen gestört und zur Eile gedrängt. Viele TeilnehmerInnen konnten sich nicht mit dem Verlust deutscher Gebiete an Polen abfinden, die GROTEWOHL verteidigte. Zum Tumult kam es aber, als er SCHUMACHERs Politik angriff. "Aufhören", "Du lügst", "Dr. GOEBBELS" sind überlieferte Rufe. Eine Viertelstunde wurde er am Reden gehindert und der Parteitag war nur mit Mühe dazu zu bringen, die Rede zu Ende anzuhören und blieb auch danach unlenkbar. So setzten die Delegierten durch, daß FRANZ NEUMANN aus Reinickendorf mehr Redezeit bekam, um die Politik des Zentralausschußes zu kritisieren. Schließlich wurde überdessen Antrag, über die Vereinigung mit der KPD die Mitgliederschaft in einer Urabstimmung zu befragen, zuerst abgestimmt, obwohl das Präsidium geplant hatte, eine Resolution verabschieden zu lassen, die die erwähnten "Grundsätze und Ziele" als Grundlage weiterer Kontakte mit der KPD begrüßte. KURT SCHUMACHER war der Sieger dieser Versammlung, obwohl er nicht anwesend war. (Vgl. HURWITZ, Bd. 4b, S. 1022-1030

Diese beiden Fotos aus dem Jahre 1993 zeigen den Admiralspalast und als Detail die Eingänge zu Metropoltheater und Kabarett "Distel".

   

Am 4. März wurde der 31. März vom Bezirksvorstand als Abstimmungstermin festgesetzt.

Bereits am 23. Februar konnte die SPD-Betriebsgruppe der Siemenswerke über diese Fragen abstimmen:

Die Fragen waren ein Ausweg aus den vielfältigen Anforderungen und Vorentscheidungen. Sie nehmen viel Rücksicht auf den Druck und die bereits vollzogenen Vereinigungen etwa auf Betriebsebene. Auch der SMAD konnte man begegnen, wenn die Zusammenarbeit der Parteien eine Mehrheit fand, die Vereinigung aber abgelehnt würde. Für die Berliner Abstimmung wurde das "oder" noch weggelassen, so daß auch und gerade Befürworter der Vereinigung für die Zusammenarbeit stimmen konnten. Zunächst hatte der Zentralausschuß sogar erreicht, die zweite Frage ganz wegzulassen. Auf einer Sitzung des erweiterten Bezirksvorstandes am 26. März hieß es aber, daß Stimmzettel mit beiden Fragen bereits gedruckt seien.

Ehrlicher wäre z.B. gewesen, die Alternativen 1. Vereinigung auf Bezirks- und Landesebene 2. Warten auf Reichsparteitag 3. Abwehrkampf gegen KPD und SMAD zur Abstimmung zu stellen.

Bis zur Urabstimmung versuchte der ZA, falsche Eindrücke und vollendete Tatsachen zu schaffen. So berief er Konferenzen ein, zu denen nur ausgewählte FuntionärInnen eingeladen wurden, oder plante Plakataktionen mit einem zusätzlichen Papierkontingent und logistischer Unterstützung der KPD. Das blieb aber nicht verborgen und empörte auch noch unentschlossene Funktionäre, ja sogar Vereinigungsbefürworter, die diese Methoden ablehnten. Umgekehrt bekamen dann die Fusionsgegner Papier von der US-Militärregierung.

Am 17. März konstituierte sich ein Aktionsausschuß der Fusionsgegner.

Am 27. März erklärte der Zentralausschuß, daß über die Vereinigung nicht durch die Urabstimmung, sondern durch den Bezirksparteitag am 19./20. April entschieden werde. Deshalb forderte er alle Mitglieder auf, sich nicht an der Urabstimmung zu beteiligen. Insbesondere die Parteimitglieder im Ostberlin waren dem Druck des ZA ausgesetzt. Trotzdem weigerten sich viele, Plakate für die Fusion zu kleben.

In den Westsektoren war die Wahlbeteiligung rege. Obwohl es die erste Wahl nach dem Krieg war, kam es selten zu Formfehlern. Im Ostsektor waren die Wahllokale bereits morgens von den Sowjets geschlossen worden. Die Personalien der Anwesenden wurden notiert und Unterlagen beschlagnahmt.

