WWW-Tipp der Woche 31/1999

Hallo,

heute stelle ich schweren Herzens ein niederländisches Angebot vor. Das hat mir so gut gefallen, daß ich fürchte, in den kommenden Wochen nur dahinter
zurück fallen zu können:

Amsterdamer Monumente

Diese Online-Ausstellung ist so umfangreich, daß mein vorher leeres Cache-Verzeichnis mit 100 MB Speicher zwischendurch teilweise wieder geleert wurde. Dabei verzichtet man auf Firlefanz wie CGI und Listboxen. Ich habe mir die niederländische Version angesehen, da ich seit mehr als 3 Jahrzehnten niederländische Sender höre und sehe und fast alles verstehen konnte. Es gibt auch eine englische Fassung, ich weiß aber nicht, ob die genauso ausführlich ist.

Man hat über mehrere Varianten Zugang zur Beschreibung einzelner Bauwerke:

Kategorien:

Baustile:

Diverse:

Zu jedem Stichwort werden zahlreiche Gebäude aufgelistet, zu denen man mindestens ein aktuelle Foto der Außenansicht zeigt, meist auch eine architektonische Zeichnung z.B. aus einem alten "Grachtenboek" und unterschiedlich viele Detailabbildungen, etwa Giebel, Türen, Treppen. Manchmal wird auf einer Extra-Seite auch die Inneneinrichtung ausführlich gewürdigt.

Sucht man nach Kategorien, erlauben die Seiten, topografisch, alphabetisch oder chronologisch weiter zu blättern.

Besonders gut gefallen hat mir die Seite über den Bau eines Wohnhauses
(mit Folgeseiten).

Die animierte Grafik zeigt verschiedene Phasen des Hausbaus,
die man auf den Seiten zu einzelnen Schritten genauer erklärt bekommt.


http://www.amsterdam.nl/bmz/adam/pics/grond/bouwfilm.gif

Die Kacheln zeigen zum 50jährigen Bestehen der Vereinigung "Baugesellschaft zum Bekommen eigener Wohnungen" die wichtigsten Bauten dieser Gesellschaft. Ich habe das Foto im Amsterdamer Historischen Museum aufgenommen. (Vgl. Surftipp 2/2000)


Ich habe auch in der Realwelt heute und vorigen Samstag einige Ausstellungen besucht, die sogar im Internet vertreten sind, allerdings eher knapp

1. Korea, die alten Königreiche

In der Villa Hügel in Essen werden ca. 200 Objekte gezeigt. Es kommt natürlich darauf an, wie man zählt. 99 Miniatur-Pagoden sind dabei 1 Objekt. Die Exponate waren bestimmt die bedeutendsten, die man bekommen konnte. Zuerst sollte man sich eine Dokumentation ansehen, die im Eingangsbereich gezeigt wird. Die Präsentation hat mir überwiegend sehr gut gefallen. Es gab genügend Platz für Exponate und BesucherInnen. Als Unterlage wurde in der Regel farblich passender Samt benutzt. Lediglich bei einem besonders hohen Teil, einer fünfstöckigen Bronze-Pagode, erwies sich die Beleuchtung von oben als nicht ausreichend, weil die großen Dächer Schatten auf die Wände warfen. Da wären Leuchtkörper wie im Schifffahrtsmuseum Duisburg angebracht gewesen.

Weitere Informationen:

Meine Ausgaben:

2. "At the end of the century.
Hundert Jahre gebaute Vision.
Positionen in der Architektur des 20. Jahrhunderts".

Die Ausstellung in der Joseph-Haubrichs-Kunsthalle in Köln ist von Ford gesponsort und es gab spezielle Tonbandgeräte (?) mit Texten zur Ausstellung kostenlos (im Eintrittspreis enthalten).

Ich nehme mal an, daß die Ausstellung toll war, jedenfalls sehr umfangreich und beeindruckend, aber ganz zufrieden bin ich nicht.

