Zeugung
Die biochemischen Vorgänge sind bekannt. Äußerlich sah es so aus, daß das nackte, gardinenlose Fenster erst hellgrau, dann graublau schien, schließlich wurde der Himmel weißlich. Die Frau wachte zuerst auf - in einem schmutzigen Hemd, mit zerzausten, ins Gesicht hängenden Haaren blickte sie trübe umher. Das Rumpeldurcheinander des Zimmers sah sie an. Durch die verklebten, zusammengekniffenen Augen erklickte sie: den Herd mit Töpfen und Papier, auf dem Tisch die leeren zwei Flaschen und eine halbvolle, ihren Unterrock auf einem Stuhl, seine Sachen über eine Stuhllehne geworfen, Stiefel, Körbe, Brocken, unabgewaschenes Geschirr, Zeitungsbogen, einen Hammer. Je weniger die Leute besitzen, desto voller sind ihre Stuben. Diese hatten nur eine: Küche, Eß- und Schlafzimmer zugleich. Darin hatten sie gestern ein Kind gezeugt. Daß es ein Sohn werden würde, wußte die Frau noch nicht. Sie sah auf den Mann; der schlief mit halboffenem Mund, schlecht rasiert, schwitzig um die Nase herum. Der Blick weckte ihn. "Koch Kaffee!" sagte er halblaut. Sie wollte zärtlich sein, in der Fortsetzung.
(und die folgt im nächsten Surftipp)
Besser, sie hätten es gelassen, aber das war in der Zeit, in der dieser Text spielt, schwieriger als jetzt. Heute möchte ich über die Geschichte der Geburtenkontrolle berichten. Darunter verstehe ich vor allem Empfängnisverhütung, weil ich meine, daß Abtreibung hilft, wenn die Familienplanung versagt, aber die gesundheitlichen Gefahren und der enorme Aufwand verbieten sollten, mit Abtreibung die Kinderzahl gering zu halten, wenn nicht schon moralische Bedenken am Abtreiben hindern. Ich weiß, daß sich in manchen Staaten Frauen anders verhalten haben, etwa in Rußland oder der damaligen UDSSR, und daß die Volksrepublik China auch mit Zwangsabtreibungen Bevölkerungspolitik betreibt. Das sprengt aber den Rahmen dieses ohnehin schon umfangreichen Textes.
Als Übersichten empfehle ich zunächst schon The History of Contraception und The Hall of Contraception von WILLIAM PETRICK. Doch nun erst mal das Inhaltsverzeichnis zu diesen Surftipps.
Über die Verhütung in der Antike schreibt die Encyclopedia Britannica einen Satz in ihrem Artikel über
The most lucid and detailed early account of contraceptive methods, however, is the work of SORANUS OF EPHESUS (2nd century AD). For all practical purposes the education of the general populace on the subject of contraception was not initiated until the early 1800s. The first systematic work in contraception was begun in 1882 by Dr. ALETTA JACOBS of The Netherlands.
Das ist dürftig! Insbesondere der Sprung von 2000 Jahren enttäuscht. Da weiß die Bibliothek der medizinischen Fakultät der Hochschule von Virginia schon mehr:
Women in the ancient world practiced birth-control with little interference from religious or political authorities. A precise knowledge of plants which could either block conception or cause abortion was resident in the oral female culture of herbalists and midwives who were eventually marginalised by the professionalisation of medicine in the 19th century CE. One of the most common contraceptive agents used in the ancient Mediterranean world was silphium which grew exclusively in the country of Cyrene in North Africa. Since Cyrene was the sole exporter of the plant, it became the citys official symbol on its coinage and it remained the citys primary source of income until the first century BCE.
Other plants used in classical times as contraceptives or abortafacients included pennyroyal, artemisia, myrrh and rue. In ARISTOPHANES comedy Peace, first performed in 421 BCE, Hermes provides Trigaius with a female companion. Trigaius wonders if the woman might become pregnant. Not if you add a dose of pennyroyal, advises Hermes. Pennyroyal grows wild and would have been readily available to ancient women. Recent studies show that pennyroyal contains a substance called pulegone that terminates pregnancy in humans and animals.
Das waren also chemische Methoden. Mechanische (Kondome und Pessare) kamen anscheinend erst später aus. Die ältesten noch erhaltenen scheinen über 300 Jahre alt zu sein, wenn ich der Rheinischen Post glaube:
Säckchen waren aus Tiergedärmen Ausstellung zeigt älteste Kondome der Welt
London (dpa). Die ältesten, noch gut erhaltenen Kondome der Welt werden ab Samstag auf einer Ausstellung in London gezeigt. Die aus dünnen Tiergedärmen hergestellten Säckchen wurden im 17. und 18. Jahrhundert allerdings nicht zur Verhütung, sondern von begüterten Herren zum Schutz vor Geschlechtskrankheiten genutzt. Sie mussten 24 Stunden vor Gebrauch in warmer Milch aufgeweicht werden, erläuterte der zuständige Experte des Britischen Museums, DAVID GAIMSTER, am Samstag. "Die Kondome waren von Hand angefertigt, wahrscheinlich sehr teuer und zum Wiedergebrauch bestimmt", sagte er. Sie sind Teil einer Ausstellung zur "Nationalen Wissenschaftswoche" im Britischen Museum.
Die Haltbarkeit und geringe Stärke der Kondome aus vorindustrieller Zeit hat die Experten nach Angaben GAIMSTERs überrascht. Ein Rätsel bleibt auch, warum die mit einem Zugband versehenen Vorrichtungen im 17. Jahrhundert ungefähr 18 Millimeter schmaler waren als moderne Kondome. Im 18. Jahrhundert waren sie um etwa elf Millimeter breiter als heutige Exemplare.
© Rheinische Post 18.3.2000
Wegen der beherrschenden Stellung der Katholischen Kirche im Mittelalter findet man auch in Texten über diese interessante Hinweise auf Verhütungspraktiken dieser Zeit. Die katholische Theologin UTA RANKE-HEINEMANN, die jeder gute Katholik auf den Scheiterhaufen wünscht, hat sich recht ausführlich dazu geäußert:
UTA RANKE-HEINEMANN: Eunuchen für das Himmelreich. Katholische Kirche und Sexualität. DM 19,90 EUR 10,17 Taschenbuch (2000) Heyne, Mchn.; ISBN: 3453165055 |
https://images.amazon.com/images/P/3453165055.03.LZZZZZZZ.gif |
Im WWW finden wir hier Auszüge daraus: Kirchliche Vorschriften bezüglich des Sexualverhaltens von Eheleuten von MAIKE VOGT-LÜERSSEN.
"Wegen der geisttötenden Gewalt des Geschlechtsverkehrs" sollten sich die Eheleute zu bestimmten heiligen Zeiten und Tagen enthalten und zwar: 20 - 40 Tage vor Weihnachten, 40 Tage vor Ostern, zwei Wochen vor und eine Woche nach Pfingsten, außerdem in allen Nächten vom Freitag auf den Samstag und vom Samstag auf den Sonntag, in den Nächten vor einem und an einem Feiertag und an den Bußtagen der Woche, also am Mittwoch und am Freitag! Stand eine Kommunion bevor, sollte man sich grundsätzlich mindestens drei Nächte vorher zurückhalten. Außerdem wurde in der Hochzeitsnacht oder sogar die ersten drei Tage nach der Trauung sexuelle Enthaltsamkeit kirchlicherseits gewünscht.
Nach GEORG DENZLERs Berechnungen durften die Eheleute 2/3 des Jahres keinen sexuellen Kontakt haben.
Szene aus Monty Pythons "Sinn des Lebens"
Über Grundlagen der Bevölkerungsentwicklung und über Bevölkerungstheorien informiert diesmal wieder umfassend und gewohnt seriös die Encyclopaedia Britannica
Weil ich aber auch in Deutsch das Staatslexikon aus den 20er Jahren besitze, das einen langen Artikel mehrerer Autoren über Bevölkerungsbewegung enthält, will ich hier nicht aus der EB zitieren, sondern daraus.
Den ähnlich aufgebauten englischen Text könnt ihr ja jederzeit im WWW finden.
Im Altertum erwartete der Staat meist von seinen Bürgern die Vermehrung, In Sparta wurde das strenger reglementiert als in Athen. In Rom war es Anliegen mancher Censoren, dem Rückgang der Censuszahlen mit Aufrufen zur Fortpflanzung zu begegnen, so etwa der Censor Q. METELLUS NUMIDICUS:
Si sine uxore vivere possemus, Quirites, omni ea molestia careremus; sed quoniam ita natura tradidit, ut nec cum illis satis commode, nec sine illis ullo modo vivi possit, saluti perpetuae potius quam brevi voluptati consulendum est
(GELLIUS I, 6, 2)
Wäre es möglich, ganz ohne Weiber auszukommen, so würden wir uns von diesem Übel auf einmal befreien; da aber die Natur es so eingerichtet hat, daß wir weder glücklich mit ihnen leben noch ohne sie die Gattung fortpflanzen können, so müssen wir mehr auf unsere dauernde Sicherheit als auf eine flüchtige Befriedigung unserer Sinne Bedacht nehmen.
Handwörterbuch... S. 737
Die Kinderlosigkeit sollte nicht nur in der Antike erschwert werden, sondern auch in den nachfolgenden Jahrhunderten. Einerseits versprachen sich die Staaten militärische, andererseits wirtschaftliche Vorteile durch eine große Bevölkerung.