In den Westsektoren nahmen 71,8 % der Stimmberechtigten an der Urabstimmung teil. Auf die 1. Frage (Vereinigung?) antworteten 82,6 % nein, 11,9 % ja, 5,5 % ungültig. Auf die zweite Frage (Bündnis?) antworteten 61,5 % ja, 24.8 % nein, 13,6 % ungültig. (Vgl. HURWITZ, Bd. 4b, etwa S. 1000-1300 (hier stark gekürzt verwendet))

Die DDR-Geschichtsschreibung leugnete das Ergebnis zwar nicht, spielte es aber herunter:

Die Vereinigungsgegner riefen die gewählten Delegierten zu einem Parteitag ohne Spitze in die Zinnowwaldschule nach Zehlendorf am 7.April 1946. Sie bestimmten einen neuen Vorstand für Berlin. Für sie war der Zentralausschuß damit abgesetzt.

21./22.4.1946: Vereinigungsparteitag im Admiralspalast

oben

Der Zentralausschuß hatte früh genug klar gemacht, daß er sich vom Urabstimmmungsergebnis nicht beeindrucken lassen würde. Mit den bekannten Methoden wurde der Weg der Fusion weiter beschritten. Die wichtigste Etappe vor dem Einigungsparteitag waren die letzten Parteitage der beiden Parteien am 19. und 20. April. Es war der 40. Parteitag der SPD und der 15. der KPD.

DDR-Briefmarke zum 20. Jubiläum 1966
DDR-Briefmarke zum 20. Jubiläum 1966 DDR-Briefmarke zum 20. Jubiläum 1966

Die meisten Delegierten des Vereingungsparteitags kamen aus der SPD, da sie mehr Mitglieder als die KPD hatte. Die SED gab sich ein Organisationsstatut, daß für den Organisationsaufbau einen Kompromiß zwischen den früheren Organisationsformen der SPD (Wohnbezirksgruppen) und der KPD (Betriebsgruppen) fand. Alle Leitungsfunktionen wurden paritätisch von früheren Mitgliedern der SPD und der KPD besetzt, der Parteivorsitz zwischen PIECK und GROTEWOHL geteilt.


    http://www.dhm.de/lemo/objekte/pict/BiographieGrotewohlOtto_
    photoGrotewohlOttoVereinigungsparteitag/index.jpg

    OTTO GROTEWOHL spricht auf dem Vereinigungsparteitag von KPD und SPD zur SED Berlin, 21. April 1946

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    http://www.d.umn.edu/~hfriedr1/Ger3305/SEDPlakat.jpg