1. Der Katalog gibt nicht alles wieder. Viele in der Ausstellung gezeigte Gebäude und Exponate sind nicht erwähnt (z.B. die Münchener Olympiabauten oder ein riesiges Modell von Brasilia, bei dem aber trotzdem die berühmten Halbkugeln nur wenige mm groß waren oder ein Modell von Frank Lloyd Wrights "Fallingwater, Bear Run, Pennsylvania 1936", bei dem wohl jeder Stein und jeder Ast einzeln gestaltet wurde und der Modellbauer drei Jahre brauchte) oder unzureichend beschrieben (z.B. Sutemi Horiguchi: Meteorologische Station, Insel Oshima, Shizuoka Japan, 1938).

2. Fotografieren war verboten.

3. Es gab einige anscheinend recht interessante Videos (meist Ausschnitte aus alten Propaganda-, Spiel- oder Dokumentarfilmen) zu sehen, aber meist nicht zu hören. Mit geringer Lautstärke hätten sich die verschiedenen Videos nicht gestört, aber die ZuschauerInnen hätten mehr davon gehabt. Vor den Fernsehgeräte fehlten Stühle.

Weitere Informationen:

http://www.museenkoeln.de/museenkoeln.de/kunsthalle/perm/museum.htm (Texte ausführlich genug, aber leider unbebildert!)

Meine Ausgaben:

3. Sonne, Mond und Sterne

Die Ausstellung in der ehemaligen Kokerei Zollverein in Essen ist vielfältig, die Mischung der Themen originell und der Eintrittspreis günstig. Behinderte sollten allerdings fernbleiben. Nicht nur das die Kokerei nicht für sie gemacht ist, auch die Ausstellung selbst verlangt manchmal akrobatische Übungen. Man kann auch kilometerweit draußen rumwandern.

Die Ausstellung versuchte einen besonderen Bezug der Region und des Bergbaus zu Sonne, Mond und Sternen zu beweisen oder zu konstruieren. Z.B. ist das Morgenrot und die Sonne ein häufiges Symbol der Arbeiterbewegung ("Dem Morgenrot entgegen", "Brüder, zur Sonne zur Freiheit", Internationale ("erst wenn wir sie vertrieben haben, scheint die Sonn' ohn' Unterlaß), DDR-Hymne (... "daß die Sonne schön wie nie über Deutschland scheint") - ein klares Argument gegen den Sozialismus, da ich schon unter den wenigen Wochen Hitzewelle entsetzlich leide. Andere Allegorien bedienten sich der Gestirne. In diesem Teil der Ausstellung hat mir besonders ein alter Werbefilm "Benzolreigen" gefallen, der die Benzolformel und die Doppelbindung in Form eines Ballets demonstrierte. An anderer Stelle kam die Ausstellung von der Astronomie zum Sonnenhunger (Freikörperkultur und Solarien). Eine andere Ebene widmete sich dem Nahrungserwerb von Pflanze und Tier und der Entstehung der Kohle. Schließlich zeigte man noch Statistiken und Exponate zur Energie in aktuellen Jahrhundert, z.B. Glasfenster aus Unternehmen, Werbung für BV ARAL, den Ford-Entwurf eines Atomautos usw.

Besonders originell fand ich das Logo einer Firma "Fischer's Massentöter", gegründet 1897, die als ihren Geschäftsbereich "Drogenhandel" angab. Das habe ich auch fotografiert (ohne Stativ und Blitz erlaubt). Es war aber nur ein Insektenvernichtungsmittel. Insgesamt war die Ausstellung für mich ein großes Seherlebnis, aber gedanklich schwer nachvollziehbar, weil ich die Zusammenhänge meist konstruiert finde.

Weitere Informationen:

http://www.sonne-mond-und-sterne.de/start.htm
Bei der URL ohne Bindestriche findet man das Angebot für ein persönliches Horoskop. Davon halte ich nichts.

Besprechung durch Holger Flick für VL-Museen

Meine Ausgaben:

Nächste Woche gebe ich eine Empfehlung zur Sozial-, Frauen-, Medizin- und Technikgeschichte.

Mit freundlichen Grüßen
Norbert Schnitzler

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