Frühe Sprengstoffe
Schwarzpulver
Schießbaumwolle
Nitroglycerin
Dynamit
TNT
Sprengstofffabriken
Software
Eine meiner ersten selbst ausgesuchten LPs war "Ich bin aus jenem Holze geschnitzt" von REINHARD MEY
Auf dieser LP ist nebenstehendes Lied, das wunderbar zum Thema "Sprengstoffe" paßt, das ich im letzten Surftipp schon ankündigte. Angeregt dazu wurde ich nicht durch Brückeneinstürze, sondern durch die Sprengung des Kaiserbaus in Troisdorf. Andere noch junge Meldungen über Sprengstoffe, betrafen die Explosion einer Schule in China, in der Kinder als Nebenerwerb Feuerwerk herstellten, die Hinrichtung des Oklahoma-Attentäters und die Vernichtung eines Stadtteils von Enschede in den Niederlanden. Noch eine Bemerkung: Ich will nur zivil einsetzbare Sprengstoffe behandeln. Die Atombombe war zwar auch mal im Gespräch für "Peaceful Nuclear Explosions" z.B. Staudammprojekte, ist aber zum Glück nie dafür verwendet worden, und wird von mir deshalb diesmal nicht weiter erwähnt. Allgemein über Sprengstoffe berichten
Der KaiserbauNoch könnt ihr die Reportagen des Westdeutschen Rundfunks über den Kaiserbau nachlesen (es ist leider selten, daß ich etwas vom WDR empfehlen kann, um so mehr fällt es mir auf). Größtes Prachthotel in WestdeutschlandDabei hatte sich Bauunternehmer FRANZ KAISER im Jahre 1970 die Zukunft seines Projekts so rosig vorgestellt: Das größte Hotel in Westdeutschland sollte in unmittelbarer Nähe des Köln-Bonner Flughafens an der A59 entstehen. Ihm schwebte eine Luxusherberge mit 18 Stockwerken, 1.200 Hotelbetten und 600 Appartements vor. Das passende Grundstück mit einer Größe von 34.000 Quadratmetern hatte er bereits für 655.000 Mark an der Ausfahrt Spich erstanden. Rund 45 Millionen Mark waren für das ehrgeizige Projekt veranschlagt. 1973 erfolgte der erste Spatenstich. KAISER wollte, dass schon im März 1974 Gäste den Komfort seines Prachthotels genießen sollten. Doch die Arbeiten gingen nur schleppend voran. Nach zwei Jahren ließen die Handwerker endgültig ihre Werkzeuge fallen, weil der Bauherr die Rechnungen nicht mehr bezahlen konnte. Als Begründung für die Pleite führte die Kaiser-Bau AG die schlechte Konjunkturlage in der Bauwirtschaft an. Auch wichtige Zusagen der Stadt Troisdorf, die angeblich nicht eingehalten wurden, sollen mit Schuld an dem Scheitern des hochfahrenden Bauherren gewesen sein. Die Stadt bestritt jedoch jegliche Vorwürfe. Die Sprengung fand genau am ersten Jahrestag der Katastrophe von Enschede statt.
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Das Geheimnis im Hefeteig Soweit ich mich noch erinnern kann, Um ihn standen sehr unauffällig und stumm Fluchtartig verließen alle den Raum Ich hatte doch nur einen Kuchen geplant, Erst als ich in der Empfangshalle stand, |
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Frühe Sprengstoffe |
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Hierzu zitiere ich auszugsweise "Analyse, Wirkung und Gefahren von 'jugendfreiem Feuerwerk'" (Facharbeit von J RUDOLPH, Uni Mainz)
1. EINLEITUNG
Schon in den alten Völkern findet man den Gebrauch von brennenden Wurfgeschossen als geeignetes Kriegsmittel, und letztendlich ist dort der Beginn der Pyrotechnik anzusiedeln. Denn schon bald fand man heraus, daß durch von Zuhilfenahme von Pech, Schwefel und Harzen die Flamme schwerer zu löschen ist als ohne. Nur durch die abkühlende Wirkung der Luft durfte ein solches Wurfgeschoß noch nicht sehr schnell fliegen. Dieses Manko wurde durch das griechische Feuer um 673 beseitigt. Das Geheimnis seiner Fabrikation und Verwendung war allerdings zunächst auf das byzantinische Kaiserreich beschränkt, so daß es einen gewaltigen Eindruck auf die damaligen Zeitgenossen [3] machte. Brennende Gegenstände konnten kaum gelöscht werden. Dies ist dem Kaliumnitrat und seinen Eigenschaften zu verdanken (siehe Analyse). Vermutlich wurde nur zufällig entdeckt, daß es, auf glühende Kohlen geworfen, eine lebhafte Verbrennung bewirkt.
Zuerst scheinen die Chinesen den Salpeter zur Hervorrufung von Feuererscheinungen, zu Feuerwerken u. dgl. benutzt zu haben. Darauf deuten die Namen chinesisches Salz und chinesischer Schnee, mit welchen arabische Schriftsteller den Salpeter bezeichnen. Es ist aber ungewiß, die genaue Zeit dieser Erfindung anzugeben. In alten chinesischen Schriften sei angeblich im Jahre 969 der christlichen Zeitrechnung, im zweiten Jahre der Regierung des Tai-Tsou eine Masse dem Fürsten gebracht worden, welche die brennenden Pfeile weit forttrug. Vermutlich war dies das Kaliumnitrat. Die Chinesen haben also sehr wahrscheinlich den Salpeter entdeckt und ihn zusammen mit brennenden Stoffen gemischt, besonders mit Schwefel und Kohle, und zu Feuerwerken benutzt. Aber dieses nicht vor Ende des 10. Jahrhunderts, zu einer Zeit, als diese Erfindung auch im Abendlande schon gemacht war. (Sie haben aber nicht als erste die Explosivkraft der Gase aus salpeterhaltigen Mischungen in abgeschlossenen Räumen erkannt, sie haben nicht das eigentliche Schießpulver gekannt.)