Vereinigungsparteitag von KPD und SPD: stattgefunden am 21./22. Apr. 1946 in der Dt. Staatsoper (Admiralspalast) in Berlin-, I. Parteitag der -> Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Der V. war von historischer Bedeutung. Nachdem die Mitglieder der -> Kommunistischen Partei Deutschlands und der -> Sozialdemokratischen Partei Deutschlands bzw. ihre Delegierten bereits im März/Apr. 1946 in den Grundorganisationen, Kreisen- und Ländern sowie auf dem 15. Parteitag der KPD und dem 40. Parteitag der SPD (19./20. Apr. 1946) über die Vereinigung und den Entwurf der »Grundsätze und Ziele der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands« beraten und Beschlüsse über die Vereinigung beider Parteien gefaßt hatten, wurde der V. zum Höhepunkt des Vereinigungsprozesses. Am V. nahmen 1055 Delegierte (KPD: 507, SPD: 548) teil, davon 230 aus den westlichen Besatzungszonen. Die Delegierten aus der sowjetischen Besatzungszone vertraten 1298 415 Parteimitglieder der KPD und der SPD. Die grundlegenden Referate zu dem Thema »Die Einheitspartei und der Neuaufbau Deutschlands« hielten WILHELM PIECK und OTTO GROTEWOHL. PIECK zog eine Bilanz des jahrzehntelangen Kampfes der dt. Arbeiterklasse, bes. des Vereinigungsprozesses. Er wies nach, wie im gemeinsamen Klassenkampf die politisch-ideologischen Voraussetzungen für die Vereinigung auf der Grundlage des -> wissenschaftlichen Kommunismus entstanden waren, und begründete die große Verantwortung der Arbeiterklasse und ihrer einheitlichen Partei beim demokratischen Neuaufbau und im Ringen um die Errichtung der politischen Macht der Arbeiterklasse. GROTEWOHL erläuterte die Aufgaben der Arbeiterklasse beim demokratischen Neuaufbau. Er setzte sich mit dem Antisowjetismus und der gegen die Vereinigung gerichteten Politik der rechten sozialdemokratischen Führer auseinander und betonte, daß mit der Verwirklichung der Gegenwartsforderungen der Weg für den Sozialismus frei gemacht wird. Der V. stimmte den Referaten zu, beschloß einstimmig die »Grundsätze und Ziele der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands« (-> Programme der SED) und das »Manifest an das deutsche Volk«. Das Parteistatut wurde mit 21 Gegenstimmen bei 4 Stimmenthaltungen angenommen. Höhepunkt des V. war der einstimmige Beschluß über die Vereinigung von KPD und SPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. In den PV der SED wurden 80 Mitglieder, davon 20 aus den Westzonen, gewählt. Als gleichberechtigte Vorsitzende wurden PIECK und GROTEWOHL gewählt. Der V. stellte die Weichen für die Zukunft. Er gab der SED ein Programm, das auf den marxistischen Programmen der dt. Arbeiterbewegung fußte, in dem die. Erkenntnisse W. I. LENINs schöpferisch angewandt wurden und das der Arbeiterklasse und ihren Verbündeten den Weg zum Sozialismus wies. Mit den »Grundsätzen und Zielen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands« erhielt die Partei ein festes marxistisch-leninistisches Fundament. Den Hauptanteil an der Ausarbeitung der proprammatischen und organisatorischen Grundlagen der SED hatten die marxistisch-leninistischen Kader der KPD. Die SED verkörpert die revolutionären Traditionen des -> Bundes- der Kommunisten und der revolutionären dt. Sozialdemokratie. Sie setzt das Werk der KPD fort und erfüllt das Vermächtnis der antifaschistischen Widerstandskämpfer. Sie ist die Erbin alles Progressiven in der Geschichte des dt. Volkes. Die Gründung der SED war ein Sieg der Arbeiterklasse über den Imperialismus, des -> Marxismus-Leninismus über den -> Opportunismus. Mit der Vereinigung wurde die grundlegende Lehre aus der Geschichte der dt. Arbeiterbewegung gezogen: Die Arbeiterklasse kann ihre historische Mission nur erfüllen, wenn sie die vom Imperialismus und Opportunismus verursachte Spaltung ihrer Reihen beseitigt, wenn sie ihre Einheit auf revolutionärer Grundlage herstellt und von einer zielklaren, geschlossenen, kampfgestählten marxistisch-leninistischen Partei geführt wird, die eng mit den Massen verbunden ist. Der V. und das Programm wandten in schöpferischer Weise die Erkenntnisse LENINs an, die er in -> »Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution« u. a. Werken für den Kampf um die sozialistische Revolution dargelegt hatte. Es wurden wichtige Erfahrungen der internationalen Arbeiterbewegung, vor allem der -> Kommunistischen Partei der Sowjetunion, die geschichtlichen Lehren - des VIL Weltkongresses der -> Kommunistischen Internationale und der dt. Arbeiterbewegung, insbes. die programmatischen Zielstellungen der KPD auf den Konferenzen von Brüssel und Bern (-> Brüsseler Parteikonferenz der KPD 1935, -> Berner Parteikonferenz der KPD 1939) sowie ihres Aufrufs vom uni 1945 -> Aufruf des ZK der KPD vom 11.Juni 1945), aufgenommen und verarbeitet. Die SED ließ sich in jeder Etappe ihrer Entwicklung von den Lehren von MARX, ENGELS und LENIN leiten. Geführt von der SED, zerbrachen die Arbeiterklasse und die werktätige Bauernschaft für immer die Herrschaft der Großbourgeoisie und des Junkertums in der DDR. Auf der Basis der revolutionären Einheit der Arbeiterklasse wurde das Bündnis aller demokratischen Kräfte geschlossen (-> Bündnispolitik). In einem einheitlichen revolutionären Prozeß, in erbitterter Auseinandersetzung mit der imperialistischen Reaktion und ihren Helfershelfern wurde die antifaschistischdemokratische Umwälzung verwirklicht und die sozialistische Revolution zum Siege geführt. Unter Führung der SED vollzog sich in der DDR eine grundlegende Wende in der Geschichte des dt. Volkes, die Wende zum Sozialismus. In Gestalt der DDR errichtete und festigte die Arbeiterklasse im Bündnis mit, den Bauern und den anderen Werktätigen ihre politische Herrschaft. Sie schuf den sozialistischen Staat der Arbeiter und Bauern als eine Form der Diktatur des Proletariats.

