WWW-Tipp der Woche 49/1999
Liebe Netzgemeinde,
ganz aktuell solltet ihr euch die Homepage des Amerikanischen Jüdischen Kommitees ansehen.
The American Jewish Committee releases a list of 254 German companies that used forced labor and slave labor during the Nazi era. Prepared by AJCs Berlin Office, the list is the most extensive that has ever been published of companies still in existence that once used such labor. Many of the companies have never before been publicly named.
Aus meinem Wohnort Aachen sind dabei: Vegla Vereinigte Glaswerke GmbH und das Bauunternehmen Derichs & Konertz
Der Bundesverband Informations- und Beratungsstelle für NS-Verfolgte erinnert in einer Pressemitteilung zum Urteil NS-Zwangsarbeit des LG Bonn am 05.11.1997:
Im Gegensatz zu den Klaegerinnen hat die Bundesregierung die Firma Weichsel Metall Union fuer die die Bonner KlaegerInnen schuften mussten, fuer den Verlust ihrer Auschwitzer Firma laengst 2,5 Millionen DM Entschaedigung gezahlt. Wer solche Summen fuer die Profiteure der Sklavenarbeit bezahlen kann, muss auch die ZwangsarbeiterInnen entschaedigen.
Aus Zeitungen und Zeitschriften kann man in diesem Zusammenhang einiges erfahren. Ich habe zu diesem Zweck mal bei der TAZ recherchiert:
- "Jede Firma hatte mit Zwangsarbeitern zu tun"
Parallel zu den Verhandlungen um die Entschädigung von Zwangsarbeitern veröffentlicht das Heimatmuseum Lichtenberg erste Forschungsergebnisse über die Betriebe im Bezirk
10.12.1999 taz Berlin lokal 73 Zeilen Philipp Gessler TAZ-Bericht
- Letzte Mahnung
NS-Zwangsarbeiter: Fast 55 Jahre nach Kriegsende weigern sich noch immer viele Unternehmen zu entschädigen. Seit über einem Jahr pokern Bundesregierung und Industrie mit den Opfern. Die Verhandlungen stocken. Acht Milliarden Mark, sagte Schröder gestern, sind das letzte Angebot. Diese Firmen wollen laut American Jewish Committee nicht entschädigen. Wollen sie warten, bis auch der letzte Zwangsarbeiter gestorben ist? Und glauben sie, dass wir das hinnehmen?
8.12.1999 taz 1396 Zeilen Dokumentation
- In der Sache Wroblewsky gegen Nacke
Sie sollte froh und zufrieden sein, dass sie, die Polin, in Kriegszeiten auf einem deutschen Gut schaffen durfte - zumindest, wenn es nach Graf Lambsdorff geht. Doch Janina Wroblewsky klagt auf Entschädigung für 36 Monate Zwangsarbeit - gegen ihren Nachbarn Aus Bad Salzuflen Jens Rübsam
26.11.1999 taz 397 Zeilen Jens Rübsam TAZ-Bericht
- "Deutschland verklagen"
Die New Yorker Anwältin Deborah Sturman vertritt ehemalige Zwangsarbeiter. Sie bedauert die Zahlungsunwilligkeit der deutschen Wirtschaft und droht mit einer Klage gegen die Bundesrepublik
18.11.1999 taz 113 Zeilen Astrid Prange Interview
- Die Firmen, die nicht entschädigen wollen
Trotz der Appelle lassen sich zu viele freiwillig zu nichts bewegen
18.11.1999 taz 78 Zeilen TAZ-Bericht
- Sklavenhalter wollen billig wegkommen
Industrie verweigert mehr Geld für NS-Zwangsarbeiter, obwohl der Bund seine Zahlungen auf drei Milliarden Mark erhöht. Porsche will gar nichts zahlen. Bauernverband: Fremdarbeiter waren "gut genährt"
16.11.1999 taz 96 Zeilen Lukas Wallraff TAZ-Bericht
- Die Firmengeschichte: Seit 150 Jahren ist Holzmann immer dabei
16.11.1999 taz 54 Zeilen bw TAZ-Bericht
- Rechtsanwalt Witti über die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern
9.10.1999 taz 79 Zeilen Barbara Dribbusch Interview
Angenehm finde ich bei den Berichten der TAZ, daß sie auf der Seite der Zwangsarbeiter steht. Beinahe hätte ich jetzt geschrieben, auf der Seite der Opfer, aber wenn man andere Texte liest, dann sind die armen Unternehmen die Opfer, die sich jede Mark vom Gewinn absparen müssen, der am Standort Deutschland sowieso zu niedrig ausfällt. Ähnliche Tendenzen gibt es auch in der Schweiz, wo sich mehr Menschen mit den Banken solidarisierten als mit dem Mitarbeiter, der Dokumente gerettet statt verbrannt hatte und inzwishen Asyl in den USA genießt.