Drei Jahrhunderte vorher (um 673) tritt das griechische Feuer zum ersten Mal bei einem geschichtlichen Ereignis als Erfindung des KALLINKOS aus Heliopolis auf. Die Flotte der Araber, die Konstantinopel belagerte, wurde mit dessen Hilfe zerstört, und es war mehrere Jahrhunderte hindurch eine furchtbare Waffe in den Händen der Byzantiner. Daß Salpeter als Bestandteil der Mischungen aufgenommen wurde, steht außer Zweifel. Jedoch war das Rezept des griechischen Feuers jahrelang ausschließlich den Griechen bekannt, und die byzantinischen Kaiser hatten schwere Strafen auf den Verrat des Geheimnisses ausgesetzt. Dennoch drang es nach einer gewissen Zeit auch zu den Gegnern. Die Mohammedaner lernten das griechische Feuer nicht von China her kennen, sondern von Konstantinopel, von dem sie in den Kreuzzügen unheilvollen Gebrauch machten.
Die genaue Zusammensetzung des griechischen Feuers wurde von den Griechen sorgfältig geheim gehalten. Sie nennen zwar die brennbaren Bestandteile Pech, Naphta, Schwefel, aber über den wichtigsten Bestandteil Salpeter verlieren sie kein Wort. Die Araber waren in der Hinsicht schon offener: In einem von REINAUD und FAVÉ (Du feu grégeois et des origenes de la poudre á canon; 1845) übersetzten arabischen Manuskript werden mehrere Mischungen von Salpeter mit verschiedenen brennbaren Stoffen angegeben.
Viele Rezepte salpeterhaltiger Brenngemische finden wir in dem berühmten Buche des MARCUS GRAECUS: Liber ignium ad comburendum hostes (Das Buch des Feuers zum Verbrennen der Feinde). Die Entstehungszeit ist jedoch ungewiß. GUTTMAN (=> Industrie der Explosivstoffe, Braunschweig 1895, S.8) ist der Meinung, daß es nicht vor 1229 verfaßt worden sei, da die Araber früher noch nicht Salpeter zu den brennbaren Mischungen verwendet haben, und der Verfasser hauptsächlich aus arabischen Quellen schöpft. In dem Buch des MARCUS GRAECUS sind Mischungen geschildert, die dem heutigen Sprengpulver sehr ähnlich sind: 1 kg Schwefel, 1 kg Lindenkohle, 3 kg Salpeter. Jedoch schreibt er nur, daß die Mischungen einen Brand erzeugen sollen, und daß sie als Treibmittel für eine Rakete[3] dienen können. Die Verwendung als Treibmittel für Kanonen kennt er aber nicht. Ohnehin war zu diesem Zeitpunkt der damalige Salpeter, auch wenn er umkristallisiert wurde, nur sehr unrein, so daß diese Brandgemische nicht detonierten, sondern verbrannten.
In den Schriften der Alchemisten ALBERTUS MAGNUS (1193-1280) und ROGER BACON (1214-1292) ist auch die Rede von salpeterhaltigen Brennmischungen, über ignis volans (fliegendes Feuer), tunica ad volandum (die Tunika zum Fliegen s. Rakete) und ad faciendum tonitruum (wie man Donner macht).
Am Ende des 13. Jahrhunderts kannte man also salpeterhaltige Gemische, die leicht entzündlich waren und brennbare Gegenstände leicht in Brand zu setzen vermochten, die auch in Form von Raketen auf gewisse Entfernungen hin geschleudert oder geschossen werden konnten. Erst durch die Weiterentwicklung der Raketen zu den Projektilen[4] wurde das Schießpulver erfunden.
Wahrscheinlich erfanden dies die Araber: In einem in der Petersburger Bibliothek aufbewahrten arabischen Manuskript aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts wird eine Mischung beschrieben, die aus 10 Drachmen Salpeter, 2 Drachmen Kohle und 1 ½ Drachmen Schwefel hergestellt wird. Dieses Pulver wurde fein zerrieben und in den Medfaa gegeben und, mit einem weiteren Medfaa zusammen, verdichtet. Anschließend wird eine Kugel oder ein Bolzen draufgelegt und Feuer an das Zündloch gebracht. Erst später nimmt das Wort mit der ethmoligischen Bedeutung Propulsorium, projectorium im Arabischen die Bedeutung Kanone an. (s. UPMANN, Das Schießpulver; Braunschweig 1874, S. 7)
[...] Gegen Ende des 17. Jahrhunderts fing man auch an, die Explosionskraft im Bergbau und Straßenbau zum Sprengen zu benutzen. Mit Hilfe der Explosion war man nun im Besitz einer stärkeren Arbeitskraft als den Menschen.
Die erste Sprengarbeit wurde nach einem Protokoll des Chemnitzer Berggerichtsbuches am 8. Februar 1627 durch einen Tiroler Bergmann, CASPAR WEINDL, ausgeführt. Der Erfolg verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Es wurde in Böhmen und dem Harz eingeführt (1632 in Clausthal), in Freiburg 1645, in England 1670, 1724 erst in Schweden. Die elektrische Zündung wurde im Jahre 1823 durch HARRIS, die Sicherheitszündschnur 1831 durch BICKFORD und die Bohrung mit gepreßter Luft 1854 durch BRUNTON und BARTLEPP erfunden.
