Bei Buchhändler ARNOLD PASCHER fragte Anfang Juni ein Besucher, welcher Tote noch bewege. Die Nachrichten brächten zwar oft Meldungen, daß jemand gestorben sei, aber das bliebe weitgehend ohne Reaktion. Früher sei das anders gewesen. Dann brachte er KENNEDY als Beispiel. Angeblich wisse jede(r), wo er/sie damals war.
Ich wies darauf hin, daß es verschiedene Aspekte seien: Von einer Todesmeldung bewegt werden und Tote, die die Welt bewegten. Mir fielen zwar ein paar Totesmeldungen ein, die für mich bedeutend waren und durch deren zugrundeliegendes Ereignis sich für mich etwas änderte, aber die Verstorbenen würden bestimmt nicht so viele kennen wie KENNEDY: AXEL EGGEBRECHT, KARL-HEINZ WOCKER, ERICH FRIED hätte ich persönlich in Westberlin Charlottenburg gehört, WOCKER als England-Experten, gegen den ROLF SEELMANN-EGGEBERT blaß wirke, schätzen gelernt und EGGEBRECHT hätte ich als Rundfunkjournalisten des NWDR. Der andere Besucher fragte, ob ich damals in Hamburg gewesen sei. Sehe ich wirklich schon so alt aus?
Ich möchte mich heute mit dem Nachkriegsrundfunk in Deutschland beschäftigen. Technisch war der dürftig, sowohl die früheren Sender als auch die früheren Empfangsgeräte waren oft zerstört. Der RIAS begann deshalb als Drahtfunk und Rundfunkgeräte hatten einfache Technik. UKW war noch nicht eingeführt. Rundfunk war wichtig, nun nicht mehr für Kriegshetze, sondern z.B. für den DRK-Suchdienst.
"80 Prozent der Vorkriegsproduktion war von Betrieben in Ost-Berlin und dem östlichen Teil Deutschlands erzeugt worden, die nun demonstriert oder enteignet waren, z.B. Mende in Dresden, Körting in Leibzig, Graetz in Berlin." (Geschichte des Radios) Der "Grundig Heinzelmann" wurde als Bausatz geliefert:
http://www.br-online.de/br-intern/75jahre/ausstellung/zeitraeume/img/heinzelmann_hi.jpg |
http://www.br-online.de/br-intern/75jahre/ausstellung/zeitraeume/img/heinzel_ganzb.jpg |
weitere Links zum "Heinzelmann":
Deutsche Hörer! Wie bitter ist es , wenn der
Jubel der Welt der Niederlage, der tiefsten
Demütigung des eigenen Landes gilt! Wie zeigt sich
darin noch einmal der schreckliche Abgrund, der sich
zwischen Deutschland, dem Land unserer Väter und
Meister, und der gesitteten Welt aufgetan hatte! ...
Möge die Niederholung der Parteifahne, die aller
Welt ein Ekel und Schrecken war, auch die innere
Absage bedeuten an den Größenwahn, die
Überheblichkeit über andere Völker, den
provinziellen und weltfremden Dünkel, dessen
krassester, unleidlichster Ausdruck der
Nationalsozialismus war. ... Ich sage: es ist trotz
allem eine große Stunde, die Rückkehr Deutschlands
zur Menschlichkeit. Sie ist hart und traurig, weil
Deutschland sie nicht aus eigner Kraft herbeiführen
konnte. Die Besatzungsmächte ordneten den Rundfunk in Deutschland neu, aber unterschiedlich. Die Amerikaner übernehmen die drei ehemaligen Reichssender Frankfurt, Stuttgart, München und favorisieren ein dezentrales Modell. Sie errichten Landesrundfunkanstalten zur Stärkung der Rolle der Länder. Die Briten schaffen nach dem Vorbild der British Broadcasting Corporation (BBC) eine zentrale Rundfunkanstalt, den Nordwestdeutschen Rundfunk. Er ist die erste öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt in Deutschland. In der französischen Besatzungszone entsteht mit dem Südwestfunk (SWF) für die gesamte Besatzungszone ein einheitliches Rundfunkprogramm. In der SBZ entsteht mit dem Berliner Rundfunk ein zentral gelenkter Sender, dem weitere Landessender angeschlossen sind. Hier soll der Rundfunk in erster Linie die Schaffung einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung, wie sie die KPD/ SED postuliert, unterstützen. Im Unterschied zur Weimarer Republik hat die Post keine Recht zum Betrieb der Sendeanlagen (diese gehören ab sofort den Rundfunkanstalten). Die Post versucht in den Folgejahren vergeblich, diese entschädigungslose Enteignung rückgängig zu machen. Auch der Staatseinfluß wird von den Westmächten bekämpft und durch die Selbstverwaltung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ersetzt. Viele Politiker meinten, der einem demokratischen Staat unterstellte Rundfunk sei automatisch ebenfalls demokratisch. |
http://www.dhm.de/lemo/objekte/pict/ Nachkriegsjahre_mikrophonSiemensNeumann/index.jpg Mikrophon "Siemens
Neumann U 47" |
Vielfach halfen deutsche Emigranten, die im Ausland Rundfunkerfahrung sammeln konnten, beim Aufbau des Nachkriegsrundfunks mit. Die Arbeitsgemeinschaft selbständiger Kulturinstitute hat dieses Jahr ihre Jahresausstellung ihnen gewidmet. Die Rückkehrer wurden keinesfalls freudig begrüßt, man unterstellte ihnen, das angenehmere Leben gehabt zu haben. Zu diesen Emigranten zählten EBERHARD SCHÜTZ, HANS MAYER (für wenige Monate 1946/47 als Chefredakteur Politik bei Radio Frankfurt) , STEPHAN HERMLIN, ALFRED KANTOROWICZ (während des Zweiten Weltkriegs im Dienste einer amerikanischen Rundfunkgesellschaft), HANS MAHLE (Berliner Rundfunk), ALFRED DÖBLIN (Südwestfunk) und THOMAS MANN.
Von rund 100 Rundfunkstationen weltweit, die deutschsprachige Sendungen ausstrahlten, um über das verbrecherische System des Nationalsozialismus aufzuklären, konnten aber nur die wenigsten im Deutschen Reich empfangen werden. Dazu gehörten der Deutsche Dienst der BBC, die Stimme Amerikas, Radio Luxemburg, Radio Moskau, der Deutsche Volkssender und der Sender des Nationalkomitees ,Freies Deutschland'. Doch der Empfang dieser "Feindsender" war während des Zweiten Weltkriegs im Dritten Reich verboten, wer dennoch hörte, dem drohten Gefängnis oder Zuchthaus, in Extremfällen sogar die Todesstrafe...
