Diese Besprechung ist die Langfassung einer Leser-Rezension, die ich für Amazon schreiben wollte. Leider muß man sich dort auf 1000 Wörter beschränken, weshalb ich den vollständigen Text nur hier veröffentlichen kann. Ohne die Abweichungen im einzelnen kenntlich zu machen, weise ich darauf hin, daß man als Rezensent bei Amazon das Urheberrecht abtritt, also © www.amazon.de
Ich bin auf das Buch durch einen Beitrag im ARD-Magazin Kontraste über "Wessimobing in Frankfurt/Oder" aufmerksam geworden. Als Westdeutscher, der das Beitrittsgebiet vor allem durch Berichte kennt und wegen der berichteten Fremdenfeindlichkeit (die sich z.B. auch gegen westdeutsche Schulklassen richtet) wenig Neigung verspürt, sich dort niederzulassen, habe ich eigene Eindrücke nur bei Tagesausflügen von Westberlin oder der Transitstrecke aus sammeln können.
Das Buch hat eine Ärztegattin aus Westdeutschland geschrieben. "Ärztegattin" soll nicht ihre eigenen Leistungen herabsetzen -
"Ich habe ein therapeutisches Rückenzentrum und beschäftige mich mit Wirbelsäulenerkrankungen. Außerdem bin ich Atemtherapeutin." (S. 21)
aber ihr Leben drehte sich doch um ihren Mann. Eigene berufliche Interessen stellte sie ebenso regelmässig zurück wie die ihres Sohnes:
ich nahm keine neuen Patienten mehr an und verpackte unsere Habseligkeiten zum sechsten Mal in zehn Jahren in Umzugskartons. (S. 15)
"Er ist zum drittenmal innerhalb von drei Jahren in eine neue Schulklasse gekommen" (S. 99)
Hat der Mann überzeugende Argumente für die häufigen Wohnortswechsel? Diesmal eher nicht:
"Eine vergleichbar ausgestattete Klinik ist hier im Westen nicht zu bekommen, Luise", [nutzt ihm privat nichts] redeten er und sein Freund Bernd mir zu... Die Sache mit dem niedrigeren Gehalt [wußte er schon vorher] sei eben so. Als Chefarzt habe man aber doch schließlich Privatpatienten. [bisher - aber auch drüben? Er wird sich noch wundern.] (S. 7)
Aber sie macht anscheinend nicht mal den Versuch, sich gegen ihn durchzusetzen, obwohl sie in Frankfurt an der Oder noch keine PatientInnen hat und selbst die als Praxis gedachten Räume noch nicht dafür hergerichtet sind. Man weiß es schon vorher, nur die Hauptfigur nicht. Sie muß später einsehen:
"Nein, ich bekomme kein Arbeitslosengeld, weil ich vorher selbständig war." (S. 52)
Dazu paßt gut, daß sie die Renovierung der bisherigen Wohnung nicht ersetzt bekommen:
Die Vermieter hatten das Haus vermietet, ohne daß wir Abstand zurückbekamen, Deshalb waren sie kurz vor unserem Umzug überstürtzt verreist. Der Vermieter hatte sich auf den Standpunkt gestellt, daß wir eine Summe mit dem Nachmieter aushandeln könnten, nachdem der Mietvertrag unterschrieben war. Der sah dann selbstverständlich keinen Anlaß für Zahlungen an uns. So hatten wir ihm mit den dreißigtausend Mark, die die Renovierung gekostet hatte, ein großzügiges Geschenk machen dürfen. (S. 39)
Wer sich wie sie etwas in den Kopf gesetzt hat, läßt sich dadurch nicht aufhalten.
Auch typische Erlebnisse von Hauskäufern oder Bauherren bleiben ihnen nicht erspart: Fehlerhafte Arbeiten der Handwerker, marode Substanz, Zeitverzögerungen, schlechte Arbeitsmoral, Diebstahl von Baumaterialien. Soweit nichts Besonderes, auch wenn man nicht zwischen West und Ost wechselt. Ich wohne im Rheinland und weiß, wovon ich rede.