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Schwarzpulver |
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Über die Geschichte des Schwarzpulvers berichtete sogar die Tagesschau (am 14.5.2000): Die Grundlage für die Pyrotechnik, das Schwarzpulver, wurde vor rund 1 200 Jahren in China erfunden: eine Mischung aus Kohle, Schwefel und Salpeter. Auch heute noch ist China der weltweit größte Hersteller und Verbraucher von pyrotechnischen Artikeln. Dort gibt es unzählige, meist kleine Betriebe, die in Handarbeit Böller und Raketen herstellen... Erstmals hatten arabische Reisende im 14. Jahrhundert das Feuerwerk nach Europa gebracht, das in den darauf folgenden Jahrhunderten oft Höhepunkt von höfischen pompösen Festen war. Und auch heutzutage schmücken sich Jahrmärkte, Open-Air-Konzerte und Party-Veranstaltungen gern mit knallenden, schmauchenden und leuchtenden Feuerwerken. MICHAEL SACCHI schreibt in seiner Schularbeit "Wo wurde das Schwarzpulver erfunden?" Ich glaube nicht, dass die Araber das Schwarzpulver erfunden haben. Ich bin eher der Ansicht, dass es wirklich die Chinesen gewesen sind, die das Rezept vom Schwarzpulver entwickelt haben. Wir können es ihnen ja auch nicht Übel nehmen, dass sie das Pulver nur mit friedlichen Absichten in Feuerwerken und kleinen Raketen brauchten (für das braucht man es heute ja noch). |
SCHWARTZ, BERTHOLD, ein Franziskanermönch aus Freiburg (oder Dortmund), der eigentlich KONSTANTIN ANKLITZEN geheißen und neben seinem Klosternamen BERTHOLD den Beinamen S. wegen der eifrigen Beschäftigungen mit chemischen Arbeiten erhalten haben soll, erfuhr angeblich 1259 die explosive Wirkung einer Mischung von Salpeter, Schwefel und Quecksilber oder von Salpeter, Schwefel, Blei und Öl und soll dadurch auf die Erfindung des Schießpulvers geführt worden sein. Das Schießpulver war indeß lange vor ihm bekannt, und mit größerem Rechte wird er als Erfinder der Geschütze genannt. Als Ort der Erfindung wird meist Freiburg (neben Köln, Mainz, Nürnberg, Goslar) angegeben, als Jahr 1380 (1354, 1390, 1393), doch ist wohl 1313 richtiger, denn 1380 waren Geschütze und Gewehre bereits bekannt. 1853 ward ihm zu Freiburg ein Denkmal errichtet. Vgl. HANSJAKOB, Der schwarze BERTHOLD, der Erfinder des Schwarzpulvers (Freiburg 1891). Meyers Konversations-Lexikon. Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens. |
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Exkurs: Salpeter |
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Mit dem Sieg gegen Peru und Bolivien in Chiles einzigem großen Nationalkrieg (Salpeter- oder Pazifikkrieg) 1879-1881 begann eine Blütezeit für die Wirtschaft des Landes. Große Salpeterminen im eroberten Norden (Atacamawüste) und später die Entdeckung der größten Kupfervorkommen des amerikanischen Kontinents verschafften dem Land - beziehungsweise einer kleinen Schicht - einen relativen Wohlstand. Dominiert wurde der Kupferbergbau und -export weitgehend durch US-amerikanische Unternehmen. Erst mit der Regierung des Christdemokraten EDUARDO FREI (1964-1970) kam es zu einer Teilnationalisierung des Kupfers, das unter dem sozialistischen Präsidenten SALVADOR ALLENDE (1970-1973) vollständig verstaatlicht wurde.
ALLENDE sorgte aber auch für den Erhalt von Denkmälern des Salpeterhandels, wie JENS HOLST 1997 im Tagesspiegel aus Chacabuco berichtete:
Einsam und verlassen liegt die ehemalige Salpetermine in der Einöde, 1500 Kilometer nördlich der Hauptstadt Santiago. Chacabuco ist eine der letzten von einst über hundert Wüstensiedlungen. Chile erlebte um die Jahrhundertwende mit dem Export von Natursalpeter seinen ersten Aufschwung. Bahnbrechend war die Entdeckung des Gießener Chemikers JUSTUS VON LIEBIG im fernen Deutschland. Fünfzig Jahre währte der Traum vom "weißen Gold", aus dem außer Düngemittel auch Schießpulver hergestellt wurde. Dann setzten wiederum deutsche Chemiker dem Salpetergeschäft ein Ende. Mit der künstlichen Nitratherstellung aus Luft machten HABER und BOSCH von den Ludwigshafener BASF-Werken Salpeter entbehrlich. Der Boom ging ebenso jäh zuende, wie er begonnen hatte. Mittlerweile sind die meisten Wüstenstädte vom Winde verweht. Allein Mauerreste und Abraumhalden in Form von Riesentorten erinnern an die aufgegebenen Oficinas.
...Chacabuco ist mehr als ein Industriedenkmal aus der Salpeterepoche. Die Wüstenstadt ist auch Symbol für soziale Kämpfe und politische Unterdrückung. In der Atacama entstanden die Gewerkschaftsbewegung und die linken Parteien, hier spürten sie die Macht von Militär und Polizei. Lange nach dem Ende des Salpeterbooms stellte die sozialistische ALLENDE-Regierung Chacabuco unter Denkmalschutz. Kaum zwei Jahre später verwandelten die Putschgeneräle um AUGUSTO PINOCHET die Oficina in ein Gefangenenlager. Seit 1990 bemüht sich das Santiagoer Goethe-Institut um den Erhalt der Ruinenstadt. Gerade die Erinnerung an die jüngere Geschichte macht das Engagement der deutschen Kulturvertretung in Chile zu einem brisanten Politthema. Allen Schwierigkeiten zum Trotz geht es voran.
Das wohl skurrilste Relikt aus der Salperterära finden wir gut 30 Kilometer von Santa Ana entfernt. Eingebettet in die hügelige Wüstenlandschaft taucht plötzlich ein blauer Stausee auf. Wir parken vor einem halbverfallenen Gebäude. Ein hagerer Alter schlurft auf die Veranda. Als wir ihm erklären, daß wir gerne das Kraftwerk besichtigen würden, zögert er. Dann willigt er ein. Und ist nicht mehr aufzuhalten. Zunächst führt er uns einen steilen Weg neben der Staumauer hinab zu einer großen Halle. Dort angekommen, klettert er behende auf einen Mauervorsprung und balanciert an der Wand entlang. Uns wird ganz mulmig, doch es geht gut. Er schwingt sich durch ein Fenster im ersten Stock und öffnet von innen die Tür. Als wir den Maschinenraum betreten, stoßen wir auf sechs völlig intakte, mannshohe Turbinen von Siemens-Schuckert Made in Germany. Auf einer Empore ist eine riesige, marmorgefaßte Armaturenwand installiert. Es scheint, als müßte man nur die Staubschicht entfernen und Öl in die Turbinen gießen, um die enorme Maschinerie wieder in Gang zu setzen.
Die Idee des Hamburger Unternehmers HENRI SLOMAN war genial: Um seine Oficinas in der Umgebung mit Elektrizität zu versorgen, staute er 1911 den Rio Loa auf und ließ aus Deutschland Turbinen heranschaffen. Mit Wasserkraft arbeiteten seine Minen rentabler als alle anderen. Bis 1954 erzeugte der Tranque Sloman Strom. Heute bietet der See die Möglichkeit eines erfrischenden Bades inmitten der Wüste.
Die Hafenstadt Iquique ist ein würdiger Endpunkt der Reise durch die chilenische Salpetergeschichte...
Salpeter spielt schon lange keine Rolle mehr, da Amoniakverbindungen industriell erzeugt werden können. Das war vor 100 Jahren noch anders, wie ihr daran erkennen könnt, Raum Meyers Konversationslexikon dem Salpeter widmet. Aber 1913 lief in Oppau die erste BASF-Anlage für künstlichen Stickstoff an.