Mit Foto und Kurzbiographie vorgestellt werden mehrere Rückkehrer in der Uniform einer alliierten Macht. Im zerstörten Deutschland halfen sie vorwiegend als Kontrolloffiziere beim Wiederaufbau des Rundfunks. Zu ihnen gehörte ALEXANDER MAASS, vor 1933 Mitarbeiter der Westdeutschen Rundfunk AG in Köln, während der Emigration bei verschiedenen Rundfunkstationen in Spanien und Großbritannien, ab 1945 beim Nordwestdeutschen Rundfunk in Köln...
Aber auch GOLO MANN war im Dienste der Besatzungsmacht im Rundfunk tätig: zunächst bis Februar 1945 als stellvertretender Leiter des deutschsprachigen Dienstes der American Broadcasting Station in Europe, bis Frühjahr 1946 bei Radio Frankfurt. In den seltensten Fällen gaben die "Rückkehrer in Uniform" ihre während der Exilzeit erworbene (neue) Staatsbürgerschaft auf, so dass die Tätigkeit für den "neuen" deutschen Rundfunk nur eine kurze Episode ihrer wechselvollen Biographien blieb.
Andere hingegen, die als Zivilisten zurückkehrten, wurden von der jeweiligen Besatzungsmacht mit besonderen Aufträgen betraut und fanden beim Rundfunk ein längerfristiges Arbeitsfeld. So hatte HANS MAHLE, im Moskauer Exil in verschiedenen deutschsprachigen Rundfunkredaktionen tätig, von der sowjetischen Besatzungsmacht den Auftrag zur Wiederinbetriebnahme des Rundfunks in Berlin erhalten; bis 1951 fungierte er als Generalintendant der Rundfunksender in der sowjetischen Besatzungszone. FRITZ EBERHARD, der während des Zweiten Weltkriegs in London für den Sender der Europäischen Revolution gearbeitet hatte und mit dem Auftrag nach Deutschland zurückgekommen war, für die Amerikaner Informationen über die militärische und politische Lage in Deutschland zu sammeln, wurde im Juli 1945 Programmberater von Radio Stuttgart und amtierte von 1949 bis 1958 als Intendant des Süddeutschen Rundfunks...
Deutsche Remigranten waren es auch, die sich in Rundfunksendungen an der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit beteiligten. Sie sorgten dafür, dass das besatzungspolitische Ziel der "Umerziehung", der "Reeducation",
Manche Remigranten kamen zwar zurück, es gelang ihnen aber nicht wirklich heimzukehren, da sich ihnen viele Schwierigkeiten in den Weg stellten. Wem es nicht gelang, an seine durch das Exil unterbrochene Laufbahn anzuknüpfen, der resignierte oder äußerte sich in lauten Attacken gegen seine Benachteiligung. Die Reaktionen reichten von nur besuchsweiser Rückkehr bis zur erneuten Emigration in das ursprüngliche Exilland. So übersiedelte ALFRED DÖBLIN, der 1933 nach Frankreich emigriert, 1940 in die Vereinigten Staaten geflohen war und 1945 als Angestellter der französischen Militärregierung im Rang eines Offiziers zurückgekommen war, 1953 nach Paris, weil er sich "in diesem Lande, in dem ich und meine Eltern geboren sind" überflüssig vorkam. Daraus sprach die Enttäuschung eines Schriftstellers, der sich in regelmäßigen Sendungen für den Südwestfunk Baden-Baden in den Dienst der "Reeducation" gestellt hatte, der 1950 aus der Programmarbeit verdrängt wurde und dessen profilierte Literaturzeitschrift "Das Goldene Tor" 1951 ihr Erscheinen einstellen musste.
...Vor allem im Rundfunk konnten sich Emigranten selbst immer wieder Gehör verschaffen. So prägte beispielsweise THEODOR W. ADORNO, während der Jahre des Dritten Reiches in Großbritannien und den Vereinigten Staaten, mit vielen musiktheoretischen Vorträgen und kulturkritischen Essays nachhaltig das Kulturprogramm des Hessischen Rundfunks in den 50er und auch noch in den 60er-Jahren.
1949 wurde als Goethejahr in Ost und West gefeiert:
Nach einer Untersuchung des Instituts für Demoskopie in Allensbach im Säkularjahr 1949, vom Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) in Auftrag gegeben, was die Westdeutschen von GOETHE halten, antworten 49%, GOETHE sei ein typischer Deutscher. Daraus schlußfolgert GEORG POLSTER in seinem Vortrag GOETHE im deutschen Hörfunk 1949, daß ein hoher Grad an Identifikation mit Charakter- und Persönlichkeitseigenschaften Goethes bestand. Das GOETHE-Jahr kam dem Hörfunk in der fernsehlosen Zeit gerade recht, um die vielfach gebeutelten, kunsthungrigen Menschen am deutschen Genius mit aktuellen Zeitfragen zu konfrontieren. So nannte ADOLF GRIMME, der Generaldirektor des NWDR, in einer vielbeachteten Rede zum Jahreswechsel 1948/49 den Dichter im Zusammenhang mit einem vereinten Deutschland und der Europaidee. Hörfolgen und Hörspiele leiten das Jubiläumsjahr ein. Der NWDR sendete die Reihe GOETHE erzählt sein Leben von PETER V. ZAHN mit 35 Folgen zu jeweils 40 bis 50 Minuten. Damit dürfte, wie POLSTER festhält, diese Sendereihe die umfangreichste zu GOETHE im Hörfunkprogramm 1949 gewesen sein. Neben Hörfolgen und Hörspielen werden eine Vielzahl von Lesungen, Besprechungen von neu erschienenen Büchern, Vorträgen von HANS-GEORG GADAMER, THOMAS MANN, ORTEGA Y GASSETT, Vertonungen von Gedichten, Übertragungen öffentlicher Veranstaltungen allesamt zu GOETHE gesendet. Zu Beginn des Monats August häufen sich die Sendungen, um schließlich zum 200. Geburtstag am 28. August 1949 ihren Höhepunkt in den Hörfunkprogrammen zu erreichen. Mit geschickt arrangiertem Einspielen läßt der Vortragende bedeutende Personen der Zeitgeschichte sprechen, so den französischen Hochkommissar ANDRÉ FRANÇOIS-PONCET, den Festredner in der Frankfurter Paulskirche ADOLF GRIMME und den späteren DDR-Kulturminister JOHANNES R. BECHER. Von besonderer Brisanz ist die doppelte Verleihung des Goethe-Preises im Vorfeld des Geburtstages an THOMAS MANN durch die Städte Frankfurt und Weimar. Die Große Kontroverse, der Umgang mit der äußeren und inneren Emigration, wird nicht durch die an sich gleichen Reden ausgelöst, sondern eher durch das zusätzliche Grußwort für die Festveranstaltung in Weimar.
