WWW-Tipp der Woche 40/2000

Morde
Vergewaltigungen und Zwangsprostitution
John Rabe
chemische und biologische Experimente
Leugnen der Verbrechen
Deutschland - Japan

Im August hatte ich erwogen, einen Surftipp zu den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki zu schreiben, aber dann davon abgesehen, weil ich nicht möchte, daß Japan hier bei der ersten Erwähnung als Opfer erscheint. Japan war Aggressor in Asien. "Schon 1910 hatte Japan Korea besetzt und kolonialisiert, im Jahre 1931 folgte der Einmarsch in die Mandschurei, 1937 überfielen japanische Truppen China. Dann wurden auch die anderen südostasiatischen Staaten angegriffen; deren Bürger wurden in Japan als Untermenschen angesehen. Die japanische Armee beging dabei zahlreiche schwere Kriegsverbrechen. Die bekanntesten: die Massaker von Nanking 1937 an über einer halben Million Menschen innerhalb weniger Tage, die Menschenversuche einer Spezialeinheit im Norden Chinas, die Verschleppung von Hunderttausenden Frauen in Bordelle für japanische Soldaten, die Ermordung Hunderttausender durch Zwangsarbeit im Dschungel Südostasiens." (BENNI TROTTKE).

Die Mandschurei war industriell recht entwickelt und wurde auch von Japan als Industriegebiet genutzt. Schon seit 1929 produzierte Japan auf der Insel Ohkuno schemische Waffen. Nach dem Einmarsch in die Mandschurei wurde in Qiqihar die Einheit 516 errichtet. Während die kriegsführenden europäischen Mächte den Einsatz von Giftgas vermieden, schätz man, daß Japan Giftgas in etwa 2000 Einsätzen benutzte. Die Überreste der Chemiewaffen stellen noch heute eine große Gefahr dar:

vgl Photo Exhibit Highlights Japan's Use of Chemical Weapons Against China: New Materials Part of Japanese War Crimes Series

und allgemein:

Historische Entwicklung [Japans]
von MANFRED POHL
[aus den Informationen zur Politischen Bildung]

Ich möchte heute speziell das Massaker von Nanking/Nanjing betrachten. In den letzten Jahren hat dieses Massaker auch im Westen Aufmerksamkeit gefunden, wozu neben anderen die Bücher von IRIS CHANG in den USA und ERWIN WICKERT in Deutschland beitrugen. Japan überfiel China am 7.7.1937. In China tobte zwar gerade ein Bürgerkrieg, aber leichtes Spiel hatten die Eroberer nicht. Erst am 13.12.1937 fiel die damalige chinesische Hauptstadt Nanking (CHIANG KAI-SHEKs Hauptstadt) in ihre Hand, obwohl man ursprünglich einen dreimonatigen Blitzkrieg geplant hatte.

Morde

IRIS CHANG: The Rape of Nanking - The Forgotten Holocaust of World War II. 290 Seiten. Basic Books/HarperCollins, 1997

wurde auch in deutschsprachigen Zeitungen besprochen. So schrieb die Weltwoche 4/98, 22.1.1998
Japan spricht nicht über seine Kriegsverbrechen. Zum Beispiel über Nanking, 1937. Ein neues Buch klagt jetzt an
Acht Wochen lang hielten sie eine Blutorgie ab
Häufig wurden die Frauen getötet, nachdem sie von mehreren Dutzend Männern geschändet worden waren. Anderen wurden der Bauch aufgeschlitzt und die Brüste abgeschnitten.
Von RETO PIETH

    Die japanische Eroberung von Nanking erfolgte in der Mitte des Krieges gegen China. Er begann 1931 und endete 1945. In dieser Zeit kamen nach Schätzungen des Kriegsverbrechertribunals in Tokio zehn bis dreissig Millionen Chinesen um. Am 13. Dezember 1937 durchbrachen rund fünfzigtausend japanische Soldaten die letzte Abwehr der Verteidiger von Nanking. Sofort veranstalteten sie ein Blutbad. Tausende junger Chinesen, sowohl Soldaten wie Zivilisten, wurden zusammengepfercht, an den Rand der Stadt getrieben und dort mit Maschinengewehren niedergemäht, mit Bajonetten geköpft oder mit Benzin übergossen und bei lebendigem Leibe verbrannt...