Das Chilehaus in Hamburg zeugt von der Bedeutung des Salpeterhandels. Der Architekt FRITZ HÖGER schuf das Bauwerk 1922-1924 im Auftrage des Kaufmannes HENRY B.SLOMAN, der mit Chile Salpeterhandel betrieb. Nach Plänen des Hamburger Oberbaudirektors FRITZ SCHUMACHER erfolgte 1926-35 der Ausbau des Kontorhausviertels in norddeutscher Klinkerbauweise. Das Fernsehprogramm "Phoenix" wurde seinem Anspruch, Informationskanal zu sein, im April mit einer zweiteiligen Dokumentation ("Weißes Gold aus Chile") über den Chilehandel gerecht: Die 2-teilige Dokumentation ging den Spuren von HERMANN C. FÖLSCH und HENRY B. SLOMAN nach, die mit dem Abbau und Handel von Salpeter ihr Glück machten. Die beiden brachen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in eine der unwirtlichsten Gegenden der Welt auf: die Atacama-Wüste im Norden Chiles. Dort war gerade der Naturdünger Salpeter entdeckt worden, der Europa vor Hungersnöten bewahren sollte und als Rohstoff für die Herstellung von Schwarzpulver gebraucht wurde. ... Den Gewinn investierten die Kaufleute in der Hansestadt. Chile profitierte wenig von dem Boom. Eine Massendemonstration für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Salpeter-Minen wurde 1907 niedergeschlagen. weitere Links:
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Schießbaumwolle |
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Wie schon verschiedendlich festgestellt, haben Entwicklungen (Telefon, Schreibmaschine) oft mehrere Erfinder. Das gilt auch für die Schießbaumwolle.
1835 löste CHRISTIAN FRIEDRICH SCHÖNBEIN (1799-1868) PETER MERIAN als Inhaber des Lehrstuhls für Physik und Chemie ab. Dieser wurde 1852 geteilt, SCHÖNBEIN behielt die Chemie. In der Folge machte er epochemachende Entdeckungen, nämlich des Ozons (1839) und der Schiessbaumwolle (1846).
Das rauchfreie Pulver des Herrn SCHÖNBEIN
Im Jahr 1848 erfand Prof. SCHÖNBEIN die Nitrocellulose. Die Entdeckung geschah eher zufällig, die zur Nitrierung von Glyzerin verwendete Mischsäure benetzte seinen Baumwollkittel, nach Auswaschen und Trocknung wurde die leichte Entflammbarkeit eher zufällig entdeckt. Der Professor untersuchte die explosiven Eigenschaften des neues Materials und fand ihre Eignung als Spreng- und Treibmittel. Im Gegensatz zum Schwarzpulver entstehen bei der Verbrennung von Nitrocellulose lediglich gasförmige Endprodukte, so daß die Läufe nicht mehr verschmutzen. Es wurde nun möglich, aus einem Lauf mehrere Schüsse abzufeuern, ohne verstärkt Gefahr zu laufen, durch die Ablagerungen Rohrkrepierer zu erhalten. Die Passung der Geschosse im Lauf konnte verbessert werden, wodurch eine höhere Reichweite und eine bessere Treffgenauigkeit erreicht wurde. Nitrocellulose setzt bei ihrer Verbrennung zudem weniger Energie frei als Schwarzpulver, so daß die Läufe sich weniger aufheizten. All diese Eigenschaften führten dann später zur Entwicklung der Maschinenwaffen. Im Gegensatz zum Schwarzpulver ist der zur Verbrennung notwendige Sauerstoff bei der NC direkt im Molekül gebunden. Zunächst wurde die NC allerdings nur als Sprengmittel verwendet, ihre Rohform als nitrierte Baumwolle eignete sich wegen seiner Wasserbeständigkeit hervorragend für Sprengarbeiten am und unter Wasser sowie für Aufgaben in der Seekriegsführung. Die ersten Torpedos waren mit Schießbaumwolle gefüllt. Die leichte Löslichkeit dieses Kunststoffs in Aceton führte zur Entwicklung von Kollodiumlösungen zum Verschließen von kleineren Wunden. Löst man die NC in wenig Aceton, so entsteht eine zähe Gallerte, die sich aus Düsen in Formen pressen läßt. Im Gegensatz zur Schießbaumwolle brennt diese Masse langsam und kontrolliert ab und läßt sich hervorragend als Treibmittel verwenden...
vgl. CHRISTIAN FÜRST: CHRISTIAN FRIEDRICH SCHÖNBEIN
http://www.schoenbeinrealschule.rt.schule-bw.de/schbein2.gif
Aus: CHRISTIAN FRIEDRICH SCHÖNBEIN Entdecker des Ozons und Erfinder der Schießbaumwolle
(von SchülerInnen einer nach SCHÖNBEIN benannten Realschule)
SCHÖNBEINs Forschungen gehören auch zur Vorgeschichte der Kunstseide und werden deshalb vom Deutschen Strumpfmuseum erwähnt.
SCHÖNBEIN lehrte an der Universität Basel Bei den ChemikerInnen der Uni Frankfurt (Haupttext) erfahren wir: Unabhängig von CHRISTIAN FRIEDRICH SCHÖNBEIN entdeckte RUDOLF CHRISTIAN BOETTGER (1806 - 1881) 1846 die Schießbaumwolle (Nitrozellulose). 1848 erfand er die Sicherheitszündhölzer mit Köpfen aus Kaliumchlorat, Antimonsulfid und Glaspulver. Die Reibfläche war mit rotem Phosphor bestrichen. Die bis dahin bekannten Zündhölzer waren giftig (weisser Phosphor!) und entzündeten sich gelegentlich ungewollt. Hier handelt es sich nicht um nachträglich entdeckte Parallelentwicklungen, sondern es fiel schon damals den Beteiligten auf, daß sie nicht die einzigen Erfinder waren. SCHÖNBEIN begab sich zu BÖTTGER und forschte mit ihm gemeinsam: |
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Die Versuche wurden in dem alten Laboratorium der naturforschenden Gesellschaft gemacht, das unter den Sammlungen des Senckenberg`schen Museums in Frankfurt am Main eingerichtet war. Noch nach Jahren haben sich die Haare der Museumsleiter gesträubt, als sie erfuhren, daß unter ihren kostbaren ausgestopften Tieren usw. Sprengstoffversuche gemacht und große Mengen von Schießbaumwolle in der Dachkammer des Hauses zum Trocknen aufgehängt worden waren. Die bei den Versuchen nicht ausbleibenden Explosionen fanden zum Glück damals nicht in dem Museum statt, sondern in der Küche der Böttger`schen Wohnung, die gleichfalls zu Versuchen benutzt wurde. Die beiden waren noch mitten in der Arbeit, als in Dinglers polytechnischem Journal ein Professor OTTO aus Braunschweig ganz ausführlich berichtete, auf welche Weise er Schießbaumwolle hergestellt hat und was das für ein hervorragendes Sprengmittel ist. Die Zeitungen waren daraufhin wochenlang mit Schilderungen über das neue rauchlose Schießpulver gefüllt. "Sie atmen Schießbaumwolle", meinte ein Zeitgenosse. Es wurden Vergleiche gezogen zwischen dem alten Schwarzpulver und dem neuen Sprengstoff.