Wörterbuch der Geschichte, Bd. 2, S. 1102 f

Die Landkarte aus einem DDR-Buch zeigt, wie man auch dort zugibt, daß sich die Vereinigung dort vollzog, wo die Voraussetzungen günstig waren, und, was man im Westen weitgehend vergessen hat, daß es auch außerhalb der SBZ Vereinigungsversuche gab. "Günstige Voraussetzungen" ist natürlich eine beschönigende Formulierung für Druck.


Deutsche Geschichte 9, S. 173

Ich erwähnte bereits, daß einzelne SPD-Regionen doch über die damaligen Ereignisse berichten, wenn auch die Bundespartei wenig über ihre Geschichte verrät. Von der SPD in der Oberpfalz könnt ihr z.B. erfahren:

OTTO GROTEWOHL lebte sich schnell in die neue Situation ein. Seine Machtbefugnisse hielt er für legitim.

Da SED und SPD aufgrund des Viermächtestatusses in ganz Berlin antreten durften, kam es am 20. Oktober 1946 zu einer Wahl, bei der die Parteien gegeneinander kandidierten. KURT SCHUMACHER besuchte am Wahltag auch Ostberlin und sprach mit Besatzungssoldaten (die vier Besatzungsmächte patrollierten gemeinsam). Vor Wahllokalen wurde er oft mit Beifall begrüßte. Das war am Rande der Illegalität, da die Wahl frei und unabhängig sein sollte und Agitation in den Lokalen ohnehin auch heute verboten ist. Die SPD erreichte in Großberlin 48,7 % der Stimmen, SED 19,8 %, CDU 22,2 %, LDP 9,3 %. In allen 20 Bezirksparlamenten, auch in Ostberlin, wurde die SPD stärkste Partei und stellte damit die Bezirksbürgermeister. Zusammen mit CDU und LDP setzte sie kommunistische Amtsträger ab, was zu sowjetischem Druck führte. Dem schien der sozialdemokratische Oberbürgermeister OTTO OSTROWSKI nicht gewachsen, weshalb ERNST REUTER am 24.6.1947 zum neuen OB gewählt wurde. Am 6.7. lehnte die SMAD die Bestätigung ab.

In den Landtagen der ostdeutschen Länder wurde die SED stärkste Kraft, aber trotz massiver Unterstützung durch die Sowjets und ohne Konkurrenz durch eine SPD nirgendwo mit absoluter Mehrheit. Die "Geschichte der DDR" deutet das so (S. 70 f):

29,7 % im Ostsektor Berlins ist kein überzeugendes Ergebnis.

Verfolgung von SozialdemokratInnen

oben

SPD-Mitglieder, die gegen die Vereinigung waren, hatten oft die SBZ schon verlassen, andere wurden zwar automatisch SED-Mitglieder, brachten sich aber mit Kritik an der Entwicklung der Partei in Gefahr. So etwa MAX FANK, ein Stralsunder Sozialdemokrat, der mehrere Jahre in Konzentrationslagern und Zuchthäusern verbracht hatte, war sogar Einheitsbefürworter und Delegierter des Gründungsparteitags der SED.

Heutige Bewertung

oben

Die PDS bietet auf ihrer Homepage mehr Dokumente über ihre Geschichte, vor allem über den Umgang mit ihrer Geschichte, z.B.

