WWW-Tipp der Woche 48/2000

WWW-Tipp der Woche 48/2000

Von Koka zu Kokain
Sigmund Freud
Die Iran-Contra-Affäre
Exkurs: Der Spiegel
Exkurs: meine Einstellung zu Drogen

Von Koka zu Kokain

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In ihrer Hausarbeit Drogen  und Gesellschaft - Einführung in die Sozialgeschichte der Medizin II gehen MARIA-LUISE FREITHOFNIG und CORNELIA SIMBÖCK bis in die Antike zurück. ULLICH STEYBE behandelt in seiner Prüfungsarbeit Kulturhistorische Aspekte des Drogenkonsums in Europa, insbesondere, Tabak, Opium und Alkohol, aber nicht Kokain. Damit möchte ich mich aus aktuellem Anlaß aber beschäftigen.

Noch im 18. Jahrhundert waren Drogen in vielen Ländern frei zugänglich. Lediglich läßt sich ein Trend zur Apothekenpflicht feststellen. Das ist naheliegend, wurde doch z.B. Morphium zur Schmerzbekämpfung erfolgreich eingesetzt, seit der Apotheker FRIEDRICH W. A. SERTÜRNER vor 190 Jahren durch die Isolierung von Morphium wesentlich zur klinischen Schmerztherapie und zur Entwicklung der Anaesthesiologie beigetragen hat. Die nach ihm benannte SERTÜRNER Gesellschaft Einbeck e.V. widmet sich Fragen der Schmerztherapie und Anaesthesiologie und vergibt einen SERTÜRNER-Preis.

Vgl. Local Analgesic Drugs.

Nicht nur Heroin, sondern auch früher entwickelte Drogen beschreiben BETTINA PAUL / HENDRIK WALTHER: Ein Jahrhundert Heroin:

Kokain ist nicht als Schlafmittel gebräuchlich, sondern dient eher dazu, Schlaf zu verhindern. Das machte es zu einer beliebten Droge bei "LeistungsträgerInnen". Da es schmerzunempfindlich macht, wurde es aber auch in der Medizin eingesetzt, sogar an der Charité (vgl Surftipp 14/2000):

Schon bei den AndenbewohnerInnen, die Coca anpflanzen, hat das Kauen der Blätter ähnliche Wirkung, ist aber nicht so gefährlich wie ihr isolierter Bestandteil (weniger als 1% Anteil) Kokain. Deshalb hatten bereits im 16. Jahrhundert spanische Mediziner mit der Anwendung als Medikament experimentiert.

Trotz des Titels FREUDs magical drug, der sich auf SIGMUND FREUD bezieht, informiert dieser Aufsatz ausführlich über den Gebrauch der Coca-Pflanzen in Südamerika vor der Eroberung und über den Kampf der katholischen Missionare dagegen nach der Eroberung. Statistische Daten über die Anwendung von Coca in den Anden hat Die Geschichte der Coca-Pflanze.

Im 19. Jahrhundert wurde es von breiteren Bevölkerungsschichten genommen und sogar Kindern angeboten, wie in dieser Anzeige von 1885:

Auch Königin VICTORIA, WINSTON CHURCHILL und SIGMUND FREUD nahmen Kokain. Aus Coca Cola wurde Kokain erst 1903 entfernt und 1914 in den USA völlig verboten. Vorausgegangen war eine rassistische Kampagne von Südstaatlern, die unterstellten, Kokain würde Negern übermenschliche Kräfte geben und sie (sofern männlich) zur Vergewaltigung weißer Frauen anstacheln. (Beispiel)

Bis 1916 konnte man Kokain bei Harrods kaufen. Vgl. In Search Of The Big Bang. What is Crack Cocaine?

Die Wirkungen der Droge dokumentieren Emergency Medicine: Toxicity, Cocaine und Kokain

Ausführliche Informationen über Drogenpolitik bietet The history of legislative control over opium, cocaine, and their derivates by DAVID F. MUSTO, MD. Kürzer ist die Cocaine-timeline. Und auf deutsch Die Geschichte der Drogenprohibition.

Bei der Johns Hopkins Universität ist auch (ich erwähnte bereits in Surftipp 32/1999 RACHEL P. MAINES Buch über die Geschichte des Vibrators) über die Geschichte des Kokains ein Buch erschienen:

So wie Morphium entwickelt wurde, weil Kokain süchtig machte (und angeblich selber diese Wirkung nicht hatte), wurde Heroin erfunden, weil Morphium süchtig machte (und weil es selbst angeblich diese Wirkung nicht hatte). Der Erfinder arbeitete bei Bayer (Hätte CHRISTPH DAUM dort vertrauensvoll nach Heroin gefragt, wäre er vielleicht heute noch Trainer).