SCHUMACHER-OCHTRUP: Geschichtliche Entwicklung der Explosivstoffe
SCHUMACHER-OCHTRUP berichtet auch über schwere Katastrophen, bis FREDERIC ABEL erkannte. daß nasse Schießbaumwolle viel weniger gefährlich ist und mit ein wenig trockener als Zünder zur Explosion gebracht werden kann.
Bei der Fachhochschule Furtwangen werde ich wahrscheinlich nie Chemie studieren, denn ihre Erklärungen der Cellulose verstehe ich nicht (außer "Die wichtigsten technischen Produkte aus Cellulose sind Papier, Kunstseide, Zellwolle, Celluloid und Schießbaumwolle"), aber woanders würde es mir kaum besser ergehen. Ob ich unter diesen Unständen mal einen Surftipp über Celluloid, Gutta Percha und Bakelit mache, was ich mal erwogen habe, scheint mir nun fraglich. Deshalb kann ich hier verraten, daß Tischtennisbälle lange aus Celluloid gefertigt wurden, z.B. in der Tischtennisfabrik Krumhermersdorf in der DDR:
Zelluloid ist nichts anderes als Schießbaumwolle mit Kampher gemischt. Der Name deutet es schon an: Zelluloid ist höchst feuergefährlich, es entzündet sich selbst bei Temperaturen über 150 °C. Schwelt es, statt zu brennen, gibt es Blausäure ab: Ein Tischtennisball genügt für eine tödliche Dosis! Brennt es aber, dann wie Pulver. Das ist auch der Grund, warum sein Einsatz heute fast überall verboten ist. Wo es dennoch benutzt wird, gibt es dicke Vorschriften zum Brandschutz, Katastrophenpläne, Löschwasserteiche, schwere Stahltüren ...
verraten C+H DOERFFEL.
Auch die Fernsehsendereihe Kopfball behandelte Schießbaumwolle: Simsalabim - und weg ist der Stoff... [ 12.Dezember 1999 ]
Der deutsche Anarchist JOHANN MOST schrieb ein Buch über "Revoultionäre Kriegswissenschaft" mit dem Untertitel "Ein Handbüchlein zur Anleitung betreffend Gebrauchs und Herstellung von Nitro-Glycerin, Dynamit, Schießbaumwolle, Knallquecksilber, Bomben, Brandsätzen, Giften u.s.w., u.s.w." Es erschien 1885 in New York.
Achtung: Die Herstellung der Schießbaumwolle muss im Abzug erfolgen!
Konzentrierte Schwefelsäure und konzentrierte Salpetersäure sind sehr stark ätzende und oxidierende Säuren. Das Mischen der Säuren verläuft unter starker Wärmeentwicklung und teilweiser Freisetzungvon nitrosen Gasen. Die Nitriersäure ist sehr gefährlich! Nitrocellulose (Schießbaumwolle) ist äußerst leicht entzündlich und kann bei Verdämmung explodieren! Das Tragen einer Schutzbrille und von Gummihandschuhen ist unbedingt erforderlich! Die Herstellung der Nitriersäure und das Eintragen der Watte muß in einem gut ziehenden Abzug erfolgen!
Die nitrierte Baumwolle verbrennt schneller, da bei der exothermen Verbrennung große Mengen an Gasen entstehen (N2, NOx , CO und CO2), die durch ihre zusätzliche Triebkraft die Reaktion beschleunigen. Daher sind mehrfach nitrierte Verbindungen im Allgemeinen gegenüber Verbrennung oder teilweise auch Erschütterungen instabiler, wie man an den Beispielen Nitroglycerin und Trinitrotoluol TNT sehen kann.
Vgl. die Beschreibung des Experiments bei der Humboldt-Universität Berlin.
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Nitroglycerin |
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ASCANO SOBRERO erfand angeblich das Nitroglycerin, wird aber im WWW nur wenig gewürdigt, z.B. in einer Arbeit von J. RUDOLPH:
Eine folgenreiche Entdeckung wurde im Jahre 1846 durch SOBRERO in Turin gemacht, nämlich die des Nitroglycerins. Jedoch konnte er diesem Explosivstoff keine technische Anwendung zuordnen. Man benutzte es stattdessen als therapeutisches Mittel: In sehr verdünnter alkoholischer Lösung galt es als Mittel gegen Kopfschmerz und Migräne.
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Wo SOBRERO erwähnt wird, kommt man schnell auf NOBEL, z.B. bei der encyclopedia britannica:
Nitroglycerin, another chemical explosive, was discovered by an Italian chemist, ASCANIO SOBRERO, in 1846. Although he first called it pyroglycerin, it soon came to be known generally as nitroglycerin, or blasting oil. Because of the risks inherent in its manufacture and the lack of dependable means for its detonation, nitroglycerin was largely a laboratory curiosity until IMMANUEL NOBEL and his son ALFRED made extensive studies of its commercial potential in the years 185961. In 1862 they built a crude plant at Heleneborg, Sweden; ALFRED, a chemist, was basically responsible for the design of this factory that was efficient and relatively safe considering the state of knowledge of the times. Nevertheless, it exploded in 1864 and killed, among others, ALFRED's youngest brother EMIL OSKAR. Although deeply affected by the accident, ALFRED continued work, at first on a barge that he moored in the middle of a lake. In 1865 he erected a plant at Krümmel, Germany, and another in Sweden at Vinterviken near Stockholm. A third plant was built a year later in Norway. NOBEL was granted a patent for the manufacture and use of nitroglycerin in the United States, in 1866, and since importation on a large scale was impractical, he visited the United States in an effort to interest local capital. The victim of a number of unscrupulous businessmen, he finally sold his American holdings in 1885 for only $20,000.