Vor 55 Jahren: gewollt und verfolgt
GABI ZIMMER und PETRA PAU zum 55. Jahrestag der Vereinigung von KPD und SPD (April 2001)

PDS-Vorsitzende entschuldigt sich für Zwangsvereinigung

Die SPD hat tagesaktuell auf die Entschuldigung reagiert, behandelt das Thema aber allenfalls in der Historischen Kommission. Für das Selbstverständnis der Partei scheint das Ereignis trotz der Ausstellung des Ortsverbandes Wenningen keine große Rolle zu spielen, wie Traditionsbewußtsein generell in der SPD stark abgenommen hat.

Der häufig zitierte Kurt-Schumacher-Kreis vereinigt hauptsächlich ehemalige SPD-Mitglieder, die sich der Zwangsvereinigung widersetzt haben, dafür verfolgt wurden und durch die Ostpolitik später auch mit der SPD nicht mehr zufrieden waren. Ein führendes Mitglied, HERMANN KREUTZER, war 1945 Mitbegründer der SPD in Thüringen und in den 70er Jahren lange Zeit Staatssekretär im Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen. Später trat er dann gelegentlich in GERHARD LÖWENTHALs ZDF-Magazin auf. Für den Austritt aus einer Partei gibt es im allgemeinen mehr Gründe als für den Eintritt in sie. Ich bin ja auch 1988 aus der SPD ausgetreten, allerdings wegen ihrer Sozialpolitik. Die Vorwürfe des Kurt-Schuhmacher-Kreises hätten mich dazu nicht bewegt. Generell halte ich die damalige Entspannungspolitik für richtig und hätte bloß in den 80er Jahren nicht die Schließung der Erfassungsstelle Salzgitter gefordert:

weitere Links:

Literatur

oben

Bevor ich die Literatur verstelle, die ich selbst benutzte, nenne ich noch Besprechungen anderer Werke im WWW.

HANS-JOACHIM FIEBER, MAREN FRANKE, WOLFGANG TRIEBEL: OTTO GROTEWOHL und die Einheitspartei
Band 1 - Dokumente Mai 1945 bis April 1946
Band 2 - Dokumente Mai 1946 bis Januar 1949

WOLFGANG TRIEBEL: Gelobt und Geschmäht. Wer war OTTO GROTEWOHL?
Aufsätze und Interviews mit Zeitzeugen
trafo verlag dr. wolfgang weist, Berlin 1998, 345 Seiten (Besprechung bei PDS online)

Von den Schwierigkeiten mit der Einheitspartei
HANS-JOACHIM KRUSCH: Irrweg oder Alternative?

Vereinigungsbestrebungen der Arbeiterparteien 1945/46 und gesellschaftspolitische Forderungen.
Pahl-Rugenstein Verlag, Bonn 1996, 272 S.
Eine Rezension von HERBERT MAYER