weitere Links:
Die Rundfunkanstalten der alliierten Truppen haben in Deutschland vor allem den Musikgeschmack mithörender Deutscher beeinflußt. Es ist aber nicht ihre Aufgabe, diese Hörer zu bedienen und den lokalen Sendern Konkurrenz zu machen.
Der NDR bringt Tanzmusik,
ich krieg nichts and'res rein,
das geht so durch bis sechs Uhr frueh,
ich glaub ich schlaf' gleich ein...
Ich moecht so gern DAVE DUDLEY hoer'n,
HANK SNOW und CHARLY PRIDE,
'n richt'gen schoenen Country-Song,
doch AFN ist weit.
Das American Forces Network begann um 5:45 (allerdings nachmittags am 4.7.1943) seine Sendungen in Europa, wie in der AFN History nachzulesen ist. Über die Sendungen aus Deutschland berichtet man:
It's now the end of World War II in Europe, May 1945 and
AFN Frankfurt goes on the air from a mobile van parked behind
the famed I.G. Farben building, General DWIGHT EISENHOWER's headquarters building in Frankfurt.
This building was later known to U.S. troops as the General
ABRAMS building, home to the U.S. Army's V Corps until late
1994.
On June 10, 1945 AFN Munich began beaming its signal from the
mansion on Kaulbach Strasse to two 100kw transmitters in
Munich and Stuttgart. In August 1945, AFN Europe moved its
headquarters from London to the European mainland in
Frankfurt, Germany.
AFN services in Berlin, Bremen and Nuremberg soon followed.
On December 31, 1945, AFN London signed off the air, and
during 1948 AFN closed all its stations in France.
During the late 1940s, AFN reporters and microphones covered
such significant world events as the Nuremberg War Crime
Trials, the Soviet blockade of West Berlin, and the Berlin
Airlift.
On March 17, 1948 AFN Stuttgart signed on the air, and in
1949 AFN Bremen moved north to the port and became AFN
Bremerhaven.
There was much expansion at the network in the 1950s.
AFN Nuremberg began broadcasting from the Grand Hotel in
downtown Nuremberg in 1950. Three years later, AFN
Kaiserslautern began local programming from a mobile van, and
on October 21, 1954 moved into its present facility on the
still-gigantic U.S. military complex at the
Kaiserslautern-Vogelweh Military Shopping Center.
Die Ruhruniversität Bochum (vgl Surftipp 5/2000) hat unter dem Motto BFBS - Ein Radio für Briten und Deutsche den British Forces Broadcasting Service untersucht.
Von Anfang an lautete der Auftrag des BFBS, die in
Deutschland stationierten Soldaten (und bald auch ihre
Familienangehörigen) mit Nachrichten, Musik und Unterhaltung
aus Großbritannien zu
versorgen, mit diesem Angebot eine Brücke zur
Heimat zu bauen und die Stimmung der Truppe - ihre
Kampfmoral - zu erhöhen.
Diese Auftragsbestimmung aus der unmittelbaren Nachkriegszeit gilt bis heute. Doch herrscht beim BFBS keineswegs Kommandoton:
Unverwechselbares Markenzeichen sind die flotten und respektlosen Musikshows. Menschen schalten der Musik wegen das Radio ein,
meint Moderator SIMON GUETTIER. Schallplatten machen knapp drei Viertel der Sendungen aus, der Wortanteil wird niedrig
gehalten: ein kurzes
Interview hier, drei Minuten Nachrichten dort, garniert mit
einem kleinen Scherz des Disc-Jockeys. Sowohl Musikauswahl
als auch persönliche
Anrede der Hörer gleichen einem Ritual, das eine
Identifikation der Hörer mit dem Sender, gleichzeitig aber
auch der Soldaten untereinander,
ermöglichen soll. Ziel ist, eine Art von Familiengefühl zu
schaffen, die BFBS-Familie. Diese
Auftragsbestimmung wird von den britischen
Streitkräften - und mit ihnen dem BFBS - durchaus
militärisch gesehen: der Soldat, der im
Ernstfall mit Nachrichten aus der Heimat und von
der Front, mit Grüßen von den Lieben und beschwingter Musik
versorgt wird, kämpft besser.
Die Produktionszentrale des BFBS Deutschland liegt in
Herford. Hier und in fünf Außenstudios produzieren 13
Redakteure täglich neun
Stunden Programm. Die übrige Zeit wird mit einem
Mantelprogramm aus dem BFBS-Stammhaus in London gefüllt. Die
46 Mitarbeiter dort
versorgen auch die Stationen in Gibraltar, Hong Kong, Belize,
Brunei, Kroatien, Nordirland, Zypern und auf den
Falkland-Inseln - BFBS ist
ein weltumspannendes Netz.
weiterer Link:
Der Berliner Rundfunk |
oben |
WOLFGANG BENZ beschreibt in den Informationen zur Politischen Bildung 259 die Rundfunkpolitik in der SBZ:
In der Ostzone begann der Rundfunkbetrieb am 13. Mai 1945 mit den Sendungen "Hier spricht Berlin!" aus dem "Haus des Rundfunks" in der Masurenallee, der ehemaligen nationalsozialistischen Sendezentrale. Daraus entwickelte sich unter Kontrolle der sowjetischen Militärregierung der Berliner Rundfunk, dem im Oktober 1945 in Leipzig der "Mitteldeutsche Rundfunk" folgte.Wenig später waren die Landessender Dresden und Schwerin und ab 1946 auch die Stationen in Weimar, Potsdam und Halle betriebsbereit. Politisch zuständig war - immer unter der Zensurhoheit der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) - die Abteilung für kulturelle Aufklärung der "Zentralverwaltung für Volksbildung". Unter dem "Generalintendanten des deutschen demokratischen Rundfunks" HANS MAHLE, einem 1945 aus der Moskauer Emigration zurückgekehrten Kommunisten, waren alle Sender der sowjetischen Besatzungszone verwaltungsmäßig und ideologisch straff zentralisiert. Am 12. Oktober 1949 übergab die sowjetische Militäradministration ihre Kontrollbefugnis über den Hörfunk an die Regierung der neugegründeten DDR.