Nitroglycerin, with the molecular formula C3H5(ONO2)3, has a high nitrogen content (18.5 percent) and contains sufficient oxygen atoms to oxidize the carbon and hydrogen atoms while nitrogen is being liberated, so that it is one of the most powerful explosives known. Detonation of nitroglycerin generates gases that would occupy more than 1,200 times the original volume at ordinary room temperature and pressure; moreover, the heat liberated raises the temperature to about 5,000° C (9,000° F). The overall effect is the instantaneous development of a pressure of 20,000 atmospheres; the resulting detonation wave moves at approximately 7,700 m per second (more than 17,000 miles/h). Nitroglycerin is extremely sensitive to shock and to rapid heating; it begins to decompose at 50°60° C (122°140° F) and explodes at 218° C (424° F).
Durch den Spielfilm "Lohn der Angst" (Le salaire de la peur, Frankreich 1952, Regie: HENRI-GEORGES CLOUZOT) hat fast jede(r) eine Vorstellung von den Risiken. Am 28.6. habe ich ihn nochmal auf N3 gesehen, hier drei Bilder (vergrößerbar durch Anklicken)
Der Film bekam 1953 die goldene Palme bei den Filmfestspielen in Cannes. Siehe auch &qout;Lohn der Angst&qout; in der IMDB
weitere Links:
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Dynamit |
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NOBEL, Vater und Söhne, gingen bei ihrer Sprengstoffherstellung nicht von der Nitrocellulose sondern vom Nitroglycerin aus. Diesen Stoff hatte im Jahre 1847 ein Turiner Professor entdeckt.
Am 15. Juli 1864 erhielt ALFRED NOBEL das Patent auf diese sogenannte Initialzündung. Nun konnte er darangehen, Sprengstoffe für den Bergbau und den Tunnelbau im großen herzustellen. Sein Sprengöl schien wesentlich gefahrloser zu sein als die Schießbaumwolle. Auch für gefahrlose Handhabung war gesorgt, weil man mit Zündschnur und Zündhütchen den Sprengschuß auslösen konnte. Da ereignete sich aber in der kleinen Fabrik Heleneborg, in der NOBEL gerade die beste Methode zur Herstellung und Reinigung des Sprengöls fertig ausgearbeitet hatte, am 3. September 1864 eine Explosion, die die gesamten Gebäude dem Erdboden gleichmacht.
Unter den zahlreichen Todesopfern findet sich auch der jüngste Bruder ALFRED NOBELs. Vater NOBEL erleidet, schwer erschüttert durch das Unglück, einen Schlaganfall, der ihn dauernd lähmt.
SCHUMACHER-OCHTRUP: Geschichtliche Entwicklung der Explosivstoffe
NOBEL produziert zunächst "Sprengöl", das Nitroglycerin. Die Fabriken NOBELs waren nach einigen Explosionen von Schließung bedroht, bis er das Dynamit erfand. Das war fest und wesentlich sicherer, was aber die Anwender leichtsinniger machte (ähnlich wie ABS auch nicht langfristig die Unfallzahlen im Straßenverkehr senken konnte).
Die "Frauenfinanzseite" berichtet, NOBEL sei möglicherweise frauenfeindlich gewesen:
Nur die Mathematiker sind sauer Wer bis jetzt noch rätselt, warum es für sie keinen Nobelpreis gibt, sind die Mathematiker. Warum das so ist, weiß niemand. Aber es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass der Einfluss der Mathematikerin SONYA KOVALEVSKI auf ALFRED NOBEL Schuld daran sein soll. Sie habe, was nicht bewiesen ist, eine Liasion mit NOBEL gehabt, ihn dann aber verlassen. Viel wahrscheinlicher ist wohl, dass NOBEL in der Mathematik keinen Nutzen für die Menschheit gesehen hat. Wenn er sowas meinte, kann ich verstehen, daß sie ihn verlassen hat. weitere Links:
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http://sunsite.bilkent.edu.tr/oldnobel/alfred/alfred1.gif |
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TNT |
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Trinitrotoluene ist zwar hochexplosiv, aber trotzdem unempfindlich und daher sehr beliebt bei Sprengungen. Man benötigt aber einen Detonator. Oft wird TNT mit Ammoniumnitrat (NH4NO3) gemischt (Amatol). Amonium Nitrat mit Benzin gemischt war in der Bombe von Oklahoma.
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Sprengstofffabriken |
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Die königliche Schießpulvermühle Waltham Abbey blickt auf eine dreihundertjährige Geschichte zurück und kann seit dem 17. Mai 2001 besichtigt werden.
http://www.royalgunpowdermills.com/images/overviewsmall.jpg
Ihre Homepage erweckt den Eindruck, daß sich ein Besuch lohnt.
In Deutschland sind mir vor allem die explodierten Sprengstoff- und Munitions-Fabriken aufgefallen, z.B. Hallschlag in der Eifel bei Prüm (also mehr oder weniger in meiner Nähe).
1911 gründete sich ein "Verein zur industriellen Entwicklung der Südeifel e.V.", mit einigen heute noch bekannten Namen. Auszug aus dem Vereinsregister beim Amtsgericht Trier (vom 28.2.1996) Verein zur industriellen Entwicklung der Südeifel eingetragener Verein, Trier. Im Tätigkeitsbericht des "Verein zur industriellen Entwicklung der Südeifel e.V." von 1916 ist lesen:
"Das drei Jahre hindurch allen Widrigkeiten zum Trotz verfolgte Projekt einer Sprengstoff-Fabrik hat sich Ende 1914 verwirklicht. Auch die Bedenken des Königl. Kriegsministeriums, der Eisenbahn und sonstiger Stellen, sowie die Gegeneinwirkungen von mächtiger privater Seite konnten schließlich beseitigt werden.
Am 2. Januar 1915 wurde der erste Spatenstich zu dem großangelegten Werke getan, am 20 Februar 1915 konnte bereits die erste Lieferung an die Militärbehörde erfolgen. Heute ist das Werk eine Aktiengesellschaft mit 8 1/2 Millionen Mark Kapital umgewandelt und liefert erhebliche Sprengstoffmengen für Heereszwecke."