    CHANG dokumentiert, dass manche Chinesen bei lebendigem Leibe begraben und dass Väter gezwungen wurden, ihre Töchter zu schänden, während Angehörige zuschauen mussten. Die japanischen Soldaten hängten Chinesen an den Zungen auf eiserne Haken und begruben andere bis zum Gürtel, um dann blutrünstige Wolfshunde auf sie loszuhetzen. Die Japaner brachten so viele Menschen um, dass sie Mühe hatten, sich all der Leichen zu entledigen.


http://www.arts.cuhk.edu.hk/NanjingMassacre/nmmap.gif
The Rape of Nanking :
The Forgotten Holocaust of World War II
by IRIS CHANG

Paperback - 290 pages (November 1998)
Penguin USA (Paper);
ISBN: 0140277447

http://images.amazon.com/images/P/0140277447.01.MZZZZZZZ.jpg
IRIS CHANG
Die Vergewaltigung von Nanking.
Das Massaker in der chinesischen Hauptstadt am Vorabend des Zweiten Weltkriegs.

Gebundene Ausgabe - 283 Seiten (1999)
Pendo-Vlg., Zürich;
ISBN: 3858423459
Preis: DM 48,00
EUR 24,54

http://images-eu.amazon.com/images/P/3858423459.03.MZZZZZZZ.gif

Ein Interview mit der Autorin ist nachzulesen bei

Booknotes Transcript
Author: IRIS CHANG
Title: The Rape of Nanking: The Forgotten Holocaust of World War II
Air Date: January 11, 1998

Bei Amazon hat die US-Fassung inzwischen 228 Besprechungen durch Leser bekommen. Bei der deutschen gibt es erst 2. Besonders interessant ist der Beitrag von Prof. UWE MAKINO, Chuo Universität Tokyo, Juristische Fakultät

TOBIAS STRAUMANN schrieb im Tagesanzeiger vom 19.7.1999

Aber im WWW gibt es noch mehr Informationen zum Thema, so daß ich mir das Buch erst gar nicht kaufe (außer vielleicht im Modernen Antiquariat).

China News Digest. The CyberSpace Info Center for Chinese and Friends Worldwide (CND) hat die ausführlichste Darstellung:

- The Nanjing Massacre -
Japanese Imperialism and the Massacre in Nanjing
- An English translation of a classified Chinese document on the Nanjing Massacre -
by: GAO XINGZU, WU SHIMIN, HU YUNGONG, & CHA RUIZHEN

Der Übersetzer schreibt in der Einführung:

13 Kapitel und 3 Anhänge, 1 Karte und 2 Tabellen sind im WWW veröffentlicht, außerdem Vorwort und Epilog.


http://www.cnd.org:8017/njmassacre/photos/unit731e.jpg

rechts:
http://www.cnd.org:8017/njmassacre/photos/unit731b.jpg

Photographs from the Nanjing Massacre in this document are courtesy of the China News Digest Nanjing Massacre Photo Archive

Im Kapitel VI über Tötungsspiele wird z.B. berichtet, das Japaner aus den Morden Vergnügungen machten:

Weitere Links:

John Rabe

Der schon zitierte TOBIAS STRAUMANN meint über CHANGs Buch

Na gut, IRIS CHANG hat das Tagebuch gefunden. Aufbewahrt hat es R_s Enkelin URSULA REINHARDT:

Weltwoche 4/98, 22.1.1998
Japan spricht nicht über seine Kriegsverbrechen. Zum Beispiel über Nanking, 1937. Ein neues Buch klagt jetzt an...
Von RETO PIETH

Oft wird JOHN RABE mit OSKAR SCHINDLER verglichen, anscheinend auch von der New York Times, wie Amazon in der eigenen Besprechung behauptet.