Demokratisierung durch Entnazifizierung und
Erziehung
WOLFGANG BENZ
http://www.sensut.berlin.de/sensut/geschichte/ denkmal/pix/charlottenburg/rundfunk.jpg |
Der Berliner Rundfunk war zwar eine sowjetische kontrollierte Einrichtung (wie die Reichsbahn inklusive S-Bahn), aber das Funkhaus stand im Westen. Der von HANS PÖLZIG entworfene Bau in der Masurenallee 8-14 wurde 1931 eingeweiht. Da es seit 1953 das Hauptgebäude des Sender Freies Berlin ist und immer noch benutzt wird, ist es das älteste Funkhaus Westeuropas in Betrieb. Am Tag des Offenen Denkmals konnte es kürzlich besichtigt werden. | http://www.oldradios.de/sfb4.jpg |
Die PDS sieht die Aktivitäten des Berliner Rundfunks noch fast wie zu DDR-Zeiten die SED:
Die Westalliiierten wollten den BR als kritisches, sowjetisch beeinflußtes Informationsmedium für Berlin ausschalten. Das Hauptgebäude des Berliner Rundfunks - der zur SBZ gehörte - stand zu dieser Zeit in der Masurenallee heute SFB) in Westberliner Bezirk Charlottenburg, gleich neben dem Funkturm. Hier arbeiteten solch bedeutenden Journalisten wie EGGEBRECHT, WOLF, SCHNITZLER, MAHLE. In Vorbereitung der Alliierten - Luftoperation wird nun der BR aufgefordert, seine Sendetürme abzubauen. Die befanden sich in Berlin-Tegel, angeblich würden sie die Alliierten - Flugzeuge behindern. Obwohl der BR protestierte, erfolgte die Sprengung der Sendetürme durch die Alliierten. Der BR baute kurzfristig den Sendeturm bei Königs Wusterhausen auf. Der Sender wird nun direkt im Hauptgebäude behindert. - alliierte Streitkräfte und westberliner Polizeikräfte riegeln den Sender von der Außenwelt ab. Zusätzlich wird um das Gebäude eine Stacheldrahtzone aufgebaut -ein früher westberliner Vorgriff auf die 1961 von der DDR-Seite errichteten "Mauer". Der BR wird regelrecht ausgehungert - nach 2 Monaten verläßt der letzte Journalist das Haus.
Damals weniger bekannt, heute eher mehr, war auch MARKUS WOLF Reporter beim Berliner Rundfunk in der Masurenalle. U.a. berichtetee er vom Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß, wo er selbst vor Ort war. WOLF war aus dem sowjetischen Exil nach Berlin gekommen und von der SMAD sofort im Berliner Rundfunk eingesetzt.
In der Nalepastraße in Ostberlin entsteht dann das neue Gebäude des BR. Aus dem Gebäude des Berliner Rundfunks in der Masurenallee wird nun das "Haus des Rundfunks". Ab 1957 ist es fest in der Hand des SFB.
Nach der "Wende" 1989 wenden sich die Ereignisse. Das Gebäude des BR in der Nalepastraße mit seinen hervorragenden Studio- und Aufnahmeräumen wird von der Treuhand beschlagnahmt - der BR mit seinen Journalisten wird in die Wüste geschickt. Nur wenige sind heute übriggegeblieben und betreiben den Sender weiter - in einem Ministudio. Der SFB in der Masurenallee wird mit der Wende von staats- bzw. senatswegen der dominierende öffentliche Regionalsender.
Die oben erwähnte Aufforderung erfolgte vier Wochen vor der Sprengung. Da fällt es schwer, an Willkür zu glauben. Allerdings waren beide Seiten an der Sprengung interessiert, um die eigene Macht oder die angebliche Willkür des Gegners zu beweisen. Besser informiert der Katalog "Auftrag Luftbrücke".
Politisch war der Betrieb des kommunistischen Berliner Rundfunks ein Kuriosum: Techniker und Redakteure waren Deutsche, das Programm wurde von Russen kontrolliert, das Funkhaus Masurenallee befand sich im britischen Sektor, das Modulationskabel zwischen Studio und Sender verlief über das Verstärkeramt im amerikanischen Schöneberg, und die Sendeanlage stand im französisch besetzten Tegel...
Sehr bald waren die Flughäfen Tempelhof und Gatow total überlastet, und so wurde in der Nähe des Sendergeländes mit dem Bau des Flugplatzes Tegel begonnen...
Der französische Stadtkommandant General JEAN GANEVAL schrieb am 20. November 1948 an den Intendanten von Radio Berlin und teilte ihm mit, daß die Franzosen gezwungen seien, diese Hindernisse zu zerstören, um die Flugsicherheit zu gewährleisten. Die sollte nicht vor dem 16. Dezember 1948 geschehen. Somit wäre dem Berliner Rundfunk Zeit geblieben, den Abtransport der Antennen vorzunehmen. Doch der Intendant reagierte nicht.
Auf Befehl GANEVALs besetzten am Morgen des 16. Dezember 1948 französische Pioniere das Sendegelände und legten Sprengladungen an die Fundamente der Antennen. Um 10.45 Uhr erfolgte die Zündung...
Das Sendergebäude mit seinen technischen Einrichtungen hatte die Sprengung der Antennen schadlos überstanden. Es wurde mit Zustimmung der Franzosen innerhalb von drei Tagen von der ostdeutschen Post abgebaut und mit sowjetischen Lkws zur Funkstelle Königs Wusterhausen transportiert.