Schließlich muß sie erkennen:
"Mensch, du hast noch gar nicht richtig gelebt, da wirst du alt", S. 135
Das eigentliche Thema ist aber das Verhalten der Ossis, denen sie begegnet. Auch ohne fachwissenschaftliche Ausbildung hat sie eine ethnologische Studie aus teilnehmender Beobachtung geschrieben. Dafür gebührt ihr Dank.
Wir erfahren etwas über die Weinvorlieben der Bevölkerung des Beitrittsgebietes:
"Es gibt außer uns hier sicherlich auch noch andere Menschen, die lieber trockene Weine trinken." (S. 28) [gibt's nicht!]
Fritz schenkte Rotwein ein, und wir erhoben die Gläser auf unsere Gäste. Marga runzelte die Augenbrauen: "ßu sauer", schüttelte sie sich . Karl hatte sein Gesicht verzogen, als hätte er bittersten Zitronensaft geschluckt. (S. 81)
Wir erfahren etwas über die Unbefangenheit von Ossis, sich (halb-)nackt zu zeigen:
Schwungvoll riß die Frau die Tür auf und stand in einem selbstgehäkelten, schrill rosafarbenen gestreiften Pullover, der die vielen Fettpölsterchen perfekt zur Geltung brachte, und einer Unterhose vor uns. "Ach, entschuldjen Se, ick hab' mia jerade anjeßogn", strahlte die Frau und trat aus der Haustür, so daß man sie von der Straße aus besser sehen konnte... Oskar drehte sich immer wieder um. "Mami, die winkt uns noch nach!" flüsterte er aufgeregt. "Wer war das? Warum kam die in der Unterhose raus?" (S. 30)
Wir erfahren zwar nicht, daß in Frankfurt an der Oder die Sonne mehr als eine halbe Stunde früher aufgeht als hier bei mir in Aachen, aber welche Folgen das für die Schulen hat:
Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, daß irgendwo in Deutschland eine Schule schon um halb acht mit dem Unterricht beginnen könnte. (S. 31)
Die Reaktion auf E-Musik (beim Stimmen der Instrumente) wird eindrucksvoll beschrieben:
Einige Zuschauer applaudierten begeistert, als das A des Ersten Geigers erklang. (S. 46)
Sie kommt in ein Dienstleistungsnotstandsgebiet: Sie bekommt ein Frühstück mit kaltem Ei und ohne Kaffee, der Frisör will ihr keine Dauerwelle machen (S. 32ff). Die Serviceorientierung ostdeutscher Verkäuferinnen kann ich mir gut vorstellen, wenn ich lese:
"Ich möchte aber keinen Kirschjoghurt kaufen." "Aber zuerst müssen die von oben weg! Immer dieset Jekrame da!" S. 69
Aber besonders beeindruckend finde ich die Schilderung der bekannt unmöglichen Fahrweise der Ossis:
"Er hat sich darüber beklagt, daß du das Auto manchmal auf der Straße parkst. Dadurch würdest du den fließenden Verkehr behindert. Er sei es gewohnt, zügig durch unseren Ort zu fahren... Er hat gesagt, daß er vorgestern in der Dreißigerzone hinter dir herfahren mußte. Und weil ihm das zu langsam war,..." "Hat er mich überholt und ist vor dem Kreisel links abgebogen statt die Runde zu fahren..." (S. 66 f)
"Kalle, der unseren Stall umbauen sollte, hätte es beim Autofahren nicht ertragen können, als letzter in einer Kolonne zu fahren, erzählten sie uns. Beim Überholen seiner Kollegen sei er gegen einen Alleebaum gefahren. Die Baumaschine, die er auf der Rückbank transportiert hatte, war durch den Aufprall nach vorne geflogen und hatte ihm das Genick gebrochen.