MARKUS JODL:
Amboss oder Hammer?
OTTO GROTEWOHL
Eine politische Biographie
Aufbau Taschenbuch Verlag
[Ost-]Berlin 1997
Akademie der Wissenschaften der DDR
Zentralinstitut für Geschichte:
DDR Werden und Wachsen
Zur Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik
Dietz-Verlag
[Ost-]Berlin 2. Auflage 1975
HERMANN WEBER:
DDR
Dokumente zur Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik
1945-1985
Deutscher Taschenbuch Verlag
München 1986
Autorienkollektiv unter Leitung von ROLF BADSTÜBNER:
Deutsche Geschichte in zwölf Bänden,
herausgegeben vom Zentralinstitut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR
Band 9. Die antifaschistisch-demokratische Umwälzung, der Kampf gegen die Spaltung Deutschlands und die Entstehung der DDR
VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften
[Ost-]Berlin 1989
HAROLD HURWITZ:
Demokratie und Antikommunismus in Berlin nach 1945
Bd 4 Teil 1:
Führungsanspruch und Isolation der Sozialdemokraten
und Bd 4 Teil 2:
Zwischen Selbsttäuschung und Zivilcourage: Der Fusionskampf
Verlag Wissenschaft und Politik
Köln 1990
JOACHIM HEISE, JÜRGEN HOFMANN:
Fragen an die Geschichte der DDR
(hrsg. vom Zentralrat der FDJ in Zusammenarbeit mit der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED)
Verlag Junge Welt
[Ost-]Berlin 1988
ROLF STEININGER:
Deutsche Geschichte 1945-1961
Darstellung und Dokumente in zwei Bänden
Band 1
Fischer Taschenbuch Verlag
Frankfurt 1983
Autorenkollektiv unter Leitung von ROLF BADSTÜBNER:
Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik
VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften
[Ost-]Berlin 4. Auflage 1989
CHRISTOPH KLESSMANN:
Die doppelte Staatsgründung
Deutsche Geschichte 1945-1955
Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Band 193
Bonn 3. Auflage 1984
Zentralinstitut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR (Hg.):
Grundriß der deutschen Geschichte
Von den Anfängen der Geschichte des deutschen Volkes bis zur Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der Deutschen Demokratischen Republik
Klassenkampf - Tradition - Sozialismus
VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften
[Ost-]Berlin 2. Auflage 1979
GERD GRUNER, MANFRED WILKE (Hrsg.):
Sozialdemokraten im Kampf um die Freiheit
Die Auseinandersetzungen zwischen SPD und KPD in Berlin 1945/46
Stenographische Niederschrift der Sechziger-Konferenz am 20./21. Dezember 1945
Piper Verlag
München Zürich 2. Auflage 1986
Lektorenkollektiv des Lektorats Geschichte:
Wörterbuch der Geschichte
Bd. 1 A-K
Bd. 2 L-Z
Dietz-Velag
[Ost-]Berlin 1983
WILFRIED LOTH:
STALINs ungeliebtes Kind
Warum Moskau die DDR nicht wollte
Deutscher Taschenbuch Verlag
München 1996
   
ARNO SCHOLZ, WALTHER G. OSCHILEWSKI (Hg.):
Turmwächter der Demokratie.
Ein Lebensbild von KURT SCHUMACHER
Bd I. Sein Weg durch die Zeit
Bd. II. Reden und Schriften
Arani-Verlag
Berlin-Grunewald 1953 f
Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (Hg.):
DDR-Handbuch
Bd. 2 M-Z
Verlag Wissenschaft und Politik
3.überarbeitete Auflage
Köln 1985

weitere Links:

Musik

oben
Sag mir, wo du stehst

1. Zurück oder vorwärts, du mußt dich entschließen!
Wir bringen die Zeit nach vorn Stück um Stück.
Du kannst nicht bei uns und bei ihnen genießen,
denn wenn du im Kreis gehst, dann bleibst du zurück.

Refrain: Sag mir, wo du stehst! Sag mir, wo du stehst. Sag mir, wo du stehst und welchen Weg du gehst.

2. Du gibst, wenn du redest, vielleicht dir die Blöße,
noch nie überlegt zu haben, wohin.
Du schmälerst durch Schweigen die eigene Größe,
ich sag dir, dann fehlt deinem Leben der Sinn!

3. Wir haben ein Recht darauf, dich zu erkennen,
auch nickende Masken nützen uns nicht.
Ich will beim richtigen Namen dich nennen,
Und darum zeig mir dein wahres Gesicht.

Entstand 1966 im damaligen Berliner Hootenanny Klub und war das erste Lied der sich 1967 formierenden FDJ-Singebewegung, das einer größeren Öffentlichkeit bekannt wurde.



http://www.jpc.de/jpcimages/big/7816747.jpg

Amiga, AAD, 49-88, 7816747

Bei jpc kostet die CD "Die Partei hat immer recht" 23.95 DM

Alle Titel sind als Real-Audio-Proben verfügbar, auch Das Lied der Partei,

aber Real-Audio mag ich nicht. Nehmt lieber diese ZIP-Datei.