GÜNTER ERLER:
Sendepause
Die Sprengung der Antennenanlagen in Berlin-Tegel
in: Auftrag Luftbrücke
Der Himmel über Berlin 1948-1949
Deutsche Technikmuseum / Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 1998
S. 234 f.
Wie "kritisch" dieses "Informations-" Medium Berliner Rundfunk war, zeigen einige Zensurmaßnahmen:
Als ab dem Spätherbst 1945 die SMAD auf die baldige Vereinigung von KPD und SPD drang, und die Kommunisten daraufhin in einer großangelegten Kampagne zur Schaffung einer einheitlichen Arbeiterpartei aufriefen, wurden Sozialdemokraten, die im Ruf standen, Gegner einer Einheitspartei zu sein, nicht mehr vor das Mikrofon gelassen. Auch die Vertreter der anderen Parteien bekamen nun die mit den Sowjets abgestimmte Politik des Senders zu spüren. Im Herbst 1945 reichte der den Sowjets unliebsame CDU-Politiker ANDREAS HERMES, Mitglied des Parteipräsidiums, ein Vortragsmanuskript beim "Berliner Rundfunk" ein. Erst am Mikrofontisch erhielt er es zensiert zurück. Aus Protest verließ er das Aufnahmestudio. Ähnlich erging es dem FDP-Politiker und späteren ersten Bundespräsidenten THEODOR HEUSS, als er am 18. März 1946 im Haus des Rundfunks einen Vortrag "Um Deutschlands Zukunft" hielt. Ihm war zunächst die Rundfunkübertragung seiner Rede zugesichert worden; kurzfristig untersagten dann jedoch die sowjetischen Behörden die Sendung.
Ätherkrieg über Berlin. Rundfunk als Instrument politischer Propaganda (von WILFRIED ROGASCH)
Über den Bayerischen Rundfunk informierte 1999 eine
Ausstellung im Museum für Post und Kommunikation,
Nürnberg, Der
Ton. Das Bild. Die Bayern und ihr Rundfunk 1924-1949-1999 Katalog: "Der Ton. Das Bild. Die Bayern und ihr Rundfunk 1924-1949-1999", Augsburg: Haus der Bayerischen Geschichte 1999, 342 S., ISBN: 3-927233-66-8, Preis: DM 29.- Die Ausstellung wurde rezensiert für H-Soz-u-Kult von Elfie Rembold. |
http://www.hco.hagen.de/museen/aus-rez/pix/reimold99-1.jpg |
Wie der Rundfunk auch während der Nachkriegszeit im Dienste der damaligen Machthaber, der Amerikaner stand, zeigen Programmpläne zur "re-education" der Bayern. Aus dem Reichssender war nun "Radio Munich" geworden. Wie die Umerziehung nicht nur über Bildungs- und Aufklärungsprogramme, sondern ganz entscheidend auch über die Verbreitung amerikanischer Jazzmusik erfolgte, zeigt besonders eindrucksvoll eine Originalwand, deren Graffiti eine Szene aus dem amerikanischen "Penguin Club" darstellt. Dieser befand sich auf dem Gelände des heutigen Studios Franken, wo die Wand bei Renovierungsarbeiten entdeckt wurde. Ihr historischer Wert wird ihr nach der Ausstellung einen Platz im Haus der Geschichte in Bonn sichern.
Für Interessierte, die die Ausstellung in Nürnberg nicht besuchen können, haben die Mitarbeiter des HDBG und des BR eine ebenfalls sehr gelungene, virtuelle Präsentation auf ihre webpage (http://www.bayern.de/HDBG/75jahre.htm und http://www.br-online.de) gelegt. Dort finden sich nicht nur viele Abbildungen der in der realen Ausstellung gezeigten Gegenstände, sondern der websurfer hat auch hier die Gelegenheit - sofern die technischen Voraussetzungen gegeben sind - sich die Radiostimmen im O-Ton anzuhören.
http://www.br-online.de/br-intern/75jahre/ausstellung/technik/img/schulfunkanlageb.jpg
Schulfunkempfangsgerät Telefunken, Typ München 1B, mit Anschluß für Mikrofon und mehrere Zusatzlautsprecher, 1947.
Der NWDR |
oben |
Der NWDR ist ein Beispiel für den Einfluß, den die Politik auf den Rundfunk gewann. Dabei war das von der britischen Militärverwaltung nicht gewünscht. Wie es doch dazu kam, schildert HORST OHDE.
HORST OHDE: Von "Radio Hamburg" zum "NDR"
November 1996 - ZMMnewsONLINE -
Zentrum für Medien und Medienkultur - Universität Hamburg
Die Medienlandschaft der Nachkriegszeit war durch die Aufteilung in Besatzungszonen geprägt. Hamburg lag im Zentrum des nördlichen Teils vom ehemaligen deutschen Reichsgebiet, der als Besatzungszone den Briten zugefallen war. Auf der Grundlage alter Provinzabgrenzungen von 1937 wurden mit einigen Änderungen Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen (die alte Provinz Hannover) und Nordrhein-Westfalen (aus der alten nördlichen Rheinprovinz und Westfalen zusammengeschlossen) der Britischen Zone zugeschlagen. Bremen erhielt als amerikanische Enklave einen Sonderstatus. Die Briten begannen sofort nach der kampflosen Besetzung Hamburgs am 4. Mai mit Rundfunksendungen: quot;This is Radio Hamburg, a station of the Military Government". Sie hatten in Bezug auf den Rundfunk zwei strategische Ziele, die sie aber - so meine These - beide nicht erreicht haben. Sie wollten an einem zentralistischen Besatzungs- und Verwaltungssystem festhalten und das - nach eingeübtem BBC-Muster - auch auf den deutschen Rundfunk anwenden. Es entstand eine Rundfunk-Administration, die halb Deutschland umfaßte. Doch war damit auch Zündstoff für die politische Mediendebatte der folgenden Jahre gelegt. Der Traum vom dauerhaften NWDR mit dem Zentrum Hamburg war 1956 ausgeträumt...
Ein anderer Punkt, in dem die Sieger eine Niederlage hinnehmen mussten, war der Versuch, den Rundfunk vom Zugriff der Parteien freizuhalten. De iure war "Radio Hamburg", wie der NWDR zunächst hieß, 1945-47 eine Abteilung der Britischen Militärregierung. Doch war dies als provisorische Übergangsregelung gedacht mit dem Ziel, dem Sender einen legalen Status innerhalb des zukünftigen staatlichen Verfassungsgefüges Deutschlands bei fortdauernder Kontrollfunktion durch die Alliierten zu geben. Hierbei kam einem englischen Zivilisten in Uniform die Hauptaufgabe zu. Es war dies HUGH CARLTON GREENE, der im Oktober 1946 als Chief Controller die Leitung des Rundfunks in der Britischen Zone übernahm und sofort verkündete, er sei gekommen, um sich überflüssig zu machen...