Durch unseren kleinen Ort, der noch bei unserem Einzug so ruhig und idyllisch gelegen war, fuhren laut Verkehrszählung täglich bis zu viertausendfünfhundert Autos, manche schneller als hundert Stundenkilometer. Brandenburg lag inzwischen weit oben in der europäischen Unfallstatistik. (S. 69)
Ihr Mann bleibt zwar im Buch im Hintergrund, es wird aber deutlich, das er oft ihre Entscheidung mit seinen Bemerkungen bestimmt. Auch weiß er - für einen Gynäkologen erstaunlich - wie man Gänse schlachtet und ihnen die Federn abreißt, wie ein Haus renoviert werden muß, wie man mit einem nicht stubenreinen Hirtenhund umzugehen hat, welches Essen die Nachbarn erwarten und welche Schmerzen des Sohnes simuliert sind. Bloß schade, daß er sich dabei so oft irrt. Seine Frau lehnt sich nicht auf. Ihre Blindheit und Kritiklosigkeit, die sie beschreibt und die mir als Leser auffallen, scheinen ihr völlig entgangen zu sein. Ein paar Beispiele:
[Der Sohn ist vom Baum gestürzt und wehklagt] "Komm, hör auf, Oskar. Du hast in der letzten Zeit oft geheult und dann war nichts. Papi hat das ganz richtig gesehen. Jetzt kühlen wir den Arm. Wenn ich in ein paar Minuten nach dir sehe, dann lachst du bestimmt wieder."
Ich setzte mich zu den anderen, denen Fritz gerade erklärte, wie man mit Hypochondern umgehen müsse... Innerlich war ich unruhig, konnte es aber nicht zugeben... Zwei Stunden später präsentierte Oskar unseren Gästen stolz seinen Gips, während Fritz und ich ziemlich still in der Runde saßen. (S. 75 f)
Besonders gern erklärt Fritz, der Gynäkologe, den Einheimischen, welche Relikte der Vergangenheit sie sich abzugewöhnen haben:
"Als ich heute Visite machte, sagte eine Stationsschwester, sie hätten hier früher auf der Station ein gutes Kollektiv gehabt. Ein Kol-lekt-tiv! Da hab' ich sie nur angesehen und gesagt 'Wissen Sie, Schwester Erna, gegen Ihr altes Kollektiv ist nichts zu sagen. Wir sitzen heute zwar alle in einem Boot, aber jeder von uns ist eine eigenständige Person. Deshalb mag ich das Wort Kollektiv nicht. Ich möchte, daß hier jeder seine eigenen Ideen einbringt.' Das hat ihr die Sprache verschlagen."
So oft wie er seinen Arbeitsplatz gewechselt hat, sollte ihm eigentlich schon mal die Stellenanzeigen-übliche Formulierung "junges dynamisches Team" aufgefallen sein. Ist ein Team kein Kollektiv? Wie soll die Krankenschwester ihre eigenen Ideen einbringen, wenn ihre Idee, "Kollektiv" zu sagen, so niedergemacht wird?
Seine Kritik an Äußerlichkeiten mißfällt mir. Die automatische Solidarisierung der Ossis, als er sich überreagierend gegen noch vorrätige, klinikinterne Formulare auflehnt, auf denen "Bibliotheken der DDR" steht, führt zur Überreaktion auch der Angegriffenen:
Fritz forderte ein Gespräch mit der Klinikleitung und dem Kollegen Gyrus, um die Angelegenheit zu klären. Als er zu dem Termin erschien, saß nicht Herr Gyrus, sondern sein Chef im Raum. Fritz habe siebzehn Millionen ehemaliger DDR-Bürger beleidigt, warf er ihm vor, und verlas einen langen Brief der Bibliothekarin. (S. 165)
Die Autorin hat so wenig Ahnung vom Osten, daß sie sich sogar über Straßennamen mokiert:
Die Einkaufsstraße hieß Karl-Marx-Straße (S. 7)
obwohl sogar die Einkaufsstraße in Westberlin-Neukölln so heißt. In Aachen gibt es sogar eine Karl-Marx-Allee (die aber nie Stalin-Allee hieß)
Sie begegnet der Urbevölkerung zunächst mit Bewunderung, Scheu und Schuldgefühlen:
... die Bilder aus den Botschaften und der Fall der Mauer hatten Bewunderung für die Menschen dieser DDR in mir hervorgerufen, die so lange ausgehalten und Demütigungen erfahren hatten... So leuchtete mein Gesicht schamentbrannt, weil ich mich scheute, das Grundstück oder das Haus kritisch zu kommentieren. S. 10
Später scheint sie sich über die Scheu der anderen zu wundern, ohne sich an ihre eigene zu erinnern:
Leise begannen Gespräche, meist zu zweit und so, daß sich niemand sonst hätte beteiligen können... (S. 112)
Der Kellner wollte die Bestellung aufnehmen. Ratlosigkeit in den Gesichtern, niemand reagierte. (S. 114)
Was könnte sie da mehr erfreuen, als die Personen (meist Frauen), die ein offenes Wort wagen. Doch wenn sie von solchen Vorfällen berichtet, klingt es auch ablehnend:
Als ich erzählte, daß uns die Nachbarn einmal Petersilie geschenkt hätten, was ich für schier unfaßbar und großartig hielt, unterbrach mich Frau Scheffler mit scharfer Stimme: "Mir mußte hier noch niemand Petersilie schenken."...