Neuerdings kann man bei Kokain auch ermitteln, wo es herkommt. Bis zu Kokainproben, bei denen ExpertInnen Anbaugebiet, Lage und Jahrgang schmecken, ist aber noch ein weiter Weg. (Ich war mal bei einer Weinprobe von zwei Freunden dabei. Mit beiden konnte ich normalerweise vernünftig reden, aber bei der Gelegenheit waren sie völlig verändert und interessierten sich nur noch für solche Details. Mich versorgten sie mit Schokolade. Zu lesen gab es nichts. Es war furchtbar langweilig.) Noch braucht man die Chromatographie, um solche Erkenntnisse zu gewinnen:

Sigmund Freud

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Vor 2 Jahren erregte ein niederländisches Buch Aufsehen und negative Besprechungen, das sich mit FREUDs frühen Jahren beschäftigte. Der Autor HAN ISRAËLS versprach:

In der deutschen Ausgabe verteidigt sich der Autor:

Schriften über Kokain
SIGMUND FREUD
Herausgegeben und eingeleitet von ALBRECHT HIRSCHMÜLLER

Preis: DM 16,90, EUR 8,64
Taschenbuch - 185 Seiten (1996)
Fischer-Tb.-Vlg.,Ffm
ISBN: 3596104580

http://images-eu.amazon.com/images/P/3596104580.03.MZZZZZZZ.gif
HAN ISRAËLS
Der Fall FREUD
Het geval FREUD)
Die Geburt der Psychoanalyse aus der Lüge
Aus dem Niederländischen von GERD BUSSE
Broschur, 250 Seiten
DM 36,-/sFr 35,- / öS 263,-
ISBN 3-434-50454-0

http://www.bbpp.de/tagesnachrichten/fallfreud.jpg

Weitere Links:

Die Iran-Contra-Affäre

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Als die REAGAN-Administration die sandinistische Revolutionsregierung in Nicaragua beseitigen wollte, scheute sie auch vor illegalen Aktionen nicht zurück. Obwohl aus amtlichen Dokumenten und Anhörungen viele Mosaiksteinchen zusammenkamen, hat nur ein Provinzjournalist, GARY WEBB von den San Jose Mercury News daraus ein Bild gemacht, die großen Zeitungen und Nachrichtenagenturen haben das Thema verpaßt - New York Times, Washington Post und L.A. Times griffen stattdessen den kleinen Konkurrenten an.

Wie WEBB herausfand, hat der Drogendealer RICKY ROSS tausende Kilos Kokain vom Unterstützer der nicaraguanischen Contras OSCAR DANILO BLANDON geliefert bekommen und in Los Angeles South Central mit Wissen der CIA unter Afro-Afrikanern verbreitet und die dortige Crack-Welle der 80er Jahre ausgelöst.

Parascope hat Dokumente zum Onlineabruf zusammengestellt.

Crackwatch hat die CIA-Aktivitäten zusammengefaßt und weist auch auf die Entschärfung des Logos hin, mit dem die San Jose Mercury News ihr Dossier im Internet präsentierten. Zunächst wechselten in einer animierten GIF-Datei CIA-Logo und die Spritze eines/einer Drogenabhängigen, aber ab Oktober 1996 wurde das CIA-Logo entfernt. Secret History of the clandestine establishment of Narcocracy in the Americas. by ROBERT KNIGHT

In einem Senatsbericht wird zusammengefaßt:

weitere Links:

REAGANs "snow-job" hat dem Präsidenten nichts anhaben können, während CLINTON beinahe über einen "blow-job" gestürzt worden wäre. Allerdings hat CLINTON der CIA einiges erlaubt, um Arbeitsplätze in Arkansas zu sichern:

Exkurs: Der Spiegel

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Am 30. Oktober berichtete der SPIEGEL über die "Kokain-Gesellschaft" und behauptete, SCHILLER und GOETHE hätten gekifft. Das hatte das Nachrichtenmagazin aus einem Fachbuch, in dem die Schweizer "Wochenzeitung" zitiert wurde. Die hat inzwischen den Fehler aufzuklären versucht und durfte dem SPIEGEL einen Leserbrief schreiben. 1993 hatte Redakteur JOHANN SEIBT sich diese Behauptungen aus den Fingern gesogen. Die WOZ dokumentiert den Fall auf ihrer Homepage. Waren GOETHE und SCHILLER Kiffer? SPIEGEL: Ja! WoZ: Nein!

Und in einem weiteren Bericht (CONSTANTIN SEIBT: Zwischen Falsch und Fälscher. Die GOETHE-Tagebücher) heißt es:

Exkurs: meine Einstellung zu Drogen

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Bekanntlich interessiert mich Sport nicht. Drogen lassen mich auch kalt. Ich bin zwar kämpferischer, aber nicht missionarischer Nichtraucher. Meinem Freund PETER (der auch bei der erwähnten schrecklichen Weinprobe dabei war) erklärte ich, es komme darauf an, wie sich der Drogenkonsum anderer auf mich auswirke. Trinke jemand in meiner Gegenwart Alkohol, sei das kein Problem (kaum zu riechen, bei geringer Dosis keine Auswirkungen auf mich). Zigaretten würde ich sofort bemerken. Würde ich aber mit der Bahn fahren und der/die ZugführerIn rauche, sei mir das egal, bei Alkoholkonsum würde ich mir aber Sorgen um meine Sicherheit machen. Dabei formulierte ich ungefähr:

Dann bemerkte ich, daß mir die Wortwahl bekannt vorkam. PETER konnte ergänzen:

Wir hatten HIMMLERS Posener Rede vom 4.10.1943 zitiert/benutzt. Politisch korrekt ist das nicht, hat uns aber Spaß gemacht.

Hintergrundmusik: cocain.mid

 

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