Man wählte eine Konstruktion, die für Demokratie-Träume und politische Machtpläne gleichermaßen geeignet war, und schuf ein Kontroll-Gremium, den "Hauptausschuß". Dieser hatte den exekutiven "Verwaltungsrat" zu wählen, der wiederum einen "Generaldirektor" als Leitungsspitze der Anstalt küren sollte. Diese Struktur ist bis heute im NDR weitgehend erhalten geblieben... Erstaunlich für unsere Ohren, wie sich die Briten die Zusammensetzung des Hauptausschusses vorstellten. Danach sollte das Gremium aus 11 Mitgliedern bestehen. Hochkarätig darin die 4 Länderchefs (Ministerpräsidenten und Erster Bürgermeister), was allein schon zeigt, welche Bedeutung man dem Medium beigemessen hat. Dann - man höre und staune! - sollten die Rektoren der Universitäten Bonn, Münster, Göttingen und Kiel in diesem Gremium vertreten sein. Nicht auszudenken, welchen Weg die Medienpolitik hätte einschlagen können, wenn unseren Hochschulen ein solches Mitspracherecht eingeräumt worden wäre. I had a dream! - Interessant sind insgesamt die britischen Vorstellungen von gesellschaftlicher Repräsentanz und eine offensichtliche Tendenz, parteipolitischen Einfluß zu verhindern.
Der Widerstand aber, auf den GREENE gerade deswegen bei seinen Verhandlungen mit den Deutschen stieß, war erheblich, eine erstaunlich starke politische Lobby setzte sich schließlich durch:
Neben den vier Länderchefs saßen nicht die Rektoren großer Universitäten, sondern "Vertreter des Erziehungswesens". Das hieß im Klartext: der Hamburger Bürgermeister MAX BRAUER brachte seinen Schulsenator LANDAHL mit, Ministerpräsident KOPF aus Niedersachsen seinen Kultusminister ADOLF GRIMME. Und so fort. Für die Mehrzahl der (dann insgesamt 16) Repräsentanten galt zu Recht die Annahme, daß sie als Abgesandte der Parteien bzw. ihr nahestehender Organisationen im Gremium saßen.
Entsprechend wurde der Hauptausschuß weitgehend nach Parteiinteressen gewählt. Von seinen Mitgliedern besaßen "lediglich zwei oder drei fachliche Qualifikationen"(D.L.SCHAAF). So wundert es nicht, daß auch der erste gewählte Generaldirektor, ADOLF GRIMME, kein Funk-Fachmann war. GREENEs hartes Urteil: "Die Welt des Rundfunks war ihm fremd."
Mit der Sicherung der Aufsichtsgremien im Sinne der Länderregierungen und deren Parteien waren im Laufe des Jahres 1948 die Weichen gestellt, auch den Zugriff auf Programm und auf die Programmacher zu verstärken. HEINRICH RASKOP, der neue Vorsitzende des Verwaltungsrates, katholisches CDU-Mitglied aus Nordrhein-Westfalen, machte sich zur Speerspitze der konservativen Kritik am "roten" NWDR. Doch wissen wir durchaus auch von handfesten Angriffen etwa des Hamburger SPD-Bürgermeisters MAX BRAUER auf Sendungen des Rundfunks. Im Verwaltungsrat forderte man bald dringend Mitsprache bei der Programmgestaltung. Grundlage war ein schwerer und folgenreicher Konstruktionsfehler des NWDR-Statuts, wonach die Verantwortung für das Programm nicht allein beim Generaldirektor lag, sondern dieser "Weisungen des Verwaltungsrates über die Gestaltung des Rundfunkprogramms (!) und insbesondere die von ihm zur Wahrung der politischen Unparteilichkeit gegebenen Anordnungen zu befolgen" hatte.
JANE SHATTUC beschreibt den Versuch, die richtige Methode zur Umerziehung der Deutschen zu finden:
Television, Tabloids and Tears. FASSBINDER and Popular Culture (Ausschnitte)
Der für die Wiederherstellung der Informationsmedien in der britischen Besatzungszone verantwortliche Generalmajor ALEX BISHOP hielt sich bei der Ausübung unverholener Umerziehungsmaßnahmen mit Hilfe des Britischen Senders, Nordwestdeutscher Rundfunk (NWDR) in Hamburg, zurück. BISHOPs öffentliche Position war, daß es die Rolle des britischen Besatzungsrundfunks sein sollte, "für die britische Zone Deutschlands einen Home Service, ähnlich dem BBC Home Service zur Verfügung zu stellen (...) dessen Zuhörerschaft beizubehalten und eine neue Tradition deutschen Rundfunks zu errichten. Der NWDR darf sich nicht zu offensichtlich um die Umerziehung der Zuhörerschaft sorgen, nicht einmal den Versuch unternehmen, deren kulturelles Niveau zu heben. Es wird weder der Bereich der Unterhaltung zu offensichtlich erbaulich sein, noch wird der informative Bereich zu lehrhaft gestaltet. Eine übertriebene Gewichtung seitens des NWDR auf die politische und geschichtliche Umerziehung der Deutschen wird dessen Glaubwürdigkeit zerstören. Folglich soll die explizite Darstellung 'globaler' oder 'britischer' Sichtweisen der aktuellen und der vergangenen Ereignisse gegenüber der deutschen Bevölkerung mit anderen Mitteln erfolgen." Der britische Beitrag zur deutschen Umerziehung war durch diese "anderen Mittel" gekennzeichnet, welche in das institutionelle System des deutschen Rundfunks eingebunden waren.
Auch wenn der NWDR seinen Sitz in Hamburg hatte, wurde Köln nicht vernachlässigt. In Nordrhein-Westfalen wurde UKW eher erprobt als in Hamburg und auch in Düsseldorf hatte die Anstalt ein Studio (wofür allerdings die Stadt die Initiative ergriffen hatte).
http://www.nrw2000.de/ausstellung/nrw/pics_nrw/einweihung%20Funkhaus.jpg
Über die Einführung der Ultrakurzwelle berichtete der SPIEGEL: R U N D F U N K - Klang unterm Mikroskop
... Mit dieser allerersten UKW-Sendung löste der NWDR sein Ultrakurz-Versprechen ein. Zum klitzekleinen Teil allerdings erst: vorläufig geht nur Köln mit seinen Strahlern Köln Hochhaus und Langeberg sechs Stunden am Tag auf Hörerfang aus.