Diese Episode wurde auch in Kontraste berichtet. Nicht aber, was kurz danach passierte:
"Ja, dann heben wir vielleicht gemeinsam das Glas auf unsere erfolgreichen Partner und auf Frau Schmitz", schlug ich vor.
"Glauben Sie, daß die da drüben auf uns trinken" Nee, auf die trinke ich keinen Schluck!" antwortete Frau Scheffler mit lauter Stimme über den Tisch. Sieben Anwesende hoben trotzdem mutig ihre Gläser.
Diese Frau Scheffler verhält sich doch so, wie der Mann der Autorin gefordert hat (s.o.) Sie bringt eigene Ideen ein, paßt sich nicht dem "Kollektiv" an. Nun ist das plötzlich falsch.
Auch das m.E. berechtigte Bedürfnis, sich nicht gegen Kollegen ausspielen zu lassen, begrüßt die Autorin anscheinend nicht:
sie schimpfte gerade über die Leitung ihrer Arbeitsstätte, die jeden einzelnen der Belegschaft zu strengster Geheimhaltung seines neuen Gehalts ermahnt hatte. Das hätte es vor der Wende nicht gegeben, daß sie nicht gewußt hätte, wieviel ihre Kolleginnen verdienen. Da wäre alles so einheitlich und übersichtlich gewesen! (S. 71)
Essen und Trinken nehmen einen erstaunlich großen Anteil in den Beschreibungen der Autorin ein, gefolgt von der Kleidung. Ich bin nicht so kultiviert und staune über solche Gewichtung:
Kulinarische Leckereien gönnten wir uns gerne. So entging es meiner Zunge nicht, daß ich hier keinen Bordeaux trank. (S. 14)
Ein Käse-mit-Rotwein-Abend wäre wegen der Enge in dieser Behausung genau richtig gewesen. S. 28
Ich wohne selbst beengt und müßte demnach jeden Abend mit Käse und Rotwein verbringen. Bisher habe ich das weder gemerkt noch gar vermißt. Immerhin kann ich Weißwein und Rotwein unterscheiden, weiß aber nicht, zu welcher Gruppe Bordeaux gehört.
Die Spekulationen der Autorin und ihres Gatten darüber, was ihre Nachbarn gerne essen würden, sind eine groteske Mischung von Realismus und Illusion:
"Was soll's denn geben?" fragte ich Fritz etwas ratlos. Er glaubte nämlich, daß Gustrows nicht gerade zu den Gourmets zählten. "Auf keinen Fall drei Gänge! Irgendetwas halt. Zünftig und gemütlich..."
Obwohl die Autorin weiß und einwendet:
"...Außerdem wissen sie, daß wir den Bock geschlachtet haben. Du hast ihnen selbst erzählt, daß Heidschnuckenfleisch so phantastisch schmeckt. Sie denken, daß wir eine Keule machen." "Ich hab's! Wir machen ein Raclette-Essen!" Fritz war davon nicht begeistert... (S. 80ff)
Es kommt wie es kommen muß: die Nachbarn sind keine Gourmets (Fritz hatte Recht), hätten sich auf eine Lammkeule gefreut (Luise hatte Recht), verstehen Raclette nicht (ging mir beim ersten mal vor 10 Jahren genau so) und mögen den Wein nicht (beide hatten sich geiirt).