Die Neue Zürcher Zeitung hat immer wieder über die Entschädigungsforderungen und die daraus folgenden Aktivitäten unter der Überschrift "Schatten des Zweiten Weltkriegs" berichtet.
Wenn ihr bei die Suchmaschine mit "Historiker" füttert, bekommt ihr (Stand 12.12.1999) 405 Treffer, bei "Schatten Weltkrieg" sogar 844 Treffer. Das müßte reichen, um eure Provider reich zu machen. Ich nenne hier nur zwei Artikel als Beispiel:
- Immer auf der Jagd nach Sensationen
Die umstrittenen Praktiken des Sammelklagen-Anwalts Edward Fagan
(Dossier «Schatten des Zweiten Weltkriegs», NZZ Online)
- Der Historiker als Weltenrichter
Fragwürdige Aspekte des gegenwärtigen Booms an historischen Aufarbeitungen Von Jörg Fisch*
(das ist nur vorübergehend zu lesen, da im 30-Tage-Archiv)
"Das Ergebnis scheint für die Historiker als Berufsgruppe erfreulich, ja geradezu schmeichelhaft. Sie haben innerhalb des skizzierten Dreistufenmodells in solchem Umfang Ansehen, Autorität und Macht gewonnen, wie es in einem System, in dem historische Urteile nur nach den Kriterien der Geschichtswissenschaft geprüft würden, nie der Fall wäre. Die von ihnen abgesegneten Wahrheiten werden zu Grundlagen von Gesetzen oder richterlichen Erlassen, und sie setzen Politiker unter Zugzwang. Doch es ist eine gefährliche Macht."
Zum Abschluß zu diesem Thema noch eine Filmbesprechung
Film sheds light on little-known Dresden labor camp
Darin geht es um einen wiederentdeckten Nazi-Propagandafim, der den Alltag im Lager Hellerberg bei Dresden dokumentiert. Zwischen November 1942 und März 1943 gingen 300 jüdische Zwangsarbeiter durch das der Munitionsproduktion dienende Lager, bevor sie nach Auschwitz deportiert wurden. 10 überlebten den Krieg.
Der Bericht endet:
Teschner and Silverman hope to complete work on their 45-minute film by November, in time to be aired on German television around the anniversary of Kristallnacht. November will also mark the 55th anniversary of the arrival of Dresden's Jews at Hellerberg. To commemorate the occasion, the pair plan to put together a memorial service in Dresden where they can show part of their film and read a list of names. In the larger context of the Holocaust, the story of Hellerberg is "just a window," Silverman said. "But for Dresden, it's a big thing."
(Hervorhebung von mir)
Es ist mir schon öfter aufgefallen, daß in ganz unverdächtigen Texten, etwa aus den USA oder aus der Emigrantenpresse ganz selbstverständlich von "Kristallnacht" die Rede ist, was politisch korrekte Gutmenschen in Deutschland ohne jeden Sinn vermeiden, wahrscheinlich weil Heinz Galinski, als er schon nicht mehr raffte, worum es ging, in Umlauf brachte, damit würden die Ereignisse verharmlost. So ein Unfug.