Somit haben wir zwei Versionen, wer das Buch gefunden hat, CHANG oder WICKERT. Der Spiegel wird bei Amazon zitiert (beim SPIEGEL selbst ist das vermutlich nicht mehr online). Er hebt RABEs originellen Humor hervor. Z.B. richtete er eine Sprechstunde von 21 bis 23 Uhr ein. Weiter heißt es beim SPIEGEL:

The Good Man of Nanking :
The Diaries of JOHN RABE
by JOHN RABE,
ERWIN WICKERT (Editor),
JOHN E. WOODS (Translator)

Hardcover - 384 pages (November 1998)
Knopf; ISBN: 037540211X

http://www.hallmemoirs.com/images/037540211X.01.MZZZZZZZ.gif
JOHN RABE.
Der gute Deutsche von Nanking.
ERWIN WICKERT

Gebundene Ausgabe - 443 Seiten (1997) Deutsche
V.-A., Stgt.; ISBN: 3421050988
Preis: DM 48,00
EUR 24,54

http://images-eu.amazon.com/images/P/3421050988.03.LZZZZZZZ.gif

In zwei Darstellungen fand ich auch noch anderer Retter der Chinesen erwähnt, nämlich Robert Wilson und Wilhelmina Vautrin

Vergewaltigungen und Zwangsprostitution

Ungefähr jede zweite Chinesin wurde Opfer von Vergewaltigungen. Oft geschahen die in Gruppen, z.T. wurden Frauen auch entführt und zur Prostitution gefunden. Am Beispiel des Ginling College werden die Folgen deutlich. Dorthin waren etwa 20000 Frauen und Kinder geflüchtet. Japaner entführten über hundert, brachten sie aber nach tagelangen Vergewaltigungen zurück. Teilweise starben sie bald danach. (Chapter XII: Raping and Pillaging Committed by the Japanese in the Safety Zone)

Auch Kinder, Schwangere oder Alte waren nicht sicher.

Extracts from Edgar Snow's Scorched Earth, London (1941)

Confessions from Former Japanese Soldiers berichtet z.B., daß der an den Verbrechen beteiligte japanische Soldat AZUMA SHIRO, nachdem er Nanking besucht hatte, um sich zu entschuldigen, von anderen Japanern Morddrohungen erhielt. (siehe auch weiter unten "Leugnen der Verbrechen")

Weitere Links:

chemische und biologische Experimente

Die Verbrechen beschränkten sich nicht auf Gräuel, die Soldaten sozusagen bei der Arbeit ausübten, sondern umfaßten auch "medizinische" Experimente an Gefangenen wie

nach The Biochemical Warfare - Overview der Alliance for Preserving the Truth of Sino-Japanese War (APTSJW) Bei dieser Allianz ist auch eine Dokumentation "The Biological Warfare - Unit 731" online.

Alle angeblich dort zu sehenden Fotos fehlen, vielleicht weil die Verzeichnisstruktur mal geändert wurde. Ich habe ohnehin Probleme, mir so etwas anzusehen. Ansonsten ist der Aufsatz ausführlich.

Noch ausführlicher ist "the complete story" an gleicher Stelle.

Über 3000 Forscher arbeiteten in den Einheiten 731 und 100. Hauptziel war die Entwicklung biologischer Waffen.

In The Other Holocaust : Nanjing Massacre, Unit 731, Unit 100, Unit 516 werden fünfstellige Opferzahlen allein der biologischen Kriegführung angegeben:


http://www.sjwar.org/731/7-02-731-Main-Compound.JPG

The main compound of Unit 731
(Model made by the Japanese Unit 731 Exhibit Committee)

Kaum nachvollziehbar ist die US-amerikanische Bereitschaft, auf eine Strafverfolgung zu verzichten, um die "Forschungsergebnisse" selbst zu bekommen und die Sowjetunion davon fernzuhalten:

Leugnen der Verbrechen

Wie in Deutschland stellten die Alliierten auch in Japan Hauptkriegsverbrecher vor Gericht. Das Ergebnis wird bei China News Digest so zusammengefaßt:

Summary of verdicts and sentences against main Japanese war criminals
from the International Military Tribunal for the Far East

