Anders als frühere Werbekampagnen mit nackten Frauen fand ich zu einer Kampagne des Boulevardblatts "BILD" im November 2002 (alle Aufnahmen vom 10.11.2002) keine feministische Graffiti, aber immerhin eine offenbar religiöse und zerstörungsfreie Protestaktion mit Tesafilm, weißen Tapeten und Marienbildern (siehe unten).
Nach einem Bericht der "Aachener Nachrichten" haben einige BürgerInnen und insbesondere die Grünen gegen die Werbung bzw. das Zeigen der Plakate an Bushaltestellen protestiert. Außerhalb Aachens protestierten z.B. die Jusos Sachsens (dürfte eine politische Randgruppe sein) sowie die Arbeitgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen Kassel-Stadt dagegen, letztere "auch im Namen unserer ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger".
Wohl wahr, hat er aber auch die "Ich rauche gern"-Kampagne zu verhindern versucht? Ich kann auf die Prahlereien in BILD auch verzichten, zeigen sie mir doch vor allem, wie wenig ich in einer Stadt ohne Frauen erlebe. Und was will eigentlich dieser Lehrer ausdrücken, den das Blatt so zitiert:
... die sie durch den Unterricht doch sicher besser verstehen können, oder?
Die Zeitung zitiert auch einen ihr zugespielten Beschwerdebrief an den Werberat:
Wo diese Beschwerdeführerin die Vorbilder entdeckt hat, weiß ich nicht, denn ich habe auf allen Plakaten nur Frauen abgebildet gefunden, also doch wohl allenfalls Vorbilder für Frauen. Auch glaube ich durch die Frauenbewegung der siebziger und achtziger Jahre gelernt zu haben, daß alle Männer potentielle Vergewaltiger sind, und alle Frauen potentielle Opfer, nicht nur die (auf?)reizenden jungen Frauen. Außerdem dürfe frau tragen, was sie wolle. Was stimmt denn nun?
Die Netzeitung berichtete am 18. Mär 2003 14:47 über das Ergebnis dieser Bemühungen:
Der Deutsche Werberat, das Organ zur Selbstkontrolle aller Werbebotschaften, verzeichnete im vergangenen Jahr einen Rekord: Über die Hälfte der 2000 Beschwerden richtete sich gegen eine einzelne Werbekampagne. Attackiert wurde eine Kampagne der «Bild»-Zeitung, in der von vielen eine Verletzung der Würde von Frauen gesehen wurde. Eine derartige Protestwelle habe es «in drei Jahrzehnten Werberat so noch nicht gegeben», sagte JÜRGEN SCHRADER, der Vorsitzende des Deutschen Werberates.
Auf Plakaten hatte die «Bild»-Zeitung eine redaktionelle Serie beworben, in der Frauen ihre sexuellen Praktiken preisgeben würden. Die Frauen waren leichtbekleidet und mit Sprüchen wie «Mittags krieg ich Hunger. Auf Sex.» abgebildet. Nach Meinung der Beschwerdeführer(innen) würden die gezeigten Frauen auf eine sexuelle Funktion reduziert und somit zum Objekt degradiert.
Der Werberat konnte diese Ansicht jedoch nicht ganz teilen und nahm von Sanktionen gegen die «Bild»-Zeitung Abstand. Eine gewisse Empörung sei zwar «nachempfindbar», allerdings «hätten sich die abgebildeten Frauen über ihre persönlichen Bedürfnisse geäußert» und seien somit nicht auf einen Objekt-Status reduziert.
Als würde es sich auf die zitierte Aachener Ärztin beziehen, heißt es weiter:
In einer Pressemeldung des "Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen" wird auch noch eine rechtliche Begründung für die Zurückweisung der Beschwerden genannt:
Übrigens wurde etwa zur gleichen Zeit ein Plakat für "Tabac Man" mit OLIVER KAHN in den "Stolberger Nachrichten" als "sehr männlich" gepriesen.