Das Werk der ESPAGIT (Eifler Sprengstoffwerke AG, Dr. Ing. FRIEDRICH ESSER) von 600 Morgen Sicherheitszone und 25 Hektar Fabrikfläche lag auf einem Bergrücken etwa 620 Meter hoch auf der Wasserscheide zwischen Kyll und Our, etwa 2 Kilometer von Ortschaften entfernt.
[...] Über eine Woche soll die ansich weithin sichtbare Fabrik von den Besatzern unbemerkt geblieben sein und weiter produziert haben. Mit immerhin noch 1200 Beschäftigten startete man sodann mit der Zerlegung und Ausdämpfung von Granaten, die mittels Eisenbahn von anderen Depots (aus dem Raum Koblenz/Neuwied) und den französischen und flandrischen (Giftgas-) Schlachtfeldern nach Hallschlag verbracht wurden.
Behördlich genehmigt war die Lagerung von 500 000 Granaten!
>[...] Am 29. Mai 1920 entstand, nach wochenlanger Hitze und Trockenheit, "Op Kehr" ein Brand. Drei heftige Explosionen sprengten das Werk in die Luft. Zeugenschaftlich bestätigt, flog eine 15-Zentimeter-Granate (ca. 40 kg schwer) zwei Kilometer weit bis zum Grenzübergang Losheim (Heute Gasthof Balter, Krippana). Beträchtlicher Schaden entstand auf dem Gelände und in den Ortschaften Losheim, Scheid, Hallschlag, Krewinkel und Manderfeld. Die Landeszeitung vom 2.6.1920 berichtete von der Katastrophe: "...auch die großen, noch aus der Zeit des Krieges stammenden Säure- und chemischen Vorräte, die einen großen finanziellen Wert repräsentierten, fielen dem Element zum Opfer. ...ebenso das Millionenwerte darstellende wohlgefüllte Magazin..."
Nach dem großen Knall, rollte nochmals ein Munitionszug mit Giftgasgranaten in Hallschlag ein. Ratlosigkeit herrschte angesichts des völlig zerstörten Werkes. Der amerikanische General in Koblenz ordnete die Sprengung durch Beauftragte der Berliner Firma "Schweitzer & Oppler" an. Deutsche Behörden in Prüm und Trier sowie die Ortsbürgermeister von Hallschlag und Scheid versandten bis in den August 1920 Telegramme, mit dem Appell, die Bevölkerung nicht durch die Sprengung zu gefährden.
"Es käme das Sprengen aus einem ausreichend großen Truppenübungsplatz, das Versenken im offenen Meer oder das Vergraben auf dem großen Werksgelände infrage" so zeitgenössische Unterlagen des Gewerbeaufsichtsamtes.
Danach verschwinden die über 20 000 Giftgasgranaten aus dem öffentlichen Bewusstsein.
[...] Bis in die neueste Zeit, während der Feldarbeit, auch während des Westwallbaus und der Urbarmachung der heute landwirtschaftlich genutzten Umgebung von 1934 bis 1938 durch das "Rheinische Heim", wurden durch Landwirte Granaten gefunden, auch solche die schon mal qualmten.
Nur die Behörden und die fachkundigen Kampfmittelräumer in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und dem angrenzenden Belgien bemerkten angeblich nichts. Angeblich wurden nie Auffälligkeiten festgestellt, selbst vor 1991 seien nie Granaten des Ersten Weltkrieges gefunden worden, so die (falsche) Antwort auf eine parlamentarische Anfrage.
Bis Mitte 1998 wurden über 1700 Granaten, davon über 300 Kampfstoffgranaten geborgen, davon fast 10 Prozent außerhalb des durch Einzäunung gesicherten Sanierungsbereichs auf landwirtschaftlichen Flächen.
Die Munitionsfabrik Hallschlag "ESPAGIT AG von GUNTHER HEERWAGEN stark gekürzt)
Die Sendung Kulturzeit im WDR - Fernsehen am 28. Januar 2001, 21.45 - 22.15 Uhr berichtete, offenbar Hallschlag meinend:
Demonstration
Kontaminierte Erde für den Reichstag
In HANS HAAKEs Kunstwerk im Innenhof des Berliner Reichstags sollen Bundestagsabgeordnete Erde aus ihrer Heimatregion deponieren. Nun wollen zwei Grünen-Abgeordnete mit TNT und Arsen verseuchte Erde in Haackes Kunstwerk mit dem Titel "Der Bevölkerung" abladen. Die Erde stammt aus einer ehemaligen Rüstungsanstalt aus der Zeit des Ersten Weltkrieges in der Eifel. Die Abgeordneten wollen damit zeigen, dass die einzelnen Regionen in der Bundesrepublik auch problematische Aspekte haben und längst nicht alle Altlasten aus den beiden letzten Kriegen beseitigt wurden.
weitere Links:
Die Stadt Troisdorf erwähnt auf ihrer Homepage kurz den Bau einer Zündhütchen- und Sprengkapselfabrik in Troisdorf, der späteren Dynamit-Nobel AG im Jahr 1887 . Drei Eisenbahnstrecken machten den Standort im 19. Jahrhundert besonders attraktiv. Ob der Sprengstoff für die Sprengung des Kaiserbaus daher kam, weiß ich nicht.
http://www.troisdorf.de/inhalte/stadtinfo/images/zuefa.gif
Rheinisch-Westfälische Sprengstoff-A.G. Köln Zündhütchen-Fabrik Troisdorf
Über alliierte Angriffe auf die deutsche Sprengstoff- und Bombenproduktion berichtet Strategic Air Attack on the German Powder, Explosives, and Propellants Industry.
One of the largest plants in Europe, producing industrial primers, fuzes, and detonators, this plant was hit on 27 December 1944 by 11 B-17's and two days later by 176 RAF heavy bombers in spillovers from another target. The British airplanes dropped 12 two-tons bombs, among others, and the total tonnage was 626. Troisdorf caught 100 tons of this, a total of 364 bomb hits. The metalworking building, making casing for detonators, was completely destroyed, and no attempt was made to rebuild it.
Es werden aber auch andere Standorte genannt. Das sehr informative Dokument enthält ausführliche Statistiken und Fotos von den Zerstörungen.
In Leverkusen stellte die 1870/71 als Sprengstoff-Fabrik Kaiser und Edelmann in Manfort (Hornpottweg) errichtete Fabrik 1999 die Produktion ein. 1872 wurde sie von ALFRED NOBEL persönlich geleitet. Sie soll die älteste noch produzierende Dynamitfabrik der Welt gewesen sein.