Für NICOLO MACHIAVELLI (1469-1527) standen nach KARL KNIES militärische Interessen im Vordergrund:
Ein gesundes Klima, das die Zeugungskraft günstig beeinflußt, und ein ergiebiger Boden seien eine unerläßliche Bedingung für das Wachstum der Bevölkerung. Wenn aber die Bevölkerungszunahme über die Erträgnisse des Bodens hinausgehe, müsse, wie dies auch meist geschehen sei, durch Auswanderung und durch Begründung von Kolonien das entstandene Mißverhältnis zwischen Nahrungsmitteln und Bevölkerung beseitigt werden. Aber es handle sich nicht nur um eine Kolonisation nach außen, sondern auch im Innern des Landes, weil viel von einer guten Verteilung der Bevölkerung in einem Lande abhänge und es schlimm sei, wenn sich an einzelnen Punkten die Menschen zu sehr anhäuften, während an anderen Einöden seien... Könne aber einer ständig anwachsenden Bevölkerung auf diesem Wege nicht mehr geholfen werden, dann träten Naturereignisse, Pesten und Hungersnöte ein, was ebenso notwendig wie vernunftgemäß sei. Handwörterbuch... S. 741 unter Berufung auf |
http://www.pagesz.net/~stevek/images/machiavelli.jpg |
MARTIN LUTHER schrieb:
Derum zu beschließen: wer sich nicht findet geschickt zur Keuschheit, der thue beyzeiten dazu, daß er etwas schaffe und zu arbeiten habe, und wage es darnach in Gottes Namen und greife zur Ehe. Ein Knabe, aufs längste, wenn er zwanzig; ein Mägdlein, wenns funfzehn oder achtzehn Jahr ist, so sind sie noch gesund und geschickt, und lassen Gott sorgen, wie sie mit ihren Kindern ernähret werden. Gott macht Kinder, der wird sie auch wohl ernähren. Handwörterbuch... S. 741 Wenn wir auch annehmen dürfen, daß Jugendliche auch im Mittelalter bei passender Gelegenheit Sex hatten, bedeutete das jedoch nicht unbedingt die Ehe. Die sozialen oder familiären Bedingungen sprachen oft dagegen. Nichteheliche Kinder gab es immer und sie waren nicht in jedem Umfeld ein Skandal. Mit generellen Aussagen muß man aber vorsichtig sein. |
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Im Merkantilismus war man bemüht, den Vorrat an Edelmetallen zu vermehren. Konnte man diese aus eigenen Bergwerken nicht gewinnen, so glaubte man eine Handelspolitik mit "günstiger Handelsbilanz" betreiben zu müssen, d.h. eine Politik, welche mehr fertige Waren aus- als einführte und für diesen Überschuß der Ausfuhr Geld ins Land brachte. Eine solche Politik erforderte Ausfuhrartikel, und diese mußten durch die gewerbliche Arbeit gewonnen werden. Um die Gewerbe zur Blüte zu bringen, war aber eine große Zahl von Menschen, welche in den "Manufakturen" tätig waren, notwendig. Je größer die Einwohnerzahl eines Landes war, um so mehr konnte produziert werden; je mehr produziert wurde, um so mehr konnte zur Ausfuhr gelangen; je mehr ausgeführt wurde, um so mehr Gold und Silber kam ins Land... Vor allem war man bemüht, die Geburtenziffer zu erhöhen, die Einwanderung zu erleichtern, die Auswanderung zu verbieten oder zu erschweren. Handwörterbuch... S. 742 |
Reste dieser Politik sind heute in der Diskussion über die Einwanderung von IT-Experten erkennbar.
Freitag 12/2000, 17.3.2000, S. 2 |
FRIEDRICH II ließ Einwanderern schon auf der Anreise aber auch in späteren Jahren Zuschüsse zu gewähren und befreite sie jahrelang von Abgaben. Die Untertanen waren verpflichtet, den Einwanderern freundlich entgegen zu kommen und ihnen zu ihrem Unterkommen behilflich zu sein (Handwörterbuch S. 744). Das könnte man wieder den Ossis auferlegen. Aber auch Gebärfreudigkeit belohnte er: Die Dargestellte, eine geborene de MONTOLIEU DE SAINT HIPPOLYTE, war die Gemahlin des FRIEDRICH WILHELM QUIRIN DE FORCADE DE BIAIX. Als Kommandant von Berlin und preußischer Generalleutnant, der u.a. auch Domherr zu Havelberg war, leistete er König FRIEDRICH II. große Dienste. Nach seinem Tode erhielt die Generalin in Anbetracht der Verdienste ihres Mannes, ihres enormen Kindersegens, - sie soll 23 Kinder geboren haben -, und der Verehrung, die der König ihr persönlich zollte, eine Pension von 1000 Talern jährlich. Ich habe das Bild am 4. März im Schloß Friedrichsfelde auf dem Gelände des dortigen Tierparks in Ostberlin aufgenommen. |
ANDREAS MÖLLER (1684-1762) Bildnis MARIE DE FORCADE DE BIAIX (1709-1767), 1758 Öl auf Leinwand |
In England das ja auch zum Vorreiter der Industrialisierung wurde, nahm man schon früh Abschied von der mekantilistischen Bevölkerungspolitik:
Lord HARDWICKE's Marriage Act stated that, in England, if either party to a marriage was under 21, then they could not marry without parental consent. This Act did not apply to Scotland, where you only needed to be 16 years old to marry, as is the case today, with or without parental consent. Damit konnte ein schottischer Ort berühmt werden, der noch heute für Hochzeiten gern genutzt wird: Gretna Green is one of the world's most famous wedding venues, conjuring up stories of romance, scandals, and illicit trysts. For 250 years, thousands of young lovers have made for Gretna Green, where they can wed in a hurry under Scotland's lenient marriage laws. Countless stories recall lovers arriving in Gretna Green after days on the road, with an angry father in hot pursuit, who is trying to intercept the couple before the marriage can take place. No place in the world can claim such a rich wedding history: one of the oldest marriage certificates is dated 11th June 1772; making Las Vegas, and Niagara Falls look like modern interlopers. The rush to Gretna Green continues to this day. Over 4,000 couples marry in Gretna Green annually - about 13 per cent of all weddings performed in Scotland. |
http://www.gretnagreen.com/images/lovers.jpg Liebende (Statue in Gretna Green) |
Vor zwei Jahrhunderten begann ein Umdenken in der Bevölkerungspolitik. Wenn in unserer Zeit von Bevölkerungsbombe die Rede ist und dazu Diagramme der Entwicklung der Weltbevölkerung gezeigt werden, war THOMAS ROBERT MALTHUS der meist ungenannte Vorreiter. Er behauptete aufgrund seiner Daten, die Nahrungsmittelmenge wüchse linear, die Bevölkerung geometrisch. Tiere, deren Population zu groß geworden sei, würden durch Mangel an Raum und Nahrung zurückgedrängt, der vernunftbegabte Mensch müsse sich aber fragen, ob er für seine Nachfahren genügend Unterhaltsmittel beschaffen könne. Sein "Essay on the Principle of Population" ist heute online nachzulesen bei nps.org, der US-amerikanischen Organisation für negatives Bevölkerungswachstum (negative population growth). Am Ende von Kapitel VII faßt er die Erkenntnisse so zusammen: |
http://www.igc.org/desip/malthus/malthuss.gif |
Must it not then be acknowledged by an attentive examiner of the histories of mankind, that in every age and in every State in which man has existed, or does now exist,
Heute verwaltet The International Society of Malthus sein Erbe.
Auch lesenswert ist der Artikel der Encyclopaedia Britannica
Aber welche Folgerungen für die Politik und das Individuum zog MALTHUS aus seinen Erkenntnissen? M.E. ziemlich grausame wirtschaftsliberale:
Diese Pflicht ... besteht nur darin: keine Kinder in die Welt zu setzen, für welche der Erzeuger nicht sorgen kann. Diese dem Einzelnen obliegende Verpflichtung darf nun aber nicht durch eine weitgehende Armenunterstützung hinfällig gemacht werden. Deshalb verlangte MALTHUS die allmähliche Abschaffung der offiziellen Armenpflege; nur Privatwohltätigkeit für individuelle Fälle darf geduldet werden.
Handwörterbuch... S. 758
Aber nicht durch Verbote sollten Menschen an ihrem Unglück gehindert werden (wer unbedingt heiraten wolle, werde eben die Strafe der Natur, die Strafe der Not erleiden, wenn er nicht für den Nachwuchs sorgen könne), sondern Bildung und späteres Heiratsalter aus Einsicht sollten die Geburtenzahlen senken. Der bedeutende Philosoph und Malthusianer JOHN STUART MILL revidierte diese Haltung 1859 in seiner Schrift "on liberty" (über die Freiheit), in der er öffentliche Armenpflege und eine die Bevölkerungsvermehrung hemmende staatliche Gesetzgebung befürwortete. "Schon die Tatsache, daß man ein menschliches Wesen ins Leben ruft, ist eines der verantwortlichsten Handlungen im Bereiche des ganzen Dasein". Dem darf der Staat nicht mit verschränkten Armen zusehen. Und daher meint MILL, daß die Gesetze, die in vielen Ländern des Kontinents Die Ehe untersagten, sofern die beteiligten nicht genügend Mittel zum Unterhalte einer Familie nachweisen könnten, keine Überschreitung der dem Staate zukommenden Gewalt seien. Handwörterbuch, S. 767 |
Bild 25.2.2000 ein trauriges Schicksal - ich kenne das |
Die Arbeiterbewegung lehnte überwiegend den Malthusianismus ab. Einerseits liegt das sicher an den individualistischen und wirtschaftsliberalen Forderungen, die er unterstützte, andererseits auch daran, daß man die Zukunft dort generell optimistischer sah. Damit war aber nicht das letzte Wort gesprochen. Der Neo-Malthusianismus etwa JOHN STUART MILLs begann sich von radikalen "liberalen" Forderungen zu distanzieren, und auch die Hoffnung, durch Enthaltsamkeit die Bevölkerungsentwicklung in den Griff bekommen zu können, wurde begraben.
Vor allem sei von der "moral restraint", so hob man verschiedentlich hervor, nicht viel zu erwarten. Bereits i.J. 1822 wies FRANCIS PLACE auf gewisse in Frankreich zur Anwendung gelangende physische Beschränkungsmittel der Familien hin, wodurch seines Erachtens einzig und allein eine langsamere Volksvermehrung bewirkt werden könne. Es heißt, daß FRANCIS PLACE den bekannten englischen Philanthropen und Sozialisten ROBERT OWEN für seine Ideen gewonnen und daß dieser die Mitglieder seiner Arbeiterkolonie in New-Lanark zur Befolgung der ehelichen Klugheit bestimmt habe...