*G=Guilty; X=Not Guilty; O=Blank; U=Other. *Explanation of Counts follows table

COUNTS
ACCUSED
1 27 29 31 32 33 35 36 54 55 SENTENCE NOTE
ARAKI G G X X X X X X X X Life Imp.
Paroled 1955
DOIHARA G G G G G X G G G U Death
HASHIMOTO G G X X X O O O X X Life Imp.
Paroled 1945
HATA G G G G G O X X X G Life Imp.
Paroled 1955
HIRANUMA G G G G G X X G X X Life Imp.
Paroled 1955
HIROTA G G X X X X X O X G Death
HOSHINO G G G G G X X O X X Life Imp.
Paroled 1955
ITAGAKI G G G G G X G G G U Death
KAYA G G G G G O O O X X Life Imp.
Paroled 1955
KIDO G G G G G X X X X X Life Imp.
Paroled 1955
KIMURA G G G G G O O O G G Death
KOISO G G G G G O O X X G Life Imp.
Died 1950
MATSUI X X X X X O X X X G Death
MINAMI G G X X X O O O X X Life Imp.
Paroled 1954
MUTO G G G G G X O X G G Death
OKA G G G G G O O O X X Life Imp.
Paroled 1954
OSHIMA G X X X X O O O X X Life Imp.
Paroled 1955
SATO G G G G G O O O X X Life Imp.
Paroled 1956
SHIGEMITSU X G G G G G X O X G 7 years
Paroled 1950
Appointed Foreign Minister 1954
SHIMADA G G G G G O O O X X Life Imp.
Paroled 1955
SHIRATORI G X X X X O O O O O Life Imp.
Died 1949
SUZUKI G G G G G O X X X X Life Imp.
Paroled 1955
TOGO G G G G G O O X X X 20 years
Died 1948
TOJO G G G G G G O X G U Death
Enshrined as "martyr"
at the Yasukuni Shrine
in 1978
UMEZU G G G G G O O X X X Life Imp. Died 1949
Explanation of Counts in the Indictment:
  • Count 1: as "leaders, organizers, instigators, or accomplices in the formulation or execution of a common plan or conspiracy .. to wage wars of aggression, and war or wars in violation of international law."
  • Count 27: waging unprovoked war against China.
  • Count 29: waging aggressive war against the United States.
  • Count 31: waging aggressive war against the British Commonwealth.
  • Count 32: waging aggressive war against the Netherlands.
  • Count 33: waging aggressive war against France (Indochina).
  • Count 35 & 36: waging aggressive war against the USSR.
  • Count 54: "ordered, authorized, and permitted" inhumane treatment of Prisoners of War (POWs) and others.
  • Count 55: "deliberately and recklessly disregarded their duty" to take adequate steps to prevent atrocities.
  • Beachtet die vorletzte Zeile: "TOJO: Death. Enshrined as 'martyr' at the Yasukuni Shrine in 1978". Es handelt sich dabei um die religiöse (Ver)ehrung von japanischen Kriegstoten.

    Über eine kreative Methode, gegen die Leugnung der Verbrechen zu demonstrieren, berichtet Telepolis:

    Deutschland - Japan

    Wenn die Opfer Japan und Deutschland vergleichen, schneidet Deutschland recht gut ab: Im Gegensatz zu Japan bot es Entschädigungen, untersuchte die Verbrechen und informiert auch in Schulbüchern darüber und zahlt den Opfern Entschädigungen. Wir wissen, daß das alles nicht so toll ist und es auch hierzulande noch Leugnung und Schlußstrich-Forderungen gibt. Es stimmt aber, daß Japan sich der Verbrechen viel weniger gestellt hat.

    In den USA werden inzwischen auch Forderungen gegen Japan laut, sich endlich zu entschuldigen. Das steht in einem Resolutionsentwurf des republikanischen Kongreßabgeordneten LIPINSKI.

    Japan's Fear of Truth

    LIPINSKI vergleicht aber falsch. Die Zahlen stammen vom Center for Civilian Internee Rights Inc.

     durch Nazisdurch Japaner
    US-Kriegsgefangene im 2. WK.96.61433.021
    während der Internierung gestorben1.121 (1,1 %)12.526 /37 %)
    gefangene US-Zivilisten4.74913.996
    während der Internierung gestorben168 (3,5%)1.536 (11 %)

    Er hätte die Zahlen für sowjetische Soldaten in deutscher Kriegsgefangenschaft nennen sollen. Wie die Deutschen mit denen umging, die sie zu Untermenschen erklärt hatten, ist nicht weit entfernt davon, wie die Japaner mit ihren "Untermenschen" umgingen, vgl.

    Es wäre völlig falsch, nun Deutschland selbst so unkritisch zu sehen wie die chinesischen Opfer der japanischen Aggression. Der PDS-Bundestagsabgeordnete GERHARD ZWERENZ hat im Bundestag Aufrechnungsversuche beobachtet und berichtet das auf seiner Homepage auch mit Erwähnung des Nanking-Massakers:

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