Das tut bitter not. "Wir stehen vor einem Novum", sagen die NWDR-Oberen in Hamburg. Auch das ab 14. Mai produzierte Nord-Programm muß sich wie der dann um zwei Wochen ältere Bruder im Westen erst einmal in den leeren Raum vortasten. "Wir beginnen praktisch ohne Hörer."
... Alle Angriffe auf die per Mittelwelle gefunkte Mittelmäßigkeit aber wurden immer wieder auf das Abstellgleich des seit Kopenhagen projektierten UKW-Programms generaldirigiert.
... Die Tür ist nun aufgegangen. Ultrakurz liegt offen vor aller Ohren. Sechs Programmstunden täglich hat UKW-West vorerst bis 17. Juni vorausdisponiert. Eine Stunde am Nachmittag von 16 bis 17 Uhr, vier Hauptsendestunden am Abend, von 19 bis 23 Uhr. Die eine Vormittagsstunde, von 11 bis 12, ist eine Art Probe- und Vorführstunde für Radiohändler, die UKW-Geräte an den Kunden bringen wollen.
Die UKW-Geräte werden erst zögernd angeboten. Blaupunkts Vorsatzgerät kostet 169 DM, komplette Super mit UKW-Bereich zwischen 259 für den 5-Röhren- und 438 DM für den 7-Röhren-Apparat. Aber noch sind die Läger der Einzelhändler durch die bisherigen Geräte ohne UKW-Bereich blockiert. Die Industrie macht erst zögernd Anstalten, UKW-Geräte zu propagieren. Die Düsseldorfer Rundfunk-Ausstellung vom 18. bis 27. April wird darin Wandel schaffen.
Kristallisationspunkte des UKW-Programms sind die regionalen Sendungen. In der Kölner Mittwochabendsendung sollen die Hobbies, die unterschiedlichen privaten Neigungen des kleinen Mannes vom Briefmarkensammeln bis zu Esperanto angesprochen werden. "Zwischen Rhein und Ruhr" bringt etwas für jeden UKW-Hörer, im Norden heißt die entsprechende Sendung "Von Land und Meer".
Denn inzwischen hat auch UKW-Nord mit der Programmplanung ab 14. Mai begonnen. Nord sendet von 12 bis 13.30 und von 17 bis 00.00 Uhr. Das sieht dann etwa so aus:
U K W - N o r d - P r o g r a m m f ü r F r e i t a g , 1 9 . M a i :
12.00 Unterhaltungsmusik
12.30 Unterhaltungsmusik
17.00 Unterhaltungsmusik
19.00 Unterhaltungsmusik
19.45 Unterhaltungsmusik
20.15 Tanzmusik
21.30 Hörfolge um Münchhausen
22.15 "Aber dies, aber das", Lönsliederspiel
23.00 Tanzmusik
23.30 Tanzmusik
Dazwischen um 13.00, 18.00, 20.00 und 22.00 Uhr Nachrichten, um 18.50 Uhr: "Von Land und Meer."
... "Akustik des Biedermanns" nannte der sonst den NWDR mit milden Ohren hörende "Welt"-Funkbeobachter PETER COULMAS, Schwager des neuernannten NWDR-Programmdirektors und bisherigen Oberregierungsrates im Niedersächsischen Kultusministerium Dr. WERNER PLEISTER, diesen Hörspiegel der Mittelmäßigkeit. "Wir müssen erst aus der Enge des alten Funkhauses heraus", beschwichtigt Intendant HARTMANN in Köln. Und Hamburg: Wir bekommen unseren UKW-Hörerkreis nur, wenn wir Unterhaltung bieten.
... Der kleine Mann spielt in der Argumentation des NWDR statistisch eine große Rolle. Aus Umfragen habe sich das unerwartet rege UKW-Interesse der unteren Bevölkerungsschichten ergeben.
Gerade Bergleute und Arbeiter seien von jeher geneigt gewesen, sich ein gutes Gerät zu kaufen. Während in Niedersachsen und Hamburg nur 18 Prozent der Hörer über neue Geräte verfügten, sind es in Nordrhein-Westfalen Land 32 Prozent, davon 46 Prozent Bergleute. Die Kleingeräte sind uuml;berwiegend beim bürgerlichen Mittelstand zu finden...
DER SPIEGEL 18/1950
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RIAS-Pausenzeichen (real audio)
http://www.riasberlin.de/us-index.html
Der RIAS als Rundfunkanstalt existiert nicht mehr, aber das Orchester und das ehemalige RIAS-Gebäude erinnern noch an ihn. Heute verwaltet Deutschlandradio Berlin eher schlecht als recht das Erbe. Außerdem hat eine deutsch-amerikanische "RIAS BERLIN COMMISSION" die Erforschung seiner Geschichte übernommen. Ein Ergebnis ist
http://www.scripps.ohiou.edu/rias/14.gif |
http://www.scripps.ohiou.edu/rias/post.gif |
Founded by the United States of America, DIAS (Wire Broadcasting in the American Sector), later to be known as RIAS (Radio in the American Sector), started broadcasting on February 7, 1946.
From the Blockade of 1948/49 to June 17, 1953, from the KHRUSHCHEV ultimatum to the erection of the Wall, from the KENNEDY visit to the first Agreement on Permits, up to November 9, 1989, when the Wall finally came down: RIAS BERLIN was THE Berlin radio station reporting live from the scene.
RIAS BERLIN, as the radio station in the divided city, was always at the center of the East-West conflict. At no time, however, did it run the risk of turning into a propaganda station. RIAS remained committed to the tradition of rational, critical American journalism. Thus, it was credibility that distinguished this station. Reunification and the abolition of Berlin's special status made it necessary to incorporate the station, still under American administration, into the German radio landscape and to give it a new legal and financial basis.
This was implemented on June 17, 1993 with the signing of the "Radio Transformation Treaty" by the German states and the Federal Government. It was ratified by the "Broadcasting Restructuring Act" on Dec. 20, 1993. RIAS BERLIN, "Deutschlandfunk" and "DS-Kultur" were charged with setting up a legally responsible public body as a joint institution of ARD and ZDF to create two nation-wide radio programs. This public broadcaster, known as "Deutschlandradio", has headquarters in Cologne and Berlin. Neither program carries commercials; their main emphasis is on information and culture. Since January 1, 1994, DeutschlandRadio Berlin broadcasts on the former RIAS--frequency FM 89,6.