Von England aus verpflanzte sich die Bewegung zunächst nach Holland, wo i.J. 1882 der "Nieuw-Malthusiaansche Bond" begründet wurde...
Es wundert nicht, daß uns die Niederlande noch mehrmals auffallen werden.
Bis dahin seien alle Versuche, die Armut zu lindern, völlig vergeblich gewesen. Es gäbe nur ein Mittel, um diese mannigfachen Übel zu überwinden, um einem jeden den ihm gebührenden Anteil an Nahrung, Liebe und Muße zu sichern, um Tugend und Fortschritt der Menschheit zu ermöglichen, und dieses sei der präventive geschlechtliche Verkehr... "Ohne dies primäre und radikale Mittel", sagte DRYSDALE auf dem internationalen medizinischen Kongreß in Amsterdam 1879, "sind alle anderen wertlos; jedes andere Mittel, ohne dieses angewandt, muß den Sexualgenuß opfern, und dies wäre illusorisch. Präventiver Verkehr allein genügt vollkommen, die Armut zu beseitigen, ohne jedes Hilfsmittel"
Handwörterbuch, S. 808 ff
Über die niederländische Geburtenkontrollbewegung schreibt
Eveline Brandt
'Een vrouw zonder pil is een domme trut!'
De Groene Amsterdammer van 9 oktober 1996
'De passieve berusting in het onbeperkte moederschap is de voornaamste oorzaak van de slavernij der vrouw geworden', schreeft MARIE WILHELMINA RUTGERS-HOITSEMA in 1912 in de brochure Vrouwenbeweging en geboortecijfers. Zij was van 1900 tot 1912 voorzitster van de Nieuw Malthusiaanse Bond (NMB), de vroege voorloper van de Nederlandse Vereniging voor Seksuele Hervorming (NVSH). De NMB was als een rebelse meid die zich sinds 1881, dwars tegen de tijdgeest in, bezighield met propaganda en hulpverlening op het gebied van anticonceptie. Onder andere met behulp van het toen zéér moderne Middelenboekje, waarin het bescheiden aantal beschikbare voorbehoedmiddelen openlijk werd beschreven en toegelicht, voerde de NMB een bevlogen strijd tegen de 'dreigende overbevolking'. In de geest van THOMAS MALTHUS pleitte de bond anderhalve eeuw na diens apocalyptische voorspellingen openlijk voor geboortenbeperking in Nederland, en voor collectieve ontworsteling aan de 'vloek der vruchtbaarheid'. Verder was de bond voorstander van vrouwenemancipatie en van 'geluk en gezondheid' voor beide partners. Het pessarium werd door de Bond beschouwd als het meest betrouwbare anticonceptiemiddel. Vrouwen werden geadviseerd het pessarium iedere avond in te brengen, 'liefst voordat de man thuiskomt, dat staat wel zo aardig'.
ALETTA JACOBS - feministe van het eerste uur, NMB-aanhangster en de eerste vrouwelijke arts in Nederland - had het pessarium ondanks felle kritiek en verdachtmakerijen eind vorige eeuw in Nederland geïntroduceerd. Ook zij was ervan overtuigd dat betrouwbare anticonceptie de belangrijkste bijdrage aan de verbetering van de positie van de vrouw zou zijn. Anticonceptie is in Nederland altijd een feministisch issue geweest, al was de angst voor een bevolkingsexplosie minstens zo'n sterke motor achter de de-taboeïsering van 'voorbehoedzaam' vrijen.
Aus England und den Niederlanden holten sich die Befürworter der Geburtenkontrolle in den USA die Argumente und Anregungen. Der Sohn des oben erwähnten Sozialisten ROBERT OWEN, ROBERT DALE OWEN, schrieb das erste Buch über Geburtenkontrolle, daß in den USA veröffentlicht wurde. In der schon in Tipp 14/2000 vorgestellten Ausstellung "From Quackery to Bacteriology" fand ich in Kapitel 4 (Women's Health Care) mehr dazu:
ROBERT DALE OWENand CHARLES KNOWLTON started the American birth control movement between 1828 and 1832. In 1830, OWEN published Moral Physiology, the first book published in the country on birth control. OWEN recommended the coitus interruptus method, as he considered the sponge method physically disagreeable and the condom inconvenient. Although the birth rate declined 20 percent between 1860 and 1880 among native-born, white women, this was not due to the quality of information available on birth control, but probably the result of the antisexual beliefs of the era. Women reared to feel disgust for their bodies and flattered into believing they were the moral sex controlled the birth rate by insisting upon long periods of sexual abstinence...
By the 1870s, birth control was known as "voluntary motherhood." It was advocated by suffragists, moral reformers influenced by Social Darwinism who espoused eugenics, and members of free-love communes. Birth control methods included male continence, Karezza (both woman and man avoiding climax), vaginal douches, purgatives, diaphragms, condoms, and spermicides.
The title page of ALICE B. STOCKHAM's book on birth control, Karezza,published in 1896.
Birth control often was advocated in the 19th century not as a way to limit the number of children produced, but as a means to better offspring through eugenics. Eugenics, the science of human breeding, combined scientific fact with America's optimistic millennial belief that the race and the country could be improved through reproduction control. Eugenicists sought to improve future generations by encouraging those with above average mental and physical traits to have more children, and those with below average traits to have fewer.
MARGARET LUISE HIGGINS wurde am 14.9.1879 als sechstes von elf Kindern geboren. Ihre Mutter starb mit fünfzig Jahren. 1902, als sie gerade zur Krankenpflegerin ausgebildet wurde, heiratete Sie den Architekten WILLIAM SANGER (was hier vor allem wichtig ist, weil sie unter dem Namen MARGARET SANGER bekannt wurde), der jedoch seine Arbeit aufgab und Maler wurde. In Greenwich Village kamen sie in einen Kreis von Künstlern und politschen Theoretikern, zu denen auch MAX EASTMAN, JOHN REED, UPTON SINCLAIR, MABEL DODGE und EMMA GOLDMAN gehörten. Sie schloß sich der Sozialistischen Partei an und organisierte Streiks. 1912 begann sie eine Kolumne für den New York Call über Sexerziehung zu schreiben: "What Every Girl Should Know." Ihre Arbeit mit armen Frauen in New York's Lower East Side und der Einfluß der Anarchistin EMMA GOLDMAN, wahrscheinlich auch der frühe Tod ihrer Mutter, machten sie zu einer Verfechterin der Geburtenkontrolle. Dazu mußte sie das 1873 verabschiedete "Comstock law" bekämpfen, ein Bundesgesetz, das die Verbreitung von Informationen über Empfängnisverhütung verfolgte. Gesetzgeberisch waren diese Bemühungen SANGERs aber erfolglos und erst 1936 hob ein Gericht im Fall U.S. v. one package of japanese pessaries das Verbot nur für Ärzte auf. Erst 1971 wurde auch das Gesetz aufgehoben. In March 1914, SANGER published the first issue of The Woman Rebel, a radical feminist monthly that advocated militant feminism, including the right to practice birth control. For advocating the use of contraception, three issues of The Woman Rebel were banned, and in August 1914 SANGER was eventually indicted for violating postal obscenity laws. Unwilling to risk a lengthy imprisonment for breaking federal laws, SANGER jumped bail in October and, using the alias "Bertha Watson," set sail for England. En route, she ordered friends to release 100,000 copies of Family Limitation, a 16-page pamphlet which provided explicit instructions on the use of a variety of contraceptive methods. On arrival in England, MARGARET SANGER contacted a number of British radicals, feminists, and neo-Malthusians whose social and economic theories helped SANGER develop broader justifications for the use of birth control. She was also deeply influenced by psychologist HAVELOCK ELLIS and his theories on the importance of female sexuality. SANGER broadened her arguments for birth control claiming it would fulfill a critical psychological need by enabling women to fully enjoy sexual relations, free from the fear of pregnancy. |
http://www.plannedparenthood.org/about/photoalb/images/Lrgmarg2.jpg |
Zu der Zeit trennte sie sich von ihrem Mann und begann in Übereinstimmung mit ihren Ansichten über sexuelle Befreiung eine Reihe von Affäiren u.a. mit HAVELOCK ELLIS und H.G.Wells. Eine Frau als Sexsubjekt finde ich doch wesentlich sympathischer als spätere Emanzen, die sie als Sexobjekte lieber in der Opferrolle sahen. In England blieb sie aber nicht lange, sondern besuchte z.B. auch Kliniken in den Niederlanden, wo sie sich von den Qualitäten des Diaphragmas überzeugte, das sie nach ihrer Rückkehr in den USA propagierte (was insofern überrascht, weil sie vorher von Frauen kontrollierte Methoden wie Duschen bevorzugte und dieses Mittel von medizinischem Personal eingesetzt werden sollte). Sie mußte 30 Tage in Haft, wurde aber nach dem Tod ihrer einzigen Tochter vorzeitig freigelassen.
1916 gründete sie mit ETHEL BYRNE und FANIA MINDELL in Brooklyn die erste Klinik für Geburtenkontrolle in den USA, die Brownsville Clinic. Die dafür zu 30 Tagen Haft verurteilte BYRNE trat in den Hungerstreik und wurde als erste Frau in US-Gefängnissen durch einen Schlauch zwangsernährt.
Die Arbeit zwischen den Weltkriegen war gekennzeichnet durch Gründung von Organisationen und Kliniken, auf die ich nicht im einzelnen eingehen will. Die Universität New York betreut und veröffentlicht ihre Schriften im "Margaret Sanger Projekt". Dort findet ihr Details. Erleichtert wurde ihre Arbeit durch die Heirat mit dem Millionär JAMES NOAH H. SLEE 1922. Sie vereinbarten finanzielle und sexuelle Unabhängigkeit. SLEE, der 1943 starb, wurde der Hauptunterstützer der Geburtenkontrollbewegung.
Obwohl der Schwerpunkt ihrer Arbeit sie vom radikalen Feminismus, Sozialismus und Anarchismus wegführte zu "more conservative mainstream middle-class values", legte sie sich besonders mit der Katholischen Kirche an (und drohte Jahrzehnte später, die USA zu verlassen, wenn KENNEDY Präsident würde - das hat sie aber nicht wahr gemacht).