Noch ein Nachtrag zu den im vorigen Tipp erwähnten Regierungsdokumenten aus den USA. Bei APBNews gibt es massenhaft Regierungsdokumente (G-Files). Hier ein paar Beispiele:
- Tammy Wynette (Hat sie sich selbst entführt?)
- John Denver
Famous to the public for his squeaky-clean boy-next-door persona, folk singer John Denver is portrayed in his FBI file as a possible "narcotics user" with possible ties to the Mafia, according to recently released bureau documents.
- Marlene Dietrich
During the war, she threw her full support behind the Allies. However, the FBI received tips that she was a German collaborator, prompting FBI Director J. Edgar Hoover to launch an investigation. After he received a tip that Dietrich was part of an anti-U.S. movement because of her German ties, Hoover called for "an immediate and discrete investigation" into Dietrich. As these pages demonstrate, this included postal and wire interceptions, which, among other findings, showed that she once owned a safe deposit box and revealed gossip about her relationships with "known lesbian(s)." The lengthy investigation turned up "no information she was engaged in espionage activities," and it was abandoned.
- Alger Hiss (Spionage, sehr interessant)
- Julius und Ethel Rosenberg (Spionage)
- Adolf Hitler (hat er den Krieg überlebt?)
- Walt Disney
Several heavily redacted files show the FBI was monitoring prospective Disney employees with the studio's consent.
The bureau writes that during the filming of Song of the South, the Disney Studios apparently experienced "considerable difficulty with Negroes." A consultant on the film, veteran stage and screen actor Clarence Muse, wrote in a black newspaper that "he desired that the Negro characters be depicted as dignified characters, whereas studio officials insisted on portraying the Negro in an inferior capacity."
- Sammy Davis Jr.
The FBI was interested in Davis' involvement in the civil rights movement and his interracial marriage.
- Errol Flynn
Das FBI untersuchte Vergewaltigung zweier 15jähriger, Frauenhandel und Sympathie für den Kommunismus.
- John Steinbeck
At one point, obviously fed up with the FBI, Steinbeck penned a letter to then-Attorney General Francis Biddle complaining about Director J. Edgar Hoover's agents. "Do you suppose you could ask Edgar's boys to stop stepping on my heels?" he wrote. "It's getting tiresome." Read here how the FBI responds to the attorney general's request for Steinbeck's file. Ten years later, upon separate State Department and CIA requests, the FBI forwards page after page of internal information on Steinbeck -- but denies investigating him.
- Ernest Hemingway
These files show a Hemingway the FBI knew and grew to hate. After he persuaded them to take him on as an operative in Cuba for a few months in 1942 and 1943, they grew suspicious of his efforts. Though originally the writer was drafted into service as a contact to report on Spanish Fascists in Havana, he expanded his operations to patrolling Cuban waters in his boat "The Pilar" looking for German submarines. The relationship between "Papa" and the bureau went south after Hemingway taunted them, calling them the American Gestapo. At one point in a fit of bureaucratic pique, one special agent remarked, "I see no reason that we should make any effort to avoid exposing him for the phony that he is." And all the while, FBI Director J. Edgar Hoover's men were paying close attention to any ties that Hemingway had with communists.
- John Lennon (Extremismus)
- Marilyn Monroe (Sexparties)
- Elvis Presley
(wurde nicht beobachtet, aber Dokumente gesammelt: Elvis' hairstyle makes him "not the type of individual the FBI director would wish to meet.")
- Wyatt Earp (Pferdediebstahl)
- Spiro Agnew (Korruption)
- James Stewart (galt dem FBI als Vorbild)
- Frank Sinatra
- John Wayne (Panama)
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Schnitzler