Die eben noch so verächtlich beschriebenen Nachbarn wissen wohl, woran bei einem Ausflug mit Hunden zu denken ist:
Ich hatte natürlich nicht daran gedacht, Wasser für Sepp mitzunehmen. "Na, dit macht doch nischt, ick habe damit jerechnet, daß de sowat nich weest und habe jenuch Wassa für die Möpse und Dein' Sepp mitjenommen", erklärte Marga... S. 86
Für die Lebensbewältigung scheint mir das wichtiger zu sein, als Weinsorten schmecken zu können.
Das Selbstbewußtsein der Autorin wächst ENDLICH, sie erkennt es aber nicht, sondern deutet es als "Durchdrehen":
Gegen achtzehn Uhr schlenderte einer der Männer wie zufällig auf das Grundstück. "Ick hatte heute Besseres zu tun, als bei Ihnen Fliesen zu verlegen". "Gehen Sie!" schrie ich ihn an, "Wenn Sie bald ihre Firmenpleite anmelden, dann ist daran wieder der "Scheiß-Westen" schuld, nicht Sie, weil Sie unzuverlässig sind, oder?" Ich begann durchzudrehen. S. 154
Zwischendurch fällt sie immer wieder in die Naivität zurück, die sie schon den Umzug nicht verhindern ließ (s.o.):
Vierhundert Mark wollten die Veranstalter für die Dekoration investieren. Ich gab ein Mehrfaches dieser Summe aus und schmückte die beiden Säle, das Restaurant, die Buffets und alle Tische festlich. Schließlich, tröstete ich mich, sei es für mich eine gute Möglichkeit, meine Dekoration bekanntzumachen. Schon bei den nächsten Bällen könnte ich mich den üblichen Preisen nähern. Die crème de la crème unserer neuen Heimatstadt langte vor unseren Augen zu. S. 167
Es ist doch (für mich als Außenstehenden) offensichtlich, daß das rausgeworfenes Geld ist und sich diese "Werbung" gegen sie wenden kann, wenn sie nächstes mal wieder so viel für so wenig Bezahlung liefern soll. Nur sie merkt es nicht.
Ihr Selbstbewußtsein steigert sich schließlich so sehr, daß sie sich nicht mal mehr von ihrem Mann aufhalten läßt:
Wir gifteten uns vor allen Gästen an, während Fritz fassungslos danebenstand. "Luise, ich bitte dich!" flehte er. "Bitte hör' auf, dich für mich zu entschuldigen! In dieser Stadt wird nichts dazu beigetragen, daß sich Ost und West annähern, daß sich Menschen überhaupt füreinander interessieren. Ein Akzent - egal welcher - macht es möglich, daß Menschen als Pollacken beschimpft werden. Man redet von Ausländerfeindlichkeit und hat es mit massivem Fremdenhaß zu tun. Ich kann verstehen, daß die Mutter des englischen Studenten, der hier an seinem allerersten Tag zusammengeschlagen wurde, ihren Sohn zurückgeholt hat. Ich habe mich bisher in jedem Ausland willkommener gefühlt als hier in dieser Stadt." (S. 172)
Verhalten und Einstellung der Autorin sind widersprüchlich. Sie gewichtet nicht und unterscheidet nicht zwischen ernsten Defiziten in der politischen Kultur und harmlosen Neigungen und Vorlieben, die sie nicht kennt, sondern findet alles gleich schlimm.
Dadurch ist es mir nicht möglich, dem Buch mehr als 3 Sterne zu geben. Auch das Preis-Leistungsverhältnis scheint mir ungünstig.
Für das Buch spricht, daß die Autorin auch eigene Unzulänglichkeiten nicht verschweigt und die Munition zur Kritik an ihrem Rundumschlag selbst liefert. Auch ist anzuerkennen, daß sie durch die schwere Zeit im Beitrittsgebiet reift.