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden ihre Anstrengungen noch internationaler (frühe Form der Globalisierung?). Schon 1927 hatte sie die Genfer Weltbevölkerungskonferenz organisiert. Sie begründete 1952 die International Planned Parenthood Federation mit. Deren deutsche Mitgliedsorganisation ist übrigens Pro Familia, deren Homepage aber überhaupt keine geschichtlichen Informationen bietet. Das ist blamabel. Außerdem unterstützte sie die Forschung zur Entwicklung neuer sicherer Verhütungsmethoden.
Sie starb am 6.9.1966 in Tucson, wenige Monate nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA im Fall GRISWOLD v. Connecticut, die die Geburtenkontrolle für Ehepaare legalisierte.
Erstmals besuchte SANGER Deutschland 1920. Die Margaret Sanger Papers nennen vor allem HANS LEHFELDT als deutschen Vertreter der Geburtenkontrollbewegung, der von MARGARET SANGER stark beeinflußt worden sei. Nach der Weltbevölkerungskonferenz in Genf besuchte SANGER 1927 Berlin und hielt Vorträge über Verhütungsmittel. Im August 1929 hielt SANGER wieder ein Seminar in Berlin, an dem auch LEHFELDT teilnahm. Zu dieser Veranstaltung hatte ERNST GRÄFENBERG eingeladen, der einen Intrauterinring entwickelt hatte, heute aber vor allem als Entdecker des G-Punktes (den möchte ich auch mal finden) bekannt ist. LEHFELDT schrieb ein Ehebuch, das SANGER gerne in den USA verbreitet hätte, wenn die Zensur sie nicht zwingen würde, alles wegzulassen, was man wissen wolle. Unter der Naziherrschaft konnten Vertreter der deutschen Geburtenkontrollbewegung mit SANGERs Hilfe in die USA emigrieren. Auch LEHFELDT mußte Deutschland verlassen. Als Jude und Sozialreformer war er doppelt gefährdet. Er kehrte nach dem Zweiten Weltkrieg nicht nach Deutschland zurück.
Deshalb wird er heute im Rahmen des Margaret-Sanger-Projektes erwähnt, eine für die Geburtenkontrolle in Deutschland mindestens so bedeutende Frau aber nicht, nämlich ANNE MARIE DURAND-WEVER. Auch die von ihr mitbegründete Pro Familia verzichtet im Gegensatz zur US-Schwesterorganisation auf eine "historical timeline" im Internet. Deshalb stütze ich mich hier nur auf einen Aufsatz aus dem Pro Familia Magazin 1/2000, aus dem auch das Foto stammt:
HANNA PIEPER:
Engagiert, ungewöhnlich und zäh: ANNE MARIE DURAND-WEVER
Kosmopolitin und Pionierin der Familienplanung - Gründungsmitglied der PRO FAMILIA
S. 32 f
1889 in Paris geboren, verbrachte sie ihre Kindheit in Bulgarien, Rumänien, Brasilien und mit kurzen Zwischenaufenthalten in Berlin. ANNE MARIE war Diplomatenkind... Bis zum 10. Lebensjahr wurde sie zu Hause von exzellenten Lehrern unterrichtet. Ihre erste intellektuelle Liebe galt denn auch der Mathematik und der französischen Grammatik. [Mathematik kann ich ja noch verstehen, aber Grammatik?] Das änderte sich allmählich, als die Familie um die Jahrhundertwende nach Chicago zog... Das Grundstudium [in Gynäkologie] absolvierte sie in Marburg, klinische Semester in Straßburg... Nach der Fachausbildung in Chirurgie, Gynäkologie und Frauenheilkunde promovierte sie 1917.
In dieser Zeit hatte sie den Münchener Architekten WERNER DURANDgeheiratet und wurde Mutter. [Aber er wurde nicht Künstler wie der Mann von MARGARET SANGER, der auch erst Architekt war.] Sie beriet Frauen über die verschiedenen Methoden der Empfängnisverhütung und schrieb Aufklärungsbücher...
1927 zog die Familie ins weltoffene Berlin. Dort schloss sich DURAND-WEVERdem Arbeitskreis für Geburtenregelung an und erhielt den Vorsitz im überparteilichen "Frauenbund zur Reform der Sexualgesetzgebung"... Über ihre internationalen Beziehungen/Verbindungen lud sie MARGARET SANGER... zu einer Vortragsreise nach Berlin ein. So entstand 1927 zwischen den beiden Frauen eine enge Freundschaft, die sich später noch als tragfähig erweisen sollte.
... Die Nazis verbrannten ihre Bücher und zwangen sie, ihre sozialpolitischen Ämter niederzulegen. Als Ärztin konzentrierte sie sich auf Geburtshilfe, bis sie sich um Kriegsopfer kömmern musste. Nach den Siegesfeiern am 8. Mai 1945 richtete sie im Luftschutzbunker eine poliklinische Ambulanz ein, in die über 500 vergewaltigte Frauen kamen...
Im Sommer 1946 fand die Familie DURAND-WEVER in der Ansbacher Straße 3, dem späteren Zentrum der PRO FAMILIA in Berlin, eine geeignete Wohnung und eine neue Praxis. Auch das erste CARE-Paket traf ein, Absenderin: MARGARET SANGER...
In dieser Zeit spielte [HELENA] MCKIBBEN [eine Freundin aus Chicagoer Zeiten] Schicksal. Sie sorgte für die Teilnahme ihrer Freundin DURAND-WEVER an der Cheltenham-Konferenz in England, der ersten Birth-Control-Conference in Europa mit VertreterInnen aus England, den USA, Holland und Schweden. Es gab ein Wiedersehen mit MARGARET SANGER und neue wichtige Bekanntschaften, beispielsweise mit der Schwedin ELISE OTTESEN-JENSEN und HELENA WRIGHT aus Großbritannien. 1952 sollten sie zusammen die International Planned Parenthood Federation (IPPF) leiten... Das gemeinsame Engagement gipfelte am 20. Juli 1952 in der Gründung der "PRO FAMILIA - Deutsche Gesellschaft für Ehe und Familie" in Kassel...
ANNE MARIE DURAND-WEVER starb am 14. September 1970 im Alter von 89 Jahren.
Immerhin habe ich doch noch etwas über sie im WWW gefunden, nämlich:
ANNETTE F. TIMM
The Legacy of Bevölkerungspolitik: Venereal Disease
Control and Marriage Counselling in Post-WW II Berlin
Peer-reviewed scholarly article published in: Canadian Journal of History/Annales canadiennes d'histoire XXXIII, August/août 1998, pp. 173-214, ISSN 0008-4107 ©
Canadian Journal of History
A City at War II
aus: CORNILIUS RYAN, The Last Battle (New York, 1966).
Dort geht es um ihre Arbeit in Berlin im Zweiten Weltkrieg und kurz danach.
To Mothers - Our Duty (26.3.1911)
We should organize under a banner which advocates our cause. We should join the party (there is but one, the Socialist party) which solves the problems of each and every grievance of these working women and children.
First, we should demand through this party absolute equality of the sexes.
Second, to put back the mothers or the prospective mothers, into the homes, and give her a pension sufficient to keep herself and child. I can hear wails of protest concerning this last demand, on the ground that it will make vagrants of the fathers or will give them more time and money for saloons. All I can ask is that you look into this, find out what has been done, and the results you will find will remove that argument completely. It has been the experience of those interested in this, that when a man feels his burdens partly lifted, he is mentally and physically better fitted for life's work.
Third, to support and educate the children, and by support we mean clearly to feed and clothe them, until they are at least 16 years of age.
Fourth, to keep every child, regardless of race, color, or creed, in this United States out of all factories, mills and all industrial fields which tend to dwarf the physical or mental development of the children.
Last, to pull down completely this system, which mangles and stunts the minds, morals and bodies of our boys and men; to fight this awful viper, which undoes all our life's work, to crush and stamp it out forever. This, mothers, is a duty which must go hand in hand with our every day duties, or our life's work will be all for nothing.
Comstockery in America (Juli 1915)
ANTHONY COMSTOCK was born in 1844. He has been Secretary and Special Agent for the Society for the Suppression of Vice since 1873; also U. S. Post Office Inspector since the same year. He records that he has destroyed 160 tons of literature and brought 3,760 "criminals" to "justice" during these years.
There is no doubt in the minds of thinking people that the influence of the Church in America has gradually been declining since the days of Robert Ingersoll and that today, as a power, it has almost entirely collapsed. But the relentless war which Ingersoll waged against the Church and the present-day power of Comstock are somewhat connected: the Church feeling its power going from it, through INGERSOLL's influence, grasped at the straw held out to it by the Government, called the "Comstock laws." These were passed in 1873, and prohibit the sending of any matter through the mails which, in the opinion of ANTHONY COMSTOCK, the Postal Authorities choose to call "obscene."
... The passing of the Comstock laws in 1873 was designed to aid and abet both moral and religious prejudice and persecutions. This aroused the wrath of the free-thinking and liberty- loving populace, and in 1878 great agitation was aroused against these laws: a petition was presented to Congress, headed by the name of ROBERT G. INGERSOLL and signed by 70,000 "freemen," requesting the repeal of these outrageous laws. They were passed and executed ostensibly to prevent the passage of obscene literature through the U. S. mails, but actually were designed and enforced to destroy the liberty of conscience and thought in matters of religion and against the freedom of the press.
The petition caused great agitation and aroused so much interest that a few years later the law was revised, removing the interference of religious prejudice, but the moral interference was left and ANTHONY COMSTOCK then became the official guardian of American morality.