LIED DER PARTEI (Die Partei hat immer recht) (1950)
Komposition und Text: LOUIS FÜRNBERG
ERNST BUSCH, Gesang
Chor der Staatsoper Berlin; Leitung: ADOLF FRITZ GUHL
Instrumentalgruppe

Vom deutsch-tschechischen Dichter LOUIS FÜRNBERG 1949 anläßlich des IX. KPC-Parteitages komponiert und auf tschechisch getextet, erlebte die deutsche Fassung beim 111. SED-Parteitag (20.-24.Juli 1950) ihre Uraufführung. Unter den riesigen Portraits von MARX, ENGELS, LENIN und STALIN predigte der frisch gewählte 1. Sekretär WALTER ULBRICHT den Kampf gegen Spione und Agenten, Trotzkisten und Überreste des Sozialdemokratismus in der Partei, der die erste Massensäuberung unmittelbar bevorstand. Die Ausschaltung jeder vermeintlichen oder echten parteiinternen Opposition kostete 1950/51 150.000 Genossen ihr Mitgliedsbuch. Eine monolithische SED, an der Spitze der gerade geschaffenen »Nationalen Front« stehend, proklamierte nun nicht nur unverblümt die bedingungslose Orientierung am sowjetischen Modell, sondern auch ihre führende Rolle und absolute Unfehlbarkeit. LOUIS FÜRNBERGs Lied der Partei« hat all dies verinnerlicht. Es ist hier in der deutschen Erstaufnahme von 1950 mit dem legendären Arbeitersänger ERNST BUSCH zu hören. Nach der Entstalinisierung des Jahres 1956 wurde im »Lied der Partei« die Textpassage » ... von STALIN geschweißt« stillschweigend ersetzt durch » ... von LENIN geschweißt« oder auch » ... im Kampfe geschweißt«. So wurde auch dieses Lied zum Objekt der Geschichtsfälschung: In einer Publikation der »Akademie der Künste« findet man 197o einen Abdruck der Lenin-Version - verbunden mit dem ausdrücklichen Hinweis, dieses sei die Originalfassung...

Die Partei hat immer recht

Sie hat uns alles gegeben.
Sonne und Wind und sie geizte nie.
Wo sie war, war das Leben.
Was wir sind, sind wir durch sie.
Sie hat uns niemals verlassen.
Fror auch die Welt, uns war warm.
Uns schützt die Mutter der Massen.
Uns trägt ihr richtiger Arm.

Die Partei, die Partei, die hat immer Recht!
Und, Genossen, es bleibe dabei;
Denn wer kämpft für das Recht,
Der hat immer recht.
Gegen Lüge und Ausbeuterei.
Wer das Leben beleidigt,
Ist dumm oder schlecht.
Wer die Menschheit verteidigt,
Hat immer recht.
So, aus Leninschem Geist,
Wächst, von STALIN geschweißt,
Die Partei - die Partei - die Partei.

Sie hat uns niemals geschmeichelt.
Sank uns im Kampfe auch mal der Mut,
Hat sie uns leis nur gestreichelt,
zagt nicht und gleich war uns gut.
Zählt denn noch Schmerz und Beschwerde,
wenn uns das Gute gelingt.
Wenn man den Ärmsten der Erde,
Freiheit und Frieden erzwingt.

Die Partei, die Partei, die hat immer Recht!
Und, Genossen, es bleibe dabei;
Denn wer kämpft für das Recht,
Der hat immer recht.
Gegen Lüge und Ausbeuterei.
Der das Leben beleidigt,
Ist dumm oder schlecht.
Wer die Menschheit verteidigt,
Hat immer recht.
So, aus Leninschem Geist,
Wächst, von Stalin geschweißt,
Die Partei - die Partei - die Partei.

Sie hat uns alles gegeben,
Ziegel zum Bau und den großen Plan.
Sie sprach "Meistert das Leben,
Vorwärts Genossen packt an".
Hetzen Hyänen zum Kriege,
Bricht euer Bau ihre Macht,
Zimmert das Haus und die Wiege,
Bauleute seid auf der Wacht.

Die Partei, die Partei, die hat immer Recht!
Und, Genossen, es bleibe dabei;
Denn wer kämpft für das Recht,
Der hat immer Recht.
Gegen Lüge und Ausbeuterei.
Der das Leben beleidigt,
ist dumm oder schlecht.
Wer die Menschheit verteidigt,
Hat immer recht.
So, aus Leninschem Geist,
Wächst, von STALIN geschweißt,
Die Partei - die Partei - die Partei.

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