Lehrreich dürfte die Beschäftigung mit der Sprengstofffabrik "Tanne" in Clausthal-Zellerfeld sein. Sie wurde von den Nazis schon relativ früh errichtet und beschäftigte später auch viele ZwangsarbeiterInnen..
Ist das Deutsche Reich durch seine "feindlichen Nachbarn" systematisch in den II. Weltkrieg getrieben worden? Haben Hitler und die nationalsozialistische Staatsführung zunächst am Aufbau eines wie auch immer gearteten friedlichen Deutschlands gearbeitet? War zum Schutz des eigenen Territoriums der 1939 von Deutschland begonnene "Präventivkrieg" unvermeidlich?
Es gibt kaum ein Beispiel, mit der sich diese Fragen besser beantworten lassen als mit dem planmäßigen Ausbau der Sprengstoffproduktion im ehemaligen Deutschen Reich. Bereits 1933 (!) begannen die ersten Planungen für einen massiven Ausbau der Spreng- und Kampfstoffproduktion. Entscheidend an diesen gezielten Kriegsvorbereitungen beteiligt war CARL KRAUCH, Repräsentant des IG Farben-Konzerns. Nach GÖRING avancierte KRAUCH zum mächtigsten Mann im Reichswirtschaftsministerium. Im August 1938 wurde ihm von GÖRING "die Gesamtleitung der Durchführung des für den Ausbau von Pulver-, Sprengstoff- und K-Stoffabriken sowie ihrer Vorprodukte befohlenen wehrwirtschaftlichen neuen Erzeugungsplanes" übertragen. In seiner Stellung als Generalbevollmächtigter für Sonderfragen der chemischen Industrie war er die höchste Instanz zur Begutachtung und für die Verteilung der erforderlichen Arbeitskräfte. Das Reichsarbeitsministerium sandte ihm die Anforderungen an Arbeitskräften von den Betrieben zur endgültigen Entscheidung zu. KRAUCH, der 1939 zusätzlich Leiter des Reichsamtes für den Wirtschaftsausbau wurde, war somit verantwortlich für die Durchführung der von der Regierung vorgebenen Programme des Rüstungsausbaues, d.h. für die Planung und Zuweisung der entsprechenden Geldmittel und Arbeitskräfte.
Der rechtlich-organisatorische Aufbau und das Zusammenspiel von Großindustrie und militärischer Führung muß aus heutiger Sicht als genial und vorausschauend gewertet werden. KÖNIG und SCHNEIDER haben in ihrem Buch über die ehemalige Sprengstoffabrik in Hirschhagen bei Hessisch-Lichtenau diese Zusammenhänge erstmals systematisch untersucht und dafür den Begriff des "Rüstungsvierecks" geprägt.
Im Auftrag des Oberkommandos des Heeres (OKH) plante und erbaute die Dynamit-Actien-Gesellschaft vormals Alfred Nobel & Co. (D.A.G.) aus Troisdorf die vom OKH gewünschten Sprengstoffwerke, darunter Hessisch-Lichtenau, Stadtallendorf, Clausthal u.a. Die D.A.G. wiederum war eine 61% Tochter des I.G. Farben-Konzerns. Die Sprengstoffwerke wurden schlüsselfertig der MONTAN übertragen. Die MONTAN ihrerseits war 1916 als "Verwertungsgesellschaft für Montanindustrie GmbH" gegründet worden. 1934 übernahmen Beauftragte des OKH diesen Firmenmantel. Als Gesellschafter der MONTAN fungierten zunächst als Privatpersonen auftretende höhere Beamte des Heereswaffenamtes, später des Wehrmachtsfiskus und seit 1944 des Reichsfiskus. Die MONTAN verpachtete die Rüstungsbetriebe an die "Gesellschaft mbH zur Verwertung chemischer Erzeugnisse" (Verwert-Chemie), eine 100%-Tochter der D.A.G. Ein Großteil der Produktionsgewinne, abzüglich der gering gehaltenen Pachtzahlungen an die MONTAN, floß somit der D.A.G. zu....
weitere Links:
Weitere Fabriken kommen nicht so oft im Netz vor, allenfalls noch die Feuerwerksfabrik von Enschede, die 2000 in die Luft flog. Der Telegraaf hat dazu noch viele Fotos online ("Zo begon de ramp" und diese Zeichnung). Auch das Algemeen Dagblad informiert mit einem Enschede-Dossier. weitere Links:
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http://www.telegraaf.nl/krant/focus/vuurwerk/fotos/vuurwerk.opslagplaats.jpg |
http://web.fccj.org/~ethall/explode/dynamite.gif
Software |
oben |
Beim oben erwähnten Kaiserbau in Troisdorf wurden nur wenige Kilo Sprengstoff benötigt. Den richtigen Zeitpunkt für die Detonation an jedem Punkt hat eine Software berechnet. Die habe ich aber nicht im Internet ermitteln können. Wohl fand ich das Projekt "Computerbasierte Projektierung komplexer Bauwerk-Sprengungen"
Musik |
oben |
Hintergrundmusik: http://www.classicalarchives.com/cgi-bin/n.cgi/prep/0//gp_fwork.mid (268 KB, Händels Feuerwerksmusik) GEORGE POLLEN spielte Händels Feuerwerkmusik ein und gab mir die Erlaubnis, sie zu benutzen. Gefunden habe ich sie bei Classicalarchives und halte mich wie gefordert an die dortigen Nutzungsbedingungen:
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GEORG FRIEDRICH HÄNDEL http://www.classicalarchives.com/gif/handel_small.gif |
So ähnlich sind auch die Bedingungen beim in Surftipp 36/2000 gelobten Folkarchiv von "Contemplator" LESLEY NELSON. Classicalarchives ist allerdings strenger, so ist unbeschränkter Zugang an Zahlungen geknüpft. Als Gast darf man angeblich nur 25 Dateien pro Tag aufrufen, aber bei mir schienen es noch weniger zu sein. Andererseits muß man aber auch anerkennen, daß die Musik wesentlich komplexer ist als Folkmusik, und daß sie auch von professionellen Interpreten eingespielt wurde. Außerdem dürfte die Chance, einen Titel der E-Musik als MIDI-Datei im WWW zu finden, bei Classicalarchives recht hoch sein.