Man hat MARGARET SANGER hauptsächlich vorgeworfen:
In der Tat stand zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch bei Neomalthusianern Eugenik in gutem Ruf. In vielen auch demokratischen Staaten wurden Gesetze erlassen und Maßnahmen ergriffen, die uns heute entsetzen, etwa die Zwangssterilisation von vermutlich Erbkranken oder das Wegnehmen der Kinder bei Zigeunern. Ohne dies jetzt mit Hyperlinks belegen zu können, sind mir solche Berichte über Schweden, Kanada und die Schweiz in letzter Zeit schon begegnet. Auch die Nazigesetzgebung zur Verhütung erbkranken Nachwuchses basierte auf unverdächtigen Überlegungen aus der Weimarer Republik, und wurde offiziell nicht als Strafe, sondern als Maßnahme verkauft. Erst die "Euthanasie" genannten Morde brachten die Eugenik nachhaltig in Verruf. Die kann man aber nicht MARGARET SANGER anhängen. Sie hat ja auch nicht gefordert, die Vermehrung etwa der Neger einzudämmen, sondern allen (also sowohl Weißen als auch Schwarzen) die Möglichkeit zu geben, selbst die Zahl ihrer Kinder zu bestimmen. Entsprechend sah auch MARTIN LUTHER KING jr. Gemeinsamkeiten zwischen ihrer und seiner Bürgerrechtsbewegung:
There is a striking kinship between our movement and MARGARET SANGER's early efforts. She, like we, saw the horrifying conditions of ghetto life. Like we, she knew that all of society is poisoned by cancerous slums. Like we, she knew that all of society is poisoned by cancerous slums. Like we, she was a direct actionist - a nonviolent resister. She was willing to accept scorn and abuse until the truth she saw was revealed to the millions. At the turn of the century she went into the slums and set up a birth control clinic, and for this deed she went into the slums and set up a birth control clinic, and for this deed she went to jail because she was violating an unjust law. Yet the years have justified her actions. She launched a movement which is obeying a higher law to preserve human life under humane conditions. MARGARET SANGER had to commit what was then called a crime in order to enrich humanity, and today we honor her courage and vision; for without them there would have been no beginning. Our sure beginning in the struggle for equality by nonviolent direct action may not have been so resolute without the tradition established by MARGARET SANGER and people like her. Negroes have no mere academic nor ordinary interest in family planning. They have a special and urgent concern.
vgl dazu auch The Demonization of MARGARET SANGER, MARGARET SANGER Papers Project Newsletter, #16, Fall 1997.
Mehr zu den Eugenik- und Rassismus-Vorwürfen bei Planned Parenthood.
Die Hochzeit mit dem Präsidenten der Three-In-One Oil Company, J. NOAH H. SLEE, am 18.9.1922 hat nicht nur in Ihrem Notizbuch kaum Spuren hinterlassen, sondern ist auch ihrem Freundeskreis zunächst völlig entgangen. Erst im Februar 1924 berichtete die Presse darüber. Die Buffalo Times zitierte sie am 20.2.1924:
Ein wichtiger Grund für die Geheimniskrämerei schein die Furcht vor Bettelbriefen gewesen zu sein. Nach Bekanntwerden der Ehe wurde sie oft um Unterstützung gefragt und SLEE gab auch viel Geld an die Geburtenkontrollbewegung. Ungewöhnlich war die Ehe sicherlich wegen der Unabhängigkeit der Partner und der langen Phasen der Trennung, die aber auch den Zusammenhalt gestärkt haben können. (vgl. Anniversary of a Second Marriage, MARGARET SANGER Papers Project newsletter #16, Fall 1997)
Schon in den 20er Jahren bereiste MARGARET SANGER Asien, 1927 organisierte sie die Weltbevölkerungskonferenz in Genf. Dabei suchte sie die Unterstützung vor Ort. In aller Welt sollten Organisationen für Familienplanung und Geburtenkontrolle gegründet werden. Kolonialismus stelle ich mir anders vor. Auch das PINCUS die Pille in Puerto Rico testete, liegt wohl eher an praktischen Vorteilen als daran, daß die Einwanderung aus Puerto Rico gebremst werden sollte. Schließlich sollte das Präparat später in den USA vermarktet werden. Ausgerechnet mit dem Vorwurf, sie sei eine starke Rassistin, wollte der katholische Bischof ROBERT CARLSON ein Plakat der American Library Association aus der Serie "Great Minds Meet at the Library" aus der University of St. Thomas library entfernen lassen. Das war aber nur eine Ausrede mit dem populären Argument politischer Unkorrektheit. In Wirklichkeit dürfte die Feindschaft zwischen ihr und der Katholischen Kirche der Grund gewesen sein. (vgl. SANGER, Censorship, and the Catholic Church -- The Latest Battle in a Long War, MARGARET SANGER Papers Project Newsletter, #6, Winter 1993/4.) |
http://www.maz.net/dhmd/die_pille/jpegs/2.ber/2_popbom.jpg |
Die Encyclopaedia Britannica schreibt über
PINCUS, GREGORY (GOODWIN)
b. April 9, 1903, Woodbine, N.J., U.S.
d. Aug. 22, 1967, Boston, Mass.
American endocrinologist whose work on the antifertility properties of steroids led to the development of the first effective birth-control pill.
PINCUS was educated at Cornell University and Harvard University (M.S., Sc.D., 1927) and also studied in England and Germany. He was a faculty member at Harvard (1931-38), Clark University in Worcester, Mass. (1938-45), Tufts Medical School in Medford, Mass. (1946-50), and Boston University (1950-67).
In 1944 PINCUS and HUDSON HOAGLAND founded the Worcester Foundation for Experimental Biology, which became an important centre for the study of steroid hormones and mammalian reproduction. MARGARET SANGER encouraged his work, and in 1951 PINCUS and his collaborators began to work with synthesized hormones and the prevention of pregnancy. They found that inhibition of ovulation was an effective means of preventing pregnancy in laboratory animals and moved to perfect an oral contraceptive for women.
PINCUS' publications include The Eggs of Mammals (1936) and The Control of Fertility (1965). He also edited a number of monographs on aspects of hormones.
http://www.plannedparenthood.org/ABOUT/PHOTOALB/images/LRGDRINC.JPG
Hier hält GREGORY PINCUS etwa 1950 eine Pille. Die anderen beiden sind General WILLIAM DRAPER and CASS CANFIELD, PPFA board chairperson.
Finanziell unterstützt wurde die Forschung von KATHARINE DEXTER MCCORMICK, eine der ersten Absolventinnen des Massachusetts Institute of Technology. Sie wurde von MARGARET SANGER GREGORY PINCUS und MIN CHUEH CHANG vorgestellt, die an der Worcester Foundation in Massachusetts forschten. MCCORMICK gab jährlich 180000 $ für diese Forschung und klinische Versuche mit der Pille durch Dr. JOHN ROCK, einen bedeutenden katholischen (!) Gynäkologen. 1960 genehmigte die Food and Drug Administration das erste orale Verhütungsmittel. Hier war es also ausnahmsweise nicht SANGER, der die größte Bedeutung zukommt!
SANGER had contributed a small amount of her own money to support the work of PINCUS and his associates, but by 1951 preliminary work on the creation of a hormonal contraceptive that could be taken orally required a far more significant infusion of funds than SANGER could provide. Encouraged by SANGER, MCCORMICK invested approximately $3 million in this research, eventually enabling clinical tests of the anovulant to be undertaken in Puerto Rico. In 1960, the FDA formally approved Enovid, the first birth control pill.
Bereits in Surftipp 44/1999 bin ich auf LORETTA LYNN eingegangen. Ihre Texte hat aber wahrscheinlich kaum eine(r) der wenigen BesucherInnen meiner Homepage gelesen, deshalb komme ich hier noch mal darauf zurück. LORETTA heiratete mit 13 Jahren! Danach wurde sie mehrmals schwanger, ohne zu wissen warum:
Diese Erfahrung, aber auch das Glücksgefühl, endlich die Pille zu benutzen, gibt ihr Titel "The Pill" wieder:
The Pill
You wined me and dined me when I was your girl,
Promised if I'd be your wife,
You'd show me the world.
But all I've seen of this ol' world is a bed and a doctor's bill.
I'm turnin' down your brooder house,
'Cause now I've got the pill.
All these years I've stayed at home while you had all your fun,
And every year that's gone by,
Another baby's come.
There's gonna be some changes made,
Right here on Nursery Hill,
You've set this chicken your last time,
'Cause now I've got the pill.
The old maternity dress I've got is going in the garbage,
The clothes I'm wearing from now on
Won't take up so much yardage.
Mini skirts, hotpants, and a few little fancy frills,
I'm makin' up for all those years,
Since I've got the pill.
I'm tired of all your crowing,
How you and your hens play.
While holding a couple in my arms,
Another's on the way.
This chicken's done tore up her nest,
And I'm ready to make a deal.
And you can't afford to turn it down
'Cause you know I've got the pill.
This incubator is overused because you've kept it filled,
The feeling good comes easy now
Since I've got the pill.
It's getting dark,
It's roosting time.
Tonight's too good to be real.
Oh but daddy don't you worry none,
'Cause momma's got the pill.
Oh daddy don't you worry none,
'Cause momma's got the pill.
1967 äußerte sich JUDITH HERZBERG eher mit gemischten Gefühlen in ihrem Gedicht 'Pil':
'Zeer tegen mijn wil slik ik zondag, maandag, enzovoorts dat roze rondje dat mijn innerlijk verstoort, tegen mijn wil, maar met mijn wil, want als een kip heb ik dozijnen kinderen die ik niet leg, niet leggen wil.' |
Sehr gegen meinen Willen schlucke ich sonntags, montags und so weiter das rosa Rundstückchen, das mich innerlich verstört gegen meinen Willen, aber mit meinem Willen, weil als Huhn habe ich Dutzende von Kindern, die ich nicht lege nicht legen will. |
Generell wurde die Pille aber von Feministinnen freudig begrüßt, schließlich besiegte sie den "Fluch der Fruchtbarkeit". Die niederländische Aktionsgruppe "Dolle Mina" kämpfte nicht nur für freie Abtreibung, sondern auch für die Bezahlung der Pille durch Krankenkassen.
Dus stelde Dolle Mina onomwonden: 'Een vrouw zonder voorbehoedmiddelen is een domme trut!' En in oktober 1970 hielden de vrijgevochten vrouwen een demonstratieve optocht door de Amsterdamse binnenstad, met spandoeken waarop kreten als 'Moeders wil is wet, met de pil naar bed', 'De pil moet rollen', en 'De pil voor 0 cent. U geniet zoveel meer'.
Vrouwen konden maar beter massaal aan de pil gaan - het was immers revolutie! Dolle Mina zag in de pil ook dè mogelijkheid voor vrouwen om zich net als mannen op een zorgeloze manier seksueel te ontplooien. En inderdaad heeft de pil een enorme impuls aan de seksuele revolutie gegeven die zich in vele Westeuropese slaapkamers schoorvoetend aan het voltrekken was. Opeens konden zowel mannen als vrouwen daar even 'bevrijd' aan deelnemen. Vrouwen waren, als het er in bed op aankwam, niet langer aangewezen op het verantwoordelijkheidsgevoel van hun man. En zij konden zich, (tijdelijk) verlost van de 'vloek der vruchtbaarheid', opeens ook wijden aan studie, werk en carrière.
In 1972 kreeg Dolle Mina haar zin - de pil werd in het ziekenfondspakket opgenomen en werd daarmee 'gratis' voor iedereen. Binnen een paar jaar nam het gebruik explosief toe.
(Eveline Brandt, a.a.O.)
Das Dresdener Deutsche Hygiene Museum zeigte vom 1. Juni bis zum 31. Dezember 1996 die Ausstellung "Die Pille. Von der Lust und von der Liebe" - Die erste umfassende Ausstellung zum Thema "Antibabypille". Auf der eigenen Homepage findet man fast nichts mehr dazu, ich wußte aber, daß es mal mehr im WWW gab und habe dem Museum am 4.11.1999 eine Mail geschickt, die bis heute unbeantwortet blieb. Trotzdem habe ich die gesuchten und wirklich sehenswerten Seiten doch noch wiedergefunden.
Dort erfährt man auch, wann die Markteinführung der ersten Präparate war: 1960 bringt der Chicagoer Pharmakonzern C. D. Searle mit Enovid 10 weltweit die erste Pille auf den amerikanischen Markt. 1961 ist es die Berliner Schering AG, die Anovlar als erste Pille in Deutschland und Europa zur Verfügung stellt. 1965 zieht die DDR nach. VEB Jenapharm läßt Ovosiston als hormonales Kontrazeptivum in das Arzneimittelregister der DDR eintragen. |
http://www.maz.net/dhmd/die_pille/giffs/2.ber/2_Medal.gif Für hervorragende Qualität - eine Goldmedaille für "Ovolon" |
Die Pille: Traum von der Liebe ohne Angst (Besprechung in der ZEIT)
Das Nederlands Drogisterij Museum besitzt auch einige Verhütungsmittel, zeigt diese jedoch nicht im Internet. |
http://www.drogisterijmuseum.nl/images/naamgez.gif |
Im Freilichtmuseum Kommern wird in einer Ausstellung über Kindheit auf dem Lande auch eine Vitrine mit Verhütungsmitteln gezeigt. Oben liegen Termometer, Kalender und drei Medikamentenschachteln, unten zwei Medikamentenschachteln und Kondome. Dazu wird erläutert:
Außer der christlichen Kirche, die die Geburtenregelung verwarf, Zeugung von Nachwuchs oder aber Enthaltsamkeit forderte, nahmen gesellschaftliche Regelungen Einfluß auf die Geburtenzahlen: Heiratsverbote, Heraufsetzung des Heiratsalters, eine besondere Steuer für Ledige. Empfängnisverhütende Praktiken, die Eigenschaften von Tinkturen aus verschiedenen Pflanzen, wie auch die empfängnishemmende Wirkung des Stillens waren zwar schon im 18. Jh. einer breiten Bevölkerung bekannt - Schutzmaßnahmen wurden jedoch nur selten ergriffen. Abtreibungen, Aussetzungen und Kindestötungen waren Folgen fehlender Planung. Moderne Geburtenkontrolle verbunden mit dem Angebot zahlreicher Verhütungsmittel, hat sich erst ab 1960 durchgesetzt. |
Weil ich immer wieder auf einfache Fragen keine Antwort bekomme, möchte ich einmal jährlich den "Virtuellen Faulen Sack" verleihen. Er ist undotiert und hat Ähnlichkeiten mit der "Sauren Gurke" für frauenfeindliche Sendungen oder der Wahl der schlechtesten Filme. Hier nun die Preisträger:
Fauler Sack in Bronze
Ein halbes Jahr antwortete das Deutsche Hygiene Museum in Dresden nicht auf die Frage nach der Adresse der Pillenausstellung im Internet. Das ist Bronze wert.
Fauler Sack in Silber
Der geht an ML-Mona Lisa. Hier bin ich mir nicht sicher, ob es Faulheit oder die Angst war, einen Fehler zugeben zu müssen. Am 22.8.1999 behauptete die Sendung, Alice Schwarzer hätte einen Prozeß gegen Helmut Newton gewonnen. In Wirklichkeit war es umgekehrt, worauf ich schon einen Tag später hinwies. Bis heute bekam ich keine Antwort.
Fauler Sack in Gold
Leider muß ich den sonst so geschätzten Deutschlandfunk auszeichnen. Dem schrieb ich am 10.6.1998:
Danach rief mich der Leiter der Pressestelle an, schriftlich habe ich nichts bekommen.
Die Pille hat natürlich auch Gegner aktiv werden lassen. In der in Zeiten des II. Vatikanischen Konzils reformorientierten Katholischen Kirche stand zunächst nicht fest, welche Haltung das Lehramt einnehmen würde. Außerdem ging es nicht nur um die Pille, sondern um eine Bewertung der Empfängnisverhütung generell. 1968 wurde schließlich jedoch jede Methode abgelehnt, die nicht die unfruchtbaren Tage der Frau ausnutzt.
ENZYKLIKA PAPST PAULS VI.
ÜBER DIE RECHTE ORDNUNG DER WEITERGABE MENSCHLICHEN LEBENS
"Humanae vitae" 25. Juli 1968
Von den deutschen Bischöfen approbierte Übersetzung
Der folgende Beitrag ist entnommen aus: "das Neue Groschenblatt", September 1998, S. 3
Papst Paul VI. hat seine Antwort auf die Frage nach der Geburtenregelung "im Lichte einer ganzheitlichen Schau des Menschen und seiner Berufung, seiner natürlichen und irdischen, wie auch seiner übernatürlichen und ewigen Berufung" gegeben; demnach haben die Eheleute bei der Aufgabe, das Leben weiterzugeben, "nicht die Freiheit, nach eigenem Gutdünken vorzugehen, als ob sie in ganz eigenständiger Weise die zu beschreitenden, sittlich erlaubten Wege festlegen könnten. Sie müssen vielmehr in ihrem Handeln mit dem göttlichen Schöpferwillen übereinstimmen, der durch das Wesen der Ehe und ihrer Akte zum Ausdruck kommt und sich in der stets gleichbleibenden Lehrverkündigung der Kirche kundtut" (Nr. 10). Diese aber lautet, "daß jeder eheliche Akt offen bleiben muß für die Weitergabe des Lebens" (Nr.11).
Der Papst hat sich seine Aufgabe wahrlich nicht leicht gemacht. Sein Vorgänger JOHANNES XXIII. hatte schon 1963 eine Studienkommission eingesetzt, die sich aber in der Beurteilung der vorzulegenden sittlichen Normen nicht einigen konnte. So sah sich PAUL VI. genötigt, "die schwerwiegende Frage persönlich zu untersuchen"; als Leitlinie dienten ihm dabei die Vorgaben des Konzils. Die Kirche hat die Empfängnisverhütung von Anfang an verurteilt; auch die verschiedenen protestantischen Konfessionen gingen in dieser Frage bis zur Lambeth-Konferenz im August 1930 mit ihr einig. Kardinal EDUARD GAGNON, Präsident des Päpstlichen Rates für die Familie, enthüllte bei einem Vortrag am 27. Juni 1989 in Washington, daß dem Vatikan Ende der sechziger Jahre "einige Millionen Dollar" angeboten wurden, wenn die katholische Kirche ihre Lehre über die Unerlaubtheit der künstlichen Verhütung zurücknehme...
"Um Liebe und Ehe war eine der größten Schlachten unserer Zeit im Gange. Alle Teufel waren losgelassen mit ihren Scheingründen. Es war die Verschwörung der Technokraten und der Libertiner. Die einen wollten auch auf das Gebiet der Familie ihre Universalplanifikation (Gesamtplanung, -programmierung) ausdehnen. Die anderen sahen in der sexuellen Freiheit eine von den Grundformen, die errungen werden müssen. Der dunkle Einfluß der Psychoanalyse wollte weismachen, Keuschheit sei ein Mythos und sexuelle Perversion gebe es überall" (Kardinal JEAN DANIÉLOU). Man kann es PAUL VI. nicht hoch genug anrechnen, daß er vor dieser doppelten Widerstandsfront nicht kapitulierte, sondern getreu seinem Auftrag als oberster Wächter und Lehrer der Kirche "sogar gegen gewisse Theologen die Partei des Menschen gegen sich selbst ergriffen hat" (DANIÉLOU))...
Tatsächlich wurde 1988 auf einem Moraltheologenkongreß im Vatikan davon gesprochen, daß an die 80 Prozent der katholischen Eheleute, 70 Prozent der Beichtväter und 90 Prozent der Moraltheologen die Lehre von "Humanae vitae" ablehnen. Die Zahlen waren zweckdienlich wahrscheinlich zu hoch gegriffen, sie zeigen aber unmißverständlich, daß das Wort des Papstes, d. h. die beständige Lehre der Kirche für einen Großteil der Katholiken nicht mehr gilt und die katholische Kirche in einem entscheidenden Punkt ihrer Lehre und ihres Lebens gespalten ist. So blauäugig können wache Christen nicht sein zu meinen, daß die zerrütteten Ehen, die leeren Kirchen und Priesterseminare und die sich auflösenden Familien bis hin zum verbissenen Ringen um den kirchlichen Beratungsschein in Deutschland damit nichts zu tun hätten.
Inzwischen beginnt es dort und da zu dämmern. Man spürt, daß zuviel Chemie im Leib des Menschen seiner Gesundheit nicht guttut. Selbst viele Feministinnen haben durchschaut, wie frauenfeindlich die ganze Verhütungsideologie ist. Man beginnt die natürliche Empfängnisregelung wieder ernster zu nehmen. [Feministinnen und Katholische Kirche auf der gleichen Seite - das kennt man vom Kampf gegen "Pornos" und "Wichser"]
Dazu ein Text des konservativen österreichischen Bischofs KRENN:
Empfängnisverhütung, II.
KARL HÖRMANN
Lexikon der christlichen Moral
LChM 1976, Sp. 348-357
habe ich nicht gelesen, der erste Eindruck reichte.
Ähnlich war es bei "Christliche Texte im Lateinunterricht - ein Projekt für die 10. Jahrgangsstufe am Beispiel der Enzyklika 'Humanae vitae'". Dieses 74-seitige Werk ist eine schriftliche Hausarbeit zur Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien im Fach Latein. Angefertigt wurde es von StRef ALBAN SEDLMEIER am Albertus-Magnus-Gymnasium in Regensburg.
Hier gilt weitgehend die Kritik, die ich auch schon an VERENA KRUSCHKE übte, analog: Leere Absätze statt Format / Absatz / Einzüge und Abstände / Abstand vor/nach, mehrere Tabulatoren hintereinander statt benutzerdefinierter, Nichtverwenden von Überschriftsformatvorlagen, kein Zusammenhalten mit folgenden Absätzen usw. Ihr seht, daß ich solche Kritik nicht aus Frauenfeindlichkeit äußere.
In den mich prägenden 70er und 80er Jahren waren sexuelle Revolution und Begeisterung über die Pille weitgehend verschwunden. Frauen sahen oft nur Nachteile in der Verhütung, insbesondere in der Pille. Daß ausgerechnet als die Risiken und Nebenwirkungen früher überdosierter Präparate verschwunden waren, die Kritik daran populär wurde, hätte MARGARET SANGER wohl nicht verstanden. Ich fand besonders pikant, wenn ausgerechnet Raucherinnen auf vorsichtig machten und keine Chemie in sich hineinstopfen wollten.
ANJA MEULENBELT schrieb 1975 in Sekstant:
EVELINE BRANDT faßt a.a.O. die neuen Argumente gegen die Pille so zusammen:
Die Erkenntnis "Wenn eine Frau nein sagt, meint sie nein" schien vergessen. Braucht Frau wirklich die Ausrede, sie könne schwanger werden, um den Mann abzuwehren? Und wenn schon Ausreden, warum nicht die traditionelle "Migräne"? Bei mir schien jedenfalls keine Probleme gehabt zu haben, nein zu sagen.
De pil werd kortom niet langer slechts geprezen, maar werd ook wel gezien als een 'patriarchaal onderdrukkingsinstrument', uitgedacht door mannen in laboratoria, voorgeschreven door mannen in spreekkamers, ten behoeve van mannen in bed. Met de pil draagt de vrouw in heur eentje de verantwoordelijkheid voor de anticonceptie; zijn genot staat wéér voorop, ongecompliceerd en ongehinderd door condooms, want zij zal hen beiden behoeden voor ongepland nageslacht.
Moderne vrouwen moesten seks - óók van Dolle Mina ' dan wel eindelijk leuk gaan vinden, in de vrouwen- praatgroepen werd steeds duidelijker dat de seksuele revolutie hun minder seksuele vrijheid en plezier had gebracht dan zij hadden verwacht. De technische loskoppeling van seksualiteit en voortplanting mocht dan realiteit zijn geworden, de manier van vrijen bleef op voortplanting gericht, waarbij aan háár behoeften nog altijd vaak voorbij werd gegaan.
Damit meinte frau, der schwanzfixierte Koitus sei - wie Untersuchungen zeigen - nicht die optimale Methode für Frauen, zum Orgasmus zu kommen. [Na gut, bei mir auch, aber Wichsen allein ist arg ungesellig.] Erst durch anderen Sex (oral? manuell?) gäbe es gesunde Orgasmen in gesunden Körpern. Die Folgen waren nervende Diskussionen mit den Partnern.
Wenn ich selbst auch keine so krassen Verhütungsdebatten führen mußte, so glaube ich doch, daß das Kultbuch
Der Tod des Märchenprinzen Frauenroman DM 14,90 EUR 7,62 Taschenbuch - 343 Seiten (1983) Rowohlt TB-V., Rnb.; ISBN: 3499151499 |
https://images.amazon.com/images/P/3499151499.03.MZZZZZZZ.gif |
das damalige Klima gut getroffen hat (und deswegen wohl auch so beliebt war). Hier einige Auszüge:
Eigentlich ist ja jetzt der Zeitpunkt gekommen, wo auch dem jungen Mann mal einfallen könnte, daß es so was wie Empfängnisverhütung gibt und daß eine Frage nach Verhütungsmitteln hier eigentlich am richtigen Ort wäre. Oder gehört der etwa zu den Typen, die selbstverständlich davon ausgehen, daß ich meinen Körper mit Hormonen vollpumpe oder mir eine Spirale in die Gebärmutter einsetzen lasse, um allzeit bereit zu sein ... damit mann sich keine Gedanken um so was zu machen braucht...
(S. 29)
Wie packe ich denn nun die Verhütungsmittel-Auseinandersetzung an? Da waren doch vor kurzem zwei gute Artikel im Arbeiterkampf. Einer über die Sterilisation und der andere von einem Genossen, der schreibt, daß er auch vor kurzem mit einer Genossin geschlafen hat, ohne sich um irgendwas zu kümmern. Und daß frau jeden Typen aus dem Bett schmeißen soll, der nicht von sich aus danach fragt. Und in dem anderen Artikel stand drin, daß das mindeste, was ein linker, "frauenfreundlicher" Mann zu bringen har, die Frage ist: "Ich hab einen Präser dabei. Brauchen wir den?" (Und dann natürlich hoffentlich auch wirklich einen dabei zu haben!) Und daß viele Männer die Sterilisation für sich überhaupt nicht in Betracht ziehen, obwohl sie keine Kinder haben wollen.
Vielleicht fotokopiere ich ihm lieber die Artikel. Dann brauch ich die Diskussion nicht so freischwebend anzufangen. Das fällt mir bestimmt leichter.
(S. 33)
Ja, und was machen wir denn nun? Ich sage ihm, daß ich ein Pessar habe. Erkläre ihm die Wirkung des Pessars. Daß die Versagerquote in skandinavischen Ländern viel geringer ist als in der Bundesrepublik, weil dort die Aufklärung über die Anwendung besser ist. Daß ich mit Uschi zusammen im Prospekt für das Pessar festgestellt habe, daß die Pharmaindustrie selber die Anwendung so falsch beschreibt, daß frau das Pessar falsch einsetzen muß, ginge sie nach dem Prospekt vor. Daß es ein relativ unschädliches Verhütungsmittel ist, weil es nicht längerfristig in den Körper eingreift wie Pille oder Spirale und nur mit ganz wenig spermicider Creme benutzt zu werden braucht, die obendrein nicht so ätzend ist wie patentex brutal, wo ich mir mal die ganze Scheidenflora mit kaputtgemacht habe. Und frau kann das Ding eben jahrelang benutzen. Ein relativ billiges Verhütungsmittel also obendrein. So daß die Pharmaindustrie kein Interesse daran hat, das Ding groß abzusetzen. Und deshalb die Versagerquote absichtlich hoch angegeben wird. Damit die Frauen wieder die Pille fressen.
Es erfüllt natürlich auch nicht die Anforderung, die an jedes "moderne" Verhütungsmittel gestellt wird: nämlich daß mann nichts sieht, hört und merkt.
(S. 39 f)
Als ich mein Pessar auspacke, frage ich ihn: "Hast du das schon mal gesehen?" "Nein" Ich streiche die Creme auf das Pessar. Arne liegt neben mir. Guckt zu... Er kann überhaupt nichts mit mir anfangen in diesem Moment. Liegt da und wartet... bis ich ihn wieder umarme. männer sind so unbeholfen manchmal...
Er hätte mich doch weiterstreicheln können. Wir hätten doch zusammen unser Pessar einsetzen können... Zu fremd für ihn. Ich bin in diesem Moment "die Frau, das unbekannte Wesen" für ihn.
(S. 48 f)
Die Leserrezensionen bei Amazon schwanken zwischen 1 und 5 Sternchen:
Überraschend viele Frauen haben ähnlich gedacht. HEIDE SOLTAU etwa, die damals wie heute auch recht vernünftige Beiträge verfaßt (z.B. das WDR-"Zeitzeichen" über das Deutsche Hygiene-Museum am 16.5.2000, das aber nicht online ist, weil der WDR eine schreckliche Anstalt ist, auch wenn KARL DIETZ etwas anderes behauptet). Im pro familia magazin 4/87 schrieb sie unter dem Titel
"Wie Mann dem Pariser umgeht":
... Eine unbequeme Sache, nachdem er sich jahrelang um nichts kümmern mußte und Frauen ihm das Problem der Empfängnisverhütung abgenommen haben. Denn von Pille, Spirale und Diaphragma, den Mitteln, die den ungetrübten Genuß des Sexuellen erst möglich machten, haben Männer ohne Frage mehr porfitiert als Frauen. Nicht nur Prostituierte waren damit wohlfeil zu haben, sondern auch Ehefrauen und Freundinnen. [Sie sollte mal geschiedene Männer fragen. PETER MAFFAY zahlt für jedes Ehejahr 1 Mio. Selbst ein teurer Begleitservice wäre billiger gewesen.]
Frauen trugen die Folgen und das gesundheitliche Risiko. Mußte Er früher noch mit der Angst vor bösen Überraschungen leben, so hatte Er sich auch dieser lästigen Gefühle bald entwöhnt...
Mit "Safer Sex" dreht sich der Spieß um. Nicht die Frauen tragen mehr die Verantwortung für die Folgen der Sexualität, sondern in erster Linie die Männer. Mit dem Präservativ ist also ein Verlust an Privilegien verbunden: das ist das ganze Dilemma...