Chronology of RIAS and the RIAS Berlin Commission
Der RIAS war sowohl mit seinen Informationssendungen als auch mit seinem Kabarett "Die Insulaner" (vgl den nächsten Surftipp) das Informationsprogramm der Westberliner, zumal der SFB erst 1953 gegründet wurde (und sein Programm mit der Freiheitsglocke begann, vgl den vorigen Surftipp).
Vor allem in Berlin stand der Rundfunk beim Wettkampf der ideologischen und politischen Systeme im Mittelpunkt, seine Sendungen, ausgestrahlt im Westen über den RIAS Berlin und im Osten über den Berliner Rundfunk, spiegelten den Kalten Krieg auf unnachahmliche Weise wider. Nach je unterschiedlichen Dispositionen beteiligten sich die remigrierten Publizisten, Schriftsteller und Politiker an den Auseinandersetzungen. So warb der in der Weimarer Republik bekannt gewordene Dramatiker CARL ZUCKMAYER, der in die Vereinigten Staaten emigriert war, in Rundfunksendungen um Verständnis für dieses Land. ERNST REUTER, aus der Emigration in der Türkei zurückgekommen, erhielt als Berliner Oberbürgermeister im RIAS eine eigene Sendereihe mit dem Titel "Wo uns der Schuh drückt". Im Berliner Rundfunk bestritt der West-Remigrant FRIEDRICH KARL KAUL juristische Sendereihen, während andere, auch aus dem Westen Zurückgekehrte personellen Säuberungswellen beim Rundfunk im Osten zum Opfer fielen. "Rückkehr in die Fremde?" - Remigranten und Rundfunk in Deutschland 1945-1955 a.a.O. |
http://www.scripps.ohiou.edu/rias/building.gif |
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Über die dem Südwestrundfunk vorausgegangenen Rundfunkanstalten habe ich nur einen nennenswerten Text gefunden, und zwar eine Buchbesprechung von AXEL SCHILDT (Hamburg)
Der Vergleich zwischen den beiden Anstalten gewinnt schließlich Profil durch die Gegenüberstellung der jeweiligen ersten Intendanten, des konservativen und CDU-nahen musischen Intellektuellen FRIEDRICH BISCHOFF beim SWF und des aus dem Exil zurückgekehrten Staatswissenschaftlers und ehemaligen Funktionärs des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) FRITZ EBERHARD (geboren als HELLMUT VON RAUSCHENPLAT, die außer ihrem Geburtsjahr 1896 wenig gemein hatten (S. 120). So wie die Intendanten der ersten Phase mußten auch alle anderen Mitglieder der Rundfunkgremien in den Alltag ihres Verwaltungs- und Kontrollhandelns erst allmählich hineinfinden, denn quot;Beziehungnetze" (S. 137) waren ja nicht von vornherein gegeben; DUSSEL betrachtet vor allem die Parteilager und hält für den SDR die "unverhohlene Anerkennung" der CDU für das "straffe Management" der vom Verwaltungsratsvorsitzenden ALEX MÖLLER offenbar souverän koordinierten sozialdemokratischen Rundfunkpolitik fest (S. 148).
Im zweiten Teil der Studie zur "Anstaltsgeschichte aus Gremiensicht" wird zunächst die mitunter (beim SWF z.B. 1951/52 und 1965/66) kontrovers geführte Diskussion um den Finanzhaushalt beleuchtet, danach geht es um die Diskussion der Einführung der UKW-Hörfunktechnik und des Fernsehens, des Werbefunks und Werbefernsehens Anfang der 50er Jahre und schließlich der Dritten Programme und des Farbfernsehens ein Jahrzehnt später. In einem "Zwischenfazit" (S. 267) wird den Aufsichtsorganen der Anstalten bescheinigt, ihrer Rolle insgesamt durchaus gerecht geworden zu sein. Allerdings sei deren Entscheidungsspielraum ohnehin nicht zu überschätzen, da für alle genannten großen Entscheidungen die Anstöße von außen gekommen seien.
In weiteren Kapiteln des zweiten Teils werden die Stellungnahmen der Gremien zum Hörfunk- und Fernsehprogramm geschildert. Hier wird der eher spröden Materie der Sendeanstaltsbürokratie durch einige für die (politische) Kultur jener Zeit typische Beispiele Leben eingehaucht. Erwähnt wird der Kampf um die morgendliche "Rasiermusik" (S. 281), bei der eine "Vertreterin des Erziehungswesens" des SWF-Programmausschusses forderte, die Schlager durch Wander- und Volkslieder zu ersetzen und der Intendant FRIEDRICH BISCHOFF Anfang der 50er Jahre "so manchen Schlager" verbot (281); interessant ist auch die Schilderung von dessen Kritik (1950) an einem politischen Kommentar, der "allzusehr den Widerstand der SPD gegen den Bolschewismus in der Ostzone herausgestellt" habe (S. 305). Der heftig diskutierte Fall der BACH-Kantaten im 'Bachjahr' 1950, deren Übernahme vom Leipziger Sender in der ARD nur vom Intendanten des SDR, FRITZ EBERHARD, mit prinzipiellen 'antibolschewistischen' Argumenten sogar gegen das Mehrheitsvotum seines Rundfunkrats abgelehnt wurde (S. 316 f.), wirft ein Streiflicht auf kulturelle Momente des Kalten Krieges, ebenso wie die Diskussionen über kritische Inhalte des berühmten Radio-Essays beim SDR, das von ALFRED ANDERSCH geleitet wurde. Auch beim Fernsehen gab es einigen Ärger um Programme, die nicht allen Gremienmitgliedern genehm waren. Als harmloses Beispiel sei genannt ein satirischer Beitrag des Düsseldorfer Kabaretts 'Kom(m)ödchen' über eine Stellungnahme der katholischen Bischöfe zur Mischehe 1958. Zum zeitgenössischen Skandal geriet ein Fall von verschleierter Zensur, für den der Intendant des SWF verantwortlich gewesen war. BISCHOFF hatte nämlich dafür gesorgt, daß ein Programm des Kabarettisten WOLFGANG NEUSS plötzlich durch eine fingierte 'Tonstörung' abgebrochen wurde (S. 378); der 'Spiegel' berichtete über den Schwindel.
Hintergrundmusik: Choo2XG.MID