Um ihre Privilegien fürchten tendenziell alle Männer, schließlich geht es allen an die Substanz: Die Vorstellung, der Phallus könne in Zukunft nicht mehr frei zirkulieren, sondern nur noch verpackt in Aktion treten. Anders jedenfalls läßt sich die Abwehr des männlichen Geschlechts gegen Kondome nicht interpretieren... [Mehr Phantasie! Mehr Nachdenken! Könnte es nicht am Lustverlust beim Überstreifen liegen oder an Latexallergie? Es soll sogar Frauen geben, die Kondome nicht so begeistert begrüßen wie Frau SOLTAU]
Kaum sind wir in den Genuß der sexuellen Liberalisierung gekommen, kaum haben wir die Sexualität von Tabus befreit, müssen wir sie wieder zähmen. Bei aller Kritik: Pille und Spirale waren nicht nur für Männer bequem. Sie ermöglichten auch Frauen eine angstfreie Sexualität. Nur Radikale und Gegnerinnen des genitalen Geschlechtsverkehrs werden das bestreiten und von der derzeitigen Diskussion unberührt bleiben... Für Anhängerinnen einer gemäßigten heterosexuellen Promiskuität brechen neue Zeiten an. Hat SIE Lust auf IHN und weigert er sich, ein Präservativ überzuziehen, ist sie dumm dran. Die sexuell aktive Frau wird abhängig vom Wohlwollen der Männer - solange nicht alle auf Schutz drängen. Das macht Angst. [Damit sagt sie selbst, daß Frauen vor AIDS - also in diesem Zusammenhang zur Zeit der Pille - unabhängig waren.]
Vom Ende der sexuellen Befreiung [hat es die überhaupt gegeben?] aber kann keine Rede sein, wohl aber vom Ende der ungehinderten Triebentfaltung. Der Traum von der grenzenlosen Freiheit der Sexualität ist ausgeträumt. Wir müssen mit den neuen Grenzen nur erst umgehen lernen und unseren Begriff von Emanzipation überdenken. Nach dem 'Zeitalter des Bauches', nachdem der Kopf abgedankt hatte, wird es nicht leicht sein, die Vernunft in das Spiel der Lüste einzubauen. [Vor allem, wenn sie so wenig davon hat.]
Was AIDS mit uns machen wird, darüber können wir heute nur spekulieren. Eins allerdings ist sicher, die Geschlechterverhältnisse geraten derzeit ganz schön durcheinander. Mit großen und radikalen Parolen ist niemandem geholfen, sie verstellen nur den Blick auf die Realität.
(S. 14 f)
SVENDE MERIAN war also keine Ausnahme. Die Unvernunft hatte weite Kreise befallen und ist bis heute noch nicht besiegt. Ich habe es damals wahrscheinlich erfolglos mit einem Leserbrief versucht, der immerhin abgedruckt wurde:
HEIDE SOLTAU unterliegt m.E. einer verzerrten Wahrnehmung der Wirklichkeit, wenn sie schreibt, von Pille, Spirale und Diaphragma hätten Männer ohne Frage mehr profitiert als Frauen. In Wirklichkeit ist es doch so, wie sie drei Spalten weiter zugibt: "Bei aller Kritik: Pille und Spirale waren nicht nur für Männer bequem. Sie ermöglichten auch Frauen eine angstfreie Sexualität."
Ich behaupte, daß Verhütungsmittel vor allem Frauen eine angstfreie Sexualität ermöglichten, denn die von H. SOLTAU als "Problem" bezeichnete Verhütung ist in Wirklichkeit ein Privileg, ein Machtinstrument. Ist sich ein Paar nicht über künftige Kinder einig, kann sich die Frau durchaus von ihm schwängern lassen, indem sie ihm vortäuscht, die Pille zu nehmen. Daß aber der Mann die verhütende Frau gegen ihren Willen schwängert, ist undenkbar...
Schlimmes Beispiel eines zur bloßen Attitüde verkommenen Feminismus, dem es nicht mehr um das Erkennen der Wirklichkeit und begründete Reformen, sondern um wehleidiges Lamentieren über z.T. nur eingebildete Benachteiligungen von Frauen geht, ist der Satz: "Nicht nur Prostituierte waren damit ... wohlfeil zu haben, sondern auch Ehefrauen und Freundinnen... Daß Frauen "zu haben" sind ... hatte ich bisher nur für eine frauenverachtende Unterstellung männlicher Chauvis gehalten.
Noch eine Denk-Anregung für zickige Emanzen: Wenn der böse Mann die Pilleneinnahme der Frau braucht, um selbst bequem rumbumsen zu können, wieso wird dann andererseits das jahrzehntelange Verbot der Pille in Japan mit der Dominanz des Mannes erklärt? Weil ein Mann den Artikel geschrieben hat?
Tokio Die Pille hat nicht nur in Japan Gegner, aber nirgendwo auf der Welt fallen den Herren der staatlichen Aufsicht fadenscheinigere Gründe ein, um ihre Genehmigung aufzuschieben. Vor einem Jahr war die Zulassung der Antibabypille am Umweltschutz gescheitert: Frauen, die sie einnehmen, würden so viele Hormone ausscheiden, daß sie eine Gefahr für das Grundwasser seien, lautete im März 1998 das Argument.
Seit 1965 wird geprüft. Das Pharmazeutische Exekutiv-Komitee im Tokioter Gesundheitsministerium verschiebt eine Entscheidung immer wieder auf den März des kommenden Jahres. Normalerweise werden ausländische Präparate nach einer zweijährigen Prüfungszeit zugelassen. Beim Potenzmittel Viagra ging alles schneller: Nach nur sechs Monaten, seit Anfang 1999, können Japans Männer das Original beim Apotheker kaufen. Zuvor blühte das Geschäft auf dem Schwarzmarkt. Offiziell lautet das Argument für die schnelle Zulassung von Viagra, dies sei ein Mittel gegen eine Krankheit. Eile war geboten. Die Antibabypille jedoch ist für gesunde Frauen.
RURIKO TSUSHIMA, Gynäkologin am Bokuto-Krankenhaus in Tokio, sieht das anders: Japan ist eine vom Mann dominierte Gesellschaft Viagra ist für Männer, die Pille für Frauen."
... Nach Angaben des Gesundheitsministeriums werden jedes Jahr 337 000 Schwangerschaften künstlich abgebrochen. Eine Frauenärztin in einem der großen Krankenhäuser schätzt die Zahl der Abtreibungen fast doppelt so hoch: Ein Schwangerschaftsabbruch sei hierzulande Teil einer ganz normalen Familienplanung. Bürokratisch ist der Eingriff bis zur 22. Woche unkompliziert. Kaum ein Land hat eine so lange Fristenregelung.
... Japans Frauengruppen wollen die Wahl, eine bessere Aufklärung über die Nachteile von Abtreibungen und über die Risiken von Kondomen. Vor allem wollen sie die Pille. Eine engagierte Gynäkologin wie TSUSHIMA räumt jedoch auch ein, daß die Mehrheit der japanischen Frauen traditionell passiv" ist. Verhütung ist Männersache, Frauen haben still die Konsequenzen zu tragen." Japan müsse dem Druck der UN-Bevölkerungskonferenz langsam nachgeben, meint sie.
© DIE WELT, 16.2.1999
Nachtrag 27.2.2006: Meine Theorie, daß die Behauptung, Männer machten Frauen Kinder, angesichts der Verhütungsmachtverhältnisse an der Wirklichkeit vorbeigeht, sehe ich durch zwei Beobachtungen bestätigt.
Über Vasektomie berichtet die gleichnamige TLD, aber nicht über ihre Geschichte.
Das ist schade, denn eigentlich ist sie der Anlaß für diesen Surftipp. Vor 14 Jahren, am 23.5.1986 ließ ich mich sterilisieren. Das war vielleicht meine beste Entscheidung bisher. Ich wußte schon seit Jahren, daß ich mich nicht vermehren wollte und war kurz vorher (ein paar Wochen vor Tschernobyl) zum letztenmal verliebt. Die Frau machte einen vernünftigen Eindruck (gemessen an SVENDE MERIANs Hauptfigur) und befürwortete aus eigenem Interesse die sichere Verhütung mit der Pille. Aber sie schockierte mich, als sie erklärte, sie könne sich vorstellen, später ihr Kind / ihre Kinder taufen zu lassen. Dabei war sie genau so gottlos wie ich. Mir wurde klar, daß ich mich generell besser auf mich verlasse. Ich ließ mir von Pro Familia drei Urologen nennen und vereinbarte schließlich einen Termin mit Dr. DANNENBERG, dem ich an dieser Stelle danken möchte. Der Eingriff hat nicht mal eine Narbe hinterlassen, was der Chirurg, der mir 1995 eine Zyste aus der linken Schulter entfernte, nicht geschafft hat. Dessen Name habe ich verdrängt. Die Operation, die übrigens Farbe, Geschmack und Volumen des Ejakulats kaum verändert, läßt sich nur in Ausnahmefällen rückgängig machen. Deshalb sollte man sie nicht leichtfertig vornehmen lassen, was bei mir schon deshalb gewährleistet ist, weil ich Angst vor medizinischen Eingriffen habe, die über das Fiebermessen hinausgehen.
Nachtrag 28.8.2000: Wie CNN berichtet, hat die britische Organisation Marie Stopes International mit dem Angebot an Franzosen, sich in Großbritannien sterilisieren zu lassen, diesen die Möglichkeit eröffnet, ein 200 Jahre altes französisches Gesetz zu umgehen.
UK vasectomy service a snip for French men
The service is targeting Frenchmen with the offer of a vasectomy for $300 at one of its clinics in London or Ashford -- both stops on the Eurostar rail line from Paris -- and the suggestion the operation be incorporated into a day trip to Britain.
In Britain, which has the world's highest vasectomy rate, 16 percent of men of reproductive age have had the operation.
Nach feministischer Theorie bin ich seit 14 Jahren sexuell verfügbar. Noch warte ich auf Verfügungen. Und ich verlange nicht, daß Frauen die Verhütungsverantwortung mittragen.
Hintergrundmusik:Sexual